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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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müssten wir jetzt wohl aufgeben.
    24.7.1975
    Endlich im Basislager (etwa 5150 m)! Ich bezahle die Träger (30 Rupien Lohn und 10 Rupien Verpflegungsgeld pro Mann und Tag; ab Askole 10 Rupien Zuschlag, dazu Trinkgeld). Sie gehen alle talwärts. Sie haben die Strecke in zwölf und nicht wie üblich in 14 Tagen geschafft. Wir zahlen selbstverständlich für 14 Tage.
    25.7.1975
    Nun sind Peter, Khalid und ich allein, völlig auf uns selbst gestellt. Es lagern zwar noch Polen in der Nähe, die den Gasherbrum III zum Ziel haben, und Österreicher, die über den Normalweg auf den Gasherbrum I (1958 von Amerikanern erstmals bestiegen) wollen, aber ihre Routen verlaufen weitab von der unseren.
    26.7.1975
    Wir bleiben im Basecamp, packen unsere Rucksäcke für den ersten Erkundungsgang, der uns über die Eisbrüche ins Gasherbrumtal führen soll. Das Wetter ist gut, und ich kann mich orientieren: Wir lagern, umgeben von Eis und Schotter, am Rand des Abruzzigletschers, dort, wo der Gletscherbruch, der ins Gasherbrumtal hinaufzieht, beginnt. Am Ende der Welt. Unmittelbar über uns ragt der Gasherbrum I 3000 Meter in die Höhe. Unheimlich steil, sein Gipfel scheinbar unerreichbar.
    27.7.1975
    Vom unteren Gasherbrumtal haben wir erstmals einen Einblick in die mehr als 2000 Meter hohe Nordwestwand »unseres« Berges. Zwischen 6000 und 8060 Meter Meereshöhe ragt sie höher auf als die Eiger-Nordwand. Beängstigend steil, so schwierig wie eine der großen Westalpenwände.
    Wir verbringen die Nacht in knapp 6000 Metern, um uns an die sauerstoffarme Luft anzupassen. Morgen wollen wir wieder absteigen.
    28.7.1975
    Das Wetter verschlechtert sich. Wir sind mit unserer Erkundung zufrieden, steigen ab. Später wollen wir eine zweite wagen, um die Eisverhältnisse der Wand zu studieren und uns besser zu akklimatisieren.
    29.7.1975
    Schlechtes Wetter. Basislager.
    30.7.1975
    Basislager. Packen für die zweite Erkundung.
    31.7.1975
    Wiedersteigen wir über die beiden Gasherbrum-Gletscherbrüche empor. Der Weg ist ein ständiges Auf und Ab. Er führt über Spalten, an Eistürmen vorbei, über Gletscherflächen und Eishänge. Wir kennen die Route, aber die Hitze macht uns schwer zu schaffen. Wir lagern an derselben Stelle wie bei der ersten Erkundung.
    1.8.1975
    Aufstieg bis zum Gasherbrum La (Sattel). Erkundung der Eiswand, die vorläufig gute Verhältnisse aufweist. Entschluss, diese Wand schnellstmöglich und in ihrer Falllinie zu klettern.
    2.8.1975
    Abstieg ins Basecamp.
    8.8.1975
    Nach einer langen Schlechtwetterperiode wird es besser. Wir dürfen nichts übereilen, unsere Gipfelchancen aber auch nicht verschlafen. Wachsam sein heißt unsere Devise. Wir haben Vertrauen ineinander, Selbstsicherheit, eine ausreichende Akklimatisation. Wir starten. Ausrüstung und Proviant sind auf ein Minimum reduziert. In drei bis vier Tagen hoffen wir, zurück zu sein. Das wäre ein Clou! Um neue Ideen verwirklichen zu können, muss man vor allem den Mut haben, revolutionär zu denken.
    9.8.1975
    Gutes Wetter. In der Dämmerung beginnen wir zu kochen: Tee, Milch mit Haferflocken. Um 6 Uhr kriechen wir aus dem Zelt und steigen mit unseren schweren Rucksäcken bis zum Fuß der gewaltigen Nordwestwand. Unser Wunsch ist es, sie in nur zwei Tagen zu durchklettern. Ein verwegener, aber sicherer Plan (vorerst keine Lawinengefahr).
    Um 7 Uhr beginnen wir, in der Eiswand zu klettern: Blankeis, das Gelände 55 bis 60° steil. Wir steigen Schritt für Schritt. Jeder für sich. Ohne Seil. Der Fels ist brüchig. Wenn das Wetter schlecht wird, müssen wir fluchtartig zurück.
    Mittag. Die Eiswand verengt sich zur Rinne, wird noch steiler.
    Nachmittag. Ein letzter steiler Hang, und wir stehen in einer Mulde unter den Schneehängen im Gipfelbereich, 7100 Meter hoch.
    Biwak. Wir graben – müde und schwerfällig – eine kleine Plattform aus dem Schutt, bauen unser winziges Sturmzelt auf.
    10.8.1975
    Im völlig vereisten Zelt – unsere Atmungsfeuchtigkeit hat sich über Nacht als Reif an der inneren Zeltwand festgesetzt – bereite ich heißen Tee. Noch ist es draußen dämmrig. Es ist eng im Zelt, jede Bewegung fällt schwer. Der Rucksack ist schon gepackt.
    Kurz nach 6 Uhr kriechen wir ins Freie. Wir ziehen die Übergamaschen an, die Anoraks, stülpen die Sturmhauben über den Kopf. Peter will spuren. Ich soll den

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