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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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entsteht mehr Übersicht, mehr Distanz, mehr Selbstverständnis.
    Die fortschreitende Entfremdung von der Natur wird mir vor allem klar, wenn ich irgendwo in der Wildnis unterwegs bin und sich dabei Stille sowie Harmonie auch in mir ausbreiten. Dazu Erkenntnisse, die wie Bilder plötzlich aus dem Nichts auftauchen. Deshalb oft das Gefühl zu wissen, ohne zu denken. Als sei das Unterbewusste dort oben bei wachem Bewusstsein wacher als sonst. Es ist wie in Trance oder im Wonneschlaf. Gehäuft entstehen so positive Gedanken und Gefühle. Das gehört für mich zur Lebensqualität, nicht das Zweitauto oder der Videoapparat.
    Nie habe ich Sinn bewusst in meine Spiele gelegt. Er war selbstverständliche Voraussetzung für meine Erfolge. Natürlich will ich mich mit meinem Tun auch ausdrücken, und ich muss immer auch gestalten. Diese beiden Notwendigkeiten aber hätten mich nicht so weit gehen lassen, wie ich immer wieder zu gehen versucht habe. Der Sinn, den meine Grenzgänge während des Spiels haben, trägt mich und meine Welt.
    Ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist, ein Unternehmensziel mit Sinn zu füllen. Trotzdem: Immun gegen Zweifel ist niemand. Ich stelle mein Tun häufig infrage. Sporadisch, bevor ich aufbreche. Müdigkeit, lebensbedrohliche Situationen, Ausgebranntsein können die Auslöser sein. Die Zweifel aber dauern meist nicht lange an. Spätestens beim Aufbruch, beim Unterwegssein bin ich ganz vergessen in meinem Tun. Als ob es nichts Sinnvolleres auf dieser Erde gäbe. Allerdings: Es gibt keinen besseren oder schlechteren Sinn. Wer aber fähig ist, bewusst oder unbewusst, mehr Sinn in sein Tun hineinzulegen, wird erfolgreicher sein.
    Später in meinem Leben habe ich ganz andere Projekte in die Tat umgesetzt als in jungen Jahren, als ich Felskletterer, später Höhenbergsteiger und Grenzgänger in der Horizontalen gewesen bin. Ich wurde Forscher, Museumsgestalter. Vielleicht versuche ich es morgen als Filmemacher. Bei all meinem Tun aber bleibt es fundamental wichtig, dass ich mich mit meiner Sache identifiziere. Nur wenn ich meiner Sache nachgehe, das heißt, wenn ich ihr Sinn gebe, bin ich stark. Mein Glück besteht weniger darin, dass ich in meinem Leben tun konnte, was mir entsprach, also das, was ich am besten konnte. Dass ich früh gelernt habe, Sinn zu stiften, ist wichtiger. Ich tat es lange, bevor ich darüber nachdachte. Ich verstand deshalb Animositäten nicht, die mir gegenüber aus Neid erwuchsen – es war nicht Neid auf meine Erfolge, es war Frust. Es sind immer nur jene, die sich für nichts begeistern können, die Sinn also nicht finden, die ihn im Gegenzug dann meiner Sache absprechen möchten.

»Es geht mir nicht um geografische Eroberungen, sondern um das Ausleuchten meines Spielfeldes.«
    IV
Meine Spielregeln
    â€¢Weg von der alten Expeditionsform:
Eigenverantwortung statt Pyramidensystem (zwei zum Gipfel,
zehn Helfer, 20 Sherpas, zehn Tonnen Material).
    â€¢ Reifeprozess: Das ist mein Ziel, mein Stil, mein Wesen.
    â€¢ Einfachste Struktur: Idee und Logistik haben auf einem Blatt Papier Platz.
Wie komme ich von A nach B?
    â€¢ Pionierleistung im Abenteuer ist nicht mit dem Computer planbar.
    â€¢ Perfektion im Verhältnis Problem – Lösung anstreben:
Team-, Material-, Gewicht-, Zeitdauerminimierung.
    â€¢ Trend zum Kleinunternehmen.
    â€¢ Doppel – und Dreifachsicherung.
    â€¢ Selbstsicherheit.
    â€¢ Redundanz macht meine Abenteuer schwerfällig.
    â€¢ Sicherheit und Sicherung.
    â€¢ Angst vor der Angst.
    â€¢ Sachlogisch entscheiden und handeln.
    â€¢ Die Schleppe verkürzen, abschneiden, um eleganter laufen zu können.
    Â 

»Aus nebulösen Vorsätzen und idealistischem Wollen wird eine Dringlichkeit und dann eine konkrete Handlungswirklichkeit.«
    Eine revolutionäre Idee
    Mai 1975
    Während der Lhotse-Südwand-Expedition erhalte ich die Genehmigung für eine Zwei-Mann-Reise zum Gasherbrum I, auch Hidden Peak genannt. Damit ist ein doppelschneidiges Experiment möglich: Zerstörung der bequemen alten Ordnung im Expeditionswesen und Einführung eines »Supernova-Systems«.
    Um das schwerfällige und bürokratische Handeln und Denken im Expeditionswesen zu überwinden, brauche ich dieses Permit für eine Zwei-Mann-Expedition. Ich will bei meinen Expeditionen nicht Verwalter sein, sondern Architekt,

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