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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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beides. Ohne sie gibt es kein Risiko, keine Risikobereitschaft.
    Jeder, der sich mit einem extremen Ziel auseinandersetzt, ist Ängsten ausgeliefert. Ich bin im Laufe meines Lebens sogar ängstlicher geworden. Auch deshalb, weil ich mit jeder Erfahrung mehr weiß, was an Gefahr, an Unberechenbarem, an Unmöglichem auf mich zukommen kann. Meist sind diese Ängste unbegründet. Es ist nämlich die Angst vor der Angst, die uns – insbesondere vor dem Aufbruch – quält, die uns alle Möglichkeiten des Scheiterns, auch Umkommens vor Augen führt. Diese Angst werte ich positiv. Sie ist ein Regulator für das, was ich darf.
    Mut darf nicht getrennt von Angst gesehen werden. Er ist die andere Hälfte der Angst. Mut hat nichts zu tun mit Todesverachtung oder Liebe zum Risiko. Er erwächst mir aus dem Wissen, dass ich mein Spiel nach meinen Regeln spielen kann. Wenn ich mir für mein Abenteuer eigene Spielregeln entworfen habe, sagt das nicht, dass diese Spielregeln für alle anderen gelten müssen. Ohne Regeln aber gibt es kein Spiel.
    Ein Bergsteiger und Expeditionsleiter, der in den letzten 25 Jahren nicht nur als Stratege besonders hervorgetreten ist, ist der Brite Chris Bonington. Er hat 1970 eine klassische Expedition zur Annapurna-Südwand geführt und eine neue Art geprägt. Das Neue bei dieser Unternehmung lag nicht nur im schwierigen Ziel –die 3500 Meter hohe Südwand der Annapurna ist eine der steilsten Himalaja-Wände –, es lag in einer neuen Sachlichkeit. Bonington hat sachlogisch entschieden und viele der althergebrachten »Ideale« über Bord geworfen. Er hat damit Erfolg gehabt.
    Im selben Stil hat er 1975 die Südwestwand-Expedition am Mount Everest organisiert und geführt. Anschließend hat er – aus der Erkenntnis heraus, dass nach der Durchsteigung der schwierigsten Wand am höchsten Berg auch der Expeditionsstil verändert werden musste (im selben Jahr wie die Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil) – die Kleinexpedition forciert.
    Nur indem ich weglasse, Ballast abwerfe, die Schleppe verkürze, kann ich elegant laufen und steigen. Und erleben, was ich erleben will: Ausgesetztsein, Auf-sich-selbst-gestellt-Sein, eigene Regeln.
    Seinem eigenen Rhythmus folgen zu können ist mehr wert als der gemeinsame Erfolg. Wer einmal als »Rädchen« in einer Großexpedition fungiert hat, dem Befehl eines Expeditionsleiters verpflichtet, dem Gipfel verschrieben, weiß, dass die Spiel – und Erlebnismöglichkeiten bei der kleinen, leichten Expedition größer sind. Und um diese beiden geht es. Wenigstens mir.

»Das Mögliche im Unmöglichen suchen – die Realität im Tagtraum.«
    Â»Viele Leute verwandeln ihre Wünsche in Fantasiegebilde, ohne sie dann zu realisieren.«
    VI
Der Gipfel sein
    â€¢ So hoch (gut, weit, erfolgreich) wie möglich.
    â€¢ Die Grenzen der Belastbarkeit.
    â€¢ Tagtraum ist nicht Luftschloss: Fantasie plus Wissen.
    â€¢ Herausforderung, die von anderen nicht für möglich gehalten wird.
    â€¢ Menschen, die visionslos sind, sind keine Neuerer, nur Ausführer und Abwickler.
    â€¢ Visionäre Unternehmen denken ökologisch, zukunftbezogen und verändern etwas.
    â€¢ Nicht nur »einen Baum pflanzen« – »eine Spur hinterlassen«, »Berge versetzen«.
    â€¢ Wer auf den Status quo bedacht ist, hat schon verloren.
    â€¢ Unzufriedenheit im Status quo.
    â€¢ Realisierte Vision hinterlässt kurzfristig ein Loch. Es folgt eine neue Idee, eine neue Tat. Der Tatmensch.
    â€¢ Zivilcourage.
    â€¢ Orientierung am eigenen Selbstverständnis.
    â€¢Vision ist nicht gleich Image.
    â€¢ Ich nähre mein »Messner-Sein« aus Realutopien und sitze nicht auf Lorbeeren.
    â€¢ Abenteuer bedeutet auch: Immer etwas suchen, was noch nicht gemacht wurde.
    Â 

»Mut zum Risiko provoziert neue Erkenntnisse.«
    Der vorletzte Schritt
    Mai 1972 Kathmandu
    Zusammen mit Wolfgang Nairz und Dr. Oswald Oelz bespreche ich nach der tragischen Manaslu-Expedition in Nepal (zwei Teilnehmer sind im Schneesturm umgekommen) die Möglichkeit einer Everest-Besteigung.
    Wir beschließen, ein Permit für einen Besteigungsversuch zu beantragen. Ich spiele mit der Idee, die schwierige Südwestwand zu versuchen, die wiederholt und bis dahin vergeblich angegangen worden war.
    Mein Tagtraum heißt: die schwierigste Wand am höchsten Berg

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