Berger, Fabian
seine Stimme. »Jetzt reißen Sie sich zusammen. Wir haben alles unter Kontrolle. Ihr Leben ist also in keinster Weise in Gefahr. Vertrauen Sie mir. Und was die Polizei angeht: Lassen Sie alle Unterlagen, die mit den beiden Opfern im Zusammenhang stehen, vorsichtshalber verschwinden. Nichts darf diese beiden Personen mit dem Experiment in Verbindung bringen.«
Braun zögerte. »Ich glaube, dafür ist es ein wenig zu spät. Die Polizei weiß bereits, dass sich eines der Opfer dem Institut als Versuchsteilnehmer zur Verfügung gestellt hat.«
Der Mann klang aufgebracht. »Mein Gott! Wie konnte denn das passieren?«
Der Professor blieb stumm.
»Okay«, fuhr die Person am anderen Ende der Leitung fort. »Dann fälschen Sie eben die Unterlagen dieses Probanden und lassen alle anderen Dokumente verschwinden. Das kann doch nicht so schwer sein!«
»Ich weiß nicht recht«, zweifelte Braun. »Vielleicht wäre es besser, der Polizei alles zu sagen.«
»Sind Sie wahnsinnig? Das Experiment steht kurz vor seiner Vollendung. Ich lasse nicht zu, dass Sie alles gefährden! Im Übrigen muss ich Sie wohl nicht daran erinnern, dass auch Ihre berufliche Zukunft auf dem Spiel steht. Ich hoffe Sie sind sich darüber im Klaren, wie viele Grenzen Sie während der Entwicklung überschritten haben, sowohl in ethischer als auch in juristischer Hinsicht. Sie würden nicht nur wissenschaftlichen Selbstmord begehen. Überlegen Sie sich gut, ob Sie den Rest Ihres Lebens hinter Gittern verbringen wollen!«
Braun wurde langsam bewusst, dass der Mann recht hatte. Ohne sich darum zu kümmern, Maßnahmen bei einem eventuellen Scheitern des Projektes zum Schutz für seine eigene Person zu planen, hatte er sich immer weiter vorgewagt und in die Sache verstrickt. Es gab kein zurück mehr. Diese bittere Erkenntnis ließ ihn seltsam ruhig werden.
»Und jetzt machen Sie Ihre Arbeit. Je schneller Sie fertig werden, desto eher ist die Sache vorbei. Und denken Sie an die Unterlagen.« Der Mann beendete das Gespräch und legte auf.
Braun wollte schnell das Wichtigste in die Wege leiten. Mit einem Tipp auf die Gabel des Telefons ertönte ein Freizeichen und er wählte seine Sekretärin über die Kurzwahl an.
»Sandra, was halten Sie davon, heute etwas früher Schluss zu machen?«
-41-
H annah hockte bei einer lauwarmen Tasse Kaffee vor ihrem Computer, recherchierte im Internet und nutzte die Datenbanken der Kriminalpolizei. Professor Sebastian Braun etwas näher unter die Lupe zu nehmen, stellte sich jedoch als eine äußerst langwierige und ineffektive Prozedur heraus. Informationen über dessen beruflichen Werdegang waren dünn gesät und zudem mit zahlreichen Fachbegriffen gespickt, die sie umständlich nachschlagen musste. Nach mehreren Stunden hatte sie lediglich eine knappe Biografie und eine Liste einiger seiner Publikationen zusammengestellt. Mit einem Mausklick schickte sie den Text auf den Drucker, nahm das Blatt in die Hand und reichte es ihrem Vater.
»Ich habe mal eine Liste über Braun zusammengestellt. Es war nicht leicht, etwas über ihn in Erfahrung zu bringen.«
Lorenz hob den Kopf und überflog die Zeilen mit schnellen Blicken. »Ich verstehe kein Wort von dem, was da steht«, beschwerte er sich und wendete sich wieder seiner Arbeit zu. »Kannst du mir das übersetzen, oder geht es dir wie mir?«
Hannah drehte das Blatt zu sich und begann vorzulesen. »Braun studierte Biologie an der Universität Tübingen und Neurophysik an der Uni Marburg. Er promovierte am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Reutlingen über die Anwendung von Mikroelektroden-Arrays in der Neurophysiologie.« Schließlich formulierte sie aus dem Gedächtnis, was sie eben noch nachgeschlagen hatte. »Mikroelektroden-Arrays sind kleine Trägerplatten mit Elektroden bespickt, mit denen die elektrische Aktivität der Zellen erfasst und manipuliert werden kann. Er forschte an einer Verbindung zwischen Mikrosystemtechnik und Neurowissenschaften und nutzte diese Mikroelektroden-Arrays, um die Funktion von neuronalen Netzwerken zu untersuchen. Danach beschäftigte er sich vornehmlich mit der sogenannten Hameroff-Penrose-Theorie, nach der das bewusste Denken in der Überlagerung paralleler Rechenvorgänge der Neuronen bestehen soll - auch als Quanteneffekte bezeichnet - und suchte nach einem Zusammenhang zwischen dem menschlichen Bewusstsein und quantenmechanischen Effekten.« Sie legte eine Pause ein, um sich zu vergewissern, ob ihr Vater ihr folgen
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