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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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wäre sie eine neue Bathseba oder gar eine Susanna im Bade.
    Die einzige, die sich damals quergelegt hatte, war Silvia gewesen. Sie hatte doch tatsächlich Orso gewarnt, nachdem sie das geschwisterliche Gespräch zwischen ihm und Giulia belauscht haben mußte. So etwas Unglaubliches war lange nicht in Rom geschehen und hatte auch für genügend Klatsch gesorgt. Man hatte Silvia eine Reihe von Namen aus der Marienlitanei angehängt, wie virgo purissima oder castissima . Refugium peccatorum , Zuflucht der Sünder, wurde sie genannt, regina confessorum , Königin der Bekenner, oder sogar sancta virgo virginum , und immer waren diese Namen begleitet von einem ironischen bis spöttischen Lächeln, von feinem oder auch krachendem Gelächter.
    Weil einzelne Krähen mit lautem Krächzen vorbeizogen, öffnete Alessandro kurz die Augen, um nach ihnen zu sehen. Aber die Sonne blendete ihn derart, daß er die Augen sofort wieder schloß. Die Krähen schienen sich auf Baumwipfeln niedergelassen zu haben. Er hörte sie nur noch ab und zu, als wollten sie sich eine kurze Botschaft zurufen.
    Die erneute Begegnung mit Silvia – nach so vielen ereignisreichen Jahren – hatte in Alessandro ein seltsames Gefühl hinterlassen. Als sie wie eine zerzauste Diana vor ihm stand, als er sie stumm durch das nächtliche Rom begleitete, schon gar, als sie sich mit einem Aufschluchzen von ihm verabschiedete, spürte er, daß seine kleine, Giovanni Crispo versprochene Silvia noch immer an ihm hing. Dabei war sie so klein nicht mehr, neunzehn Jahre alt mußte sie sein. Sie war feingliedrig und schlank, und ihr Antlitz wirkte mild. Auch sie war schön, aber auf eine ganz andere Art als Giulia. Giulias Schönheit ähnelte einem griechischen Tempel, Silvia erinnerte eher an ein im Wald verstecktes Nymphäum. Die eine mächtig, majestätisch und anbetungswürdig, die andere versteckt, verwunschen und liebenswert. Giulia war Venus, Helena und Athene in einem, Silvia Nausikaa, Kalypso und Maria. Noch immer spürte Alessandro tief in seinem Herzen den Zauber, der von Silvia ausging. Und er spürte auch Mitleid, weil Giovanni Crispo sie noch immer nicht geheiratet hatte. Vielleicht hätte er sie darauf ansprechen sollen, als er sie damals nach dem Maskenfest nach Hause brachte. Aber sie wirkte seltsam verstockt, und er selbst fühlte noch den gekränkten Stolz darüber, daß sie trotz ihrer Liebesschwüre einen anderen Mann hatte heiraten wollen, ohne ihn darüber zu benachrichtigen, ohne überhaupt noch einen einzigen Brief zu schreiben.
    Natürlich hatte er Silvia auf die Feier anläßlich seiner Kardinalsernennung eingeladen. Sie kam mit ihrem Vater, dessen Rotschopf grau geworden war. Beide hatten sie sich Vater und Sohn Crispo angeschlossen. Auch Ippolita Crispo war diesmal dabei, kaum zu erkennen hinter einem Schleier. Silvia wirkte ernst und verschlossen, und mehrfach hatte er sie angesprochen, hatte mit ihr getanzt. Sie berührte ihn bei der Pavaniglia mit warmer Hand, und einmal zog er sie auch an sich; sie schmiegte sich an seine Brust. Aber dann plötzlich verweigerte sie sich ihm. Nein, sie wolle nicht mit ihm tanzen, hatte sie schroff gesagt. Kurz darauf sah Alessandro sie mit seinem Bruder Angelo sowie Ippolita und Giovanni Crispo zusammensitzen. Später tanzte sie mit Crispo. Alessandro wollte darüber lachen, aber er spürte, wie ihn ihre Zurückweisung kränkte und schmerzte.
    Eine Weile sah er sie nicht mehr, weil er sein Kardinalshabit umzulegen und seinen offiziellen Gastgeberpflichten nachzukommen hatte. Der spät erschienene Papst mußte von ihm umschmeichelt werden, Cesare, vor nicht langer Zeit zum Bischof von Valencia und ebenfalls zum Kardinal ernannt, klopfte ihm auf die Schulter, die hübsche Lucrezia küßte ihm nicht nur seinen Ring, sondern anschließend auch noch die Wange – was Gelächter hervorrief und Applaus bei ihrem Vater. Selbst Il terribile lächelte sein grimmig-freundliches Lächeln, umarmte ihn, flüsterte ihm dabei ins Ohr: »Wir dürfen nicht aufgeben. Der Borgia wird einen Fehler machen, und dann fegen wir ihn vom Stuhl Petri.« Alessandro antwortete mit einem freundlichen Lächeln, und anschließend plauderte Kardinal della Rovere mit dem Papst, als seien sie alte Freunde.
    Zwischen ihnen lag auf vielen Kissen Prinz Dschem, der türkische Sultansbruder, die berühmte Geisel der Kurie, jedes Jahr willkommene vierzigtausend Dukaten wert. Er war gekleidet wie ein orientalischer Herrscher, und unter der

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