Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
– neben der Religion.«
Bist du das eigentlich, die da redet, fragte sich Silvia. Aber sie schaute Giovanni in seine dunklen Augen, sie versenkte sich in sie, sie beobachtete seine weichen Lippen beim Sprechen. Die Zähne, die zum Vorschein kamen, reihten sich wohlgeformt in einer gesunden Elfenbeinfarbe.
Giovanni war beim Ausdruck schwerbrüstig zurückgezuckt, und Silvia schob sofort nach: »Weißt du, ich rede gern, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Ich drecksele nicht so die Sätze, wie die Herrn Prälaten und Kardinäle – aber du wolltest etwas über Ruhm und Reichtum, über Benefizien und Mitgift sagen?« Giovanni stotterte und kratzte sich am Hinterkopf. »Nun, nicht jeder von uns kann als Bischof oder Kardinal in den prallgefüllten Topf der Mutter Kirche greifen …«
»… aus dem Milch und Honig fließen …« »… ja, richtig, ich meine …«
»Aber wenn es um die Mitgift geht, da schaut man doch auf jeden Dukaten.«
Silvia versuchte, Giovanni ohne jeden Hintersinn anzuschauen. Er schlug die Augen nieder und errötete leicht.
»Ich meine«, begann er nach kurzer Pause, »mein Vater, verstehst du, und dann die Sterne, aber wirklich, du hast recht, ich meine, Frascati ist wirklich sehr schön, aber die Mitgift … die Mitgift ist wirklich nicht das Entscheidende – wenn man sich liebt.« Zum Schluß hatte er ganz schnell gesprochen.
Noch immer wagte er nicht, Silvia in die Augen zu schauen. Aber sie wagte, ihn anzusehen. Wenn er auch irgendwie harmlos wirkte, so war er doch ein wirklich schöner Mann. Schöner auf jeden Fall als Alessandro.
»Du sprachst über die Bedeutung der Kunst im Leben, lieber Giovanni. Auch für mich … weißt du, manchmal dichte ich oder schreibe Novellen. Ich male sogar, aber im Malen bin ich nicht gut. Du jedoch, das habe ich gehört, sollst wunderbare Porträts anfertigen …«
»Hast du das gehört?«
»Das erzählen viele.«
Giovanni schaute sich scheu um, ob vielleicht jemand ihr Gespräch belausche. Dann flüsterte er: »Ich möchte dich malen, Silvia, davon habe ich schon immer geträumt. Glaubst du, daß du …«
Sie lachte kurz auf. »Warum fragst du nicht La bella Giulia oder die hochgepriesene Papsttochter Lucrezia? Dann wird man dein Bild vielleicht sogar im Vatikan hängen sehen.«
Noch einmal schaute sich Giovanni um. Er neigte anschließend seinen Kopf nach unten, als wolle er Silvia die Hand küssen. »Silvia … Silvia …«
Natürlich hatte sie nicht wirklich etwas dagegen, von Giovanni porträtiert zu werden. Im Grunde schmeichelte ihr sein Wunsch. »Warum eigentlich nicht!« rief sie mit heller Stimme.
»Wirklich?«
»Ja, ja!«
»Als Heilige.«
»Aber Giovanni, ich bin doch keine Heilige!«
»Für mich bist du wie eine Heilige.«
Silvia mußte wieder auflachen, viel zu hoch, wie sie selbst bemerkte. Giovanni schaute sie nun an, schaute ihr in die Augen, und nun errötete sie !
Zum Glück entstand eine heftige Bewegung unter den Gästen, einige applaudierten und blickten in Richtung Hafen. Auch Alessandro schaute dorthin, rief etwas und winkte. Er wollte aufspringen, besann sich jedoch auf die Würde, die sein Amt und auch sein Gewand erforderten. Silvia entging keine seiner Bewegungen, sie durchschaute ihn. Er beugte sich erneut zu Lucrezia, mit der er die ganze Zeit gescherzt haben mußte, und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Lucrezia lachte spöttisch auf und wollte auch ihm etwas zuflüstern. Weil sie aber so klein war, zog sie Alessandro zu sich herunter. Ja, sie legte die Arme um seinen Hals. Nein, sie küßte ihn nicht, aber am liebsten hätte sie es getan. Das sah Silvia, ohne daß irgendein Zweifel an ihrer Beobachtung entstehen konnte, schließlich war sie selbst eine Frau. Lucrezia flüsterte Alessandro etwas ins Ohr, Wange an Wange. Silvia konnte leider nicht sehen, ob Lucrezia ihm vielleicht das Ohr oder zumindest die Wange küßte, konnte auch nicht hören, welche eindeutigen Hinweise sie ihm zuflüsterte – aber sie merkte, daß Alessandro zwar Lucrezia lauschte, aber gleichzeitig sie, Silvia, anschaute. Ihre Blicke trafen sich. Silvia spürte sich noch tiefer erröten.
Aber schon eilte Alessandro seiner Schwester Giulia entgegen, die soeben mit ihrer knapp zweijährigen Laura auf dem Arm erschienen war. Die Kleine wollte schon selbst laufen, und die gesamte Gästeschar, die Kardinäle voran, applaudierten. Laura war herausgeputzt wie eine Prinzessin, und ihre Mutter schritt über das Gras wie eine Königin. Nein, wie
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