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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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liebsten eine Ohrfeige versetzt. Aber inzwischen drängte die Menge den Kanonen nach und stieß sie zur Seite.
    »Du ganz allein?«
    »Ja, sicher, ich habe keine Angst.«
    »Hoffentlich kommt es zu keinen Plünderungen«, sagte Crispo, während er den Kanonieren nachschaute. »Die Colonna-Anhänger sollen schon die ersten Häuser gestürmt haben.«
    Tatsächlich war Silvia froh, auf Giovanni Crispo gestoßen zu sein. Inzwischen umgaben sie fragwürdige Gestalten, und sie sah, wie in einer dunklen Ecke drei Männer einen Alten niederstachen, um ihn anschließend in aller Ruhe auszurauben. Giovanni übersah den Mord und betonte, er wolle Silvia jetzt lieber nach Hause begleiten. Vor der Haustür zögerte er, sich zu verabschieden. »Ich habe es noch weit bis zu unserem Palazzo im Campo Marzo …«, sagte er, und Silvia verstand natürlich, was er wollte. Seine Augen sprachen eine deutliche Sprache. Aber sie überging seine indirekte Bitte.
    »Ich danke dir, lieber Giovanni, daß du mich sicher nach Hause begleitet hast.« Sie reichte ihm die Hand.
    Er ergriff sie und zog sie an seine Lippen. »Silvia«, hauchte er.
    Sie schaute ihm in seine sanften, großen Augen.
    Einen Augenblick war sie geneigt zu glauben, sie könne ihn vielleicht doch lieben und den anderen, ihren Retter, vergessen. Alessandro hatte nicht nur seine Schwester verkauft, sondern auch noch Lucrezia Borgia geküßt! Wahrscheinlich würde er auch des Teufels Großmutter küssen, wenn sie ihm versprach, aus ihm einen Papst zu machen.
    Hinter ihr, im Eingang, tauchte plötzlich der Vater auf. Er stieß Crispo zurück, zerrte sie ins Haus und warf die schwere Eichentür zu. Wie von Sinnen schrie er: »Wo warst du?« und »Ich bin gestorben vor Angst«. Dann schlug er sie ins Gesicht, umarmte sie sofort wieder und brach schließlich schluchzend zusammen.
    Als sie später, tief in der Nacht, noch gemeinsam vor dem glimmenden Kamin saßen, begann der Vater endlich wieder zu sprechen. »Du bist der letzte Mensch, der mir geblieben ist«, erklärte er mit düsterer Stimme. »Aber ich weiß nicht weiter. Ich habe sogar Geld von Rosella genommen. Sonst hätten sie uns längst aus unserem Haus vertrieben.«
    »Aber warum hast du Crispo so zurückgestoßen?«
    Er starrte in die Glut und antwortete nicht.
    »Warum hat es eigentlich nicht mit Ippolita geklappt? Du hast mir nie die Gründe genannt.«
    Der Vater schaute sie kurz an und starrte dann wieder in die Glut. »Der alte Crispo ist ein Verbrecher«, sagte er dumpf, »für dich stellt er zu hohe Forderungen, und für sie wollte er nichts geben. Dabei hatte ich eine Lösung gefunden. Außerdem war Ippolita dagegen. Sie ertrage alte Männer nicht, sie würde krank bei der Vorstellung – das erklärte mir der alte Crispo mit schiefem Grinsen. ›Und keiner von uns will doch, daß sie wieder krank wird‹, sagte er noch. Ich wußte, daß es ihm ernst war.«
    Ihr Vater schloß die Augen und bedeckte sein Gesicht. » Sie ist es, die hinter allem steht«, flüsterte er noch.
    »Wer?«
    »Deine Mutter!«
    Der nächste Tag brachte kaum besseres Wetter, aber zuerst eine ungewohnte Stille. Die Stadt schien erstarrt zu sein. Silvia eilte auf die Dachterrasse und sah, wie es an einigen Ecken brannte. Und plötzlich hörte sie dumpfe Schläge, als würde mit einem Rammbock ein Tor eingestoßen. Dann meinte sie sogar Kanonenschüsse zu hören und lautes Jubelgeschrei.
    Schon am Nachmittag des ersten Januar begannen die Hausbesetzungen und Plünderungen. Einer ihrer Knechte hatte sich gerade noch vor den Franzosen in das Haus retten können und erzählte atemlos, die Franzosen besetzten die großen Paläste zur Einquartierung, und außerdem begännen Colonnas Soldaten wahllos zu plündern. Zuerst hätten die Schweizer, Gascogner und Deutschen nur gemurrt und sich zurückgehalten, weil der französische König schwere Strafen angekündigt habe, aber dann seien auch sie losgelaufen, und jetzt sei kein Halten mehr. »Wer sich wehrt, wird niedergemacht.«
    »Verrammelt das Portal und holt alle Waffen, die wir im Haus haben«, befahl der Vater und versuchte, die Straße hinabzuschauen und nach möglichen Angreifern Ausschau zu halten.
    »Keine Gewalt«, bat Silvia. Aber ihr Vater hörte nicht auf sie. Er selbst schob mit mehreren Männern eine schwere Truhe vor die Eichentür und holte einen alten Bogen aus der Jagdkammer.
    Als er sich wieder seiner Tochter zuwandte, rann ihm der Schweiß die Stirn herab. »Sie werden dich

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