Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
vertieft wurde. Sie wollte ihm helfen, wie auch er ihr geholfen hatte, aber sie wußte nicht, wie. Sie war ein kleines, eingesperrtes Mädchen, das nicht einmal ohne Begleitung zur Messe gehen durfte. Sie vermißte die Gespräche mit ihrem Vater, der nie Zeit für sie hatte und den sie schon gar nicht auf Rosella ansprechen durfte. Er wurde dann grob und drohte mit dem Kloster.
Und im Hintergrund stand die Mutter. Silvia hörte ihre Stimme, und in ihren Träumen wurde sie regelmäßig von ihr besucht. Ihre Mutter sah aus wie eine gepeinigte Märtyrerin und zeigte auf sie mit gebrochenen Fingern und einem Kranz blutigroter Rubine um den Hals.
Silvia wachte schweißnaß auf und entdeckte Blut zwischen ihren Schenkeln.
Als sie das Blut Rosella zeigte, lachte die sie aus und erklärte ihr die Ursache.
Silvia fühlte sich gedemütigt und schmutzig: erneut aß sie tagelang nichts mehr. Beim Lateinunterricht, oder wenn sie Laute spielen sollte, paßte sie nicht auf und machte nur Fehler. Sie magerte ab und schlich nachts durch die leeren Gänge des Hauses.
Ein weiteres Mal beobachtete sie den Vater und Rosella. Es war spätabends, die Tür zum Schlafraum des Vaters stand einen Spalt offen. Rosellas Bauch und Brüste waren mächtig gewachsen, aber ihr Gang blieb gerade, ihre Haare fielen ihr lockig über die Schultern, und das starke Kinn reckte sich stolz nach vorne. Silvia fand sie schön. Ihr Vater war, wie sie selbst, abgemagert, sehnig, seine Brust von hellen Haaren bedeckt. Sein Haupthaar glänzte rot. Die beiden standen nebeneinander, nackt, wie der Schöpfer sie geschaffen hatte. Vaters Hand lag auf Rosellas Bauch und knetete dann eine ihrer Brüste. Ihre Hand spielte mit seinem männlichen Glied, bis es sich erhob. Der Vater mit seinen dürren Schultern, mit seiner Bauchfalte und darunter dieser Speer, der in seiner Größe so gar nicht zu ihm paßte!
Rosella schob den Vater zu seinem Bett und drückte ihn in die Kissen. Langsam kniete sie sich über ihn, bis die zwei mächtigen halbmondförmigen Pobacken sich auf seine männliche Waffe gesenkt hatten. Seine Augen brachen. Einen Augenblick glaubte Silvia, ihr Vater würde sterben, aber dann öffnete er sie wieder, stöhnend. Sie erschrak. Denn plötzlich waren die Augen klar und stechend auf sie gerichtet. Er wollte sich aufrichten, wollte Rosella abwerfen, aber sie bedeckte sein Gesicht mit Küssen und preßte ihren herzförmigen Doppelmond gegen sein sich aufbäumendes Becken.
Schnell schob Silvia die Tür zu, schlich in ihr Zimmer, schloß sich ein und betete.
Nachts schrieb sie einen Brief an Alessandro, in dem sie ihm erzählte, sie habe von Minotaurus geträumt; sie sei eine der Jungfrauen gewesen, die ihm als Opfer zugeführt würden. Sie hatte den Traum erfunden, aber als sie erst einmal begonnen hatte, ihn auszumalen, konnte sie nicht mehr aufhören. Schließlich wurde sie zu Ariadne, die Theseus half, das Labyrinth zu verlassen, nachdem er den unersättlichen Stiermenschen getötet hatte. »Ich werde auch Dir den Weg aus dem Labyrinth der Engelsburg weisen«, schrieb sie, ohne zu wissen, wie sie dies anstellen sollte.
Alessandro hatte sie gerettet, und so wollte auch sie ihn retten. Er litt – ihretwegen. Sie wollte nicht, daß irgend jemand ihretwegen litt. Sie war immer eine brave Tochter gewesen und eine gute Christin. Aber sie war ein kleines Mädchen. Wie sollte sie den Weg in Roms uneinnehmbare Festung finden? Wie sollte sie Ariadnes Faden hineinschmuggeln?
4. K APITEL
Die Hoffnung, schnell wieder der Engelsburg zu entkommen, schwand von Tag zu Tag. Alessandro vermehrte seine Dukaten beim Würfeln, besiegte den Kastellan im Schachspiel und ertrug so lange geduldig die Geschichten der Fledermäuse, bis sie beide betrunken einschliefen.
»Ich fliege mit meinen Flatterfreunden jede Nacht zur Madonna und hole mir ihre Befehle ab«, berichtete der Kastellan morgens, mit geschwollenen und triefenden Augen. »Was man alles sieht, wenn man unhörbar durch Roms dunkle Straßen und dann hinaus in die Campagna zuckt!« Er zog seine Oberlippe nach oben und entblößte seine fast schwarzen Zähne. »Das Blut plätschert übers Pflaster, das schon die Legionen der Cäsaren trug. Aber kein Julius Cäsar weit und breit, kein Alexander der Große. Nur ein Giuliano della Rovere und ein Rodrigo Borgia.« Er kicherte und krähte vor Lachen.
»Und ein Alessandro Farnese!«
Der Kastellan schaute ihn einen Augenblick verwundert an, schlug sich dann mit einem
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