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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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mit dem Schwiegervater dachte, sah sie den tödlich verletzten eigenen Vater vor sich. Er hatte ihr nicht mehr viel erzählen können von dem, was er dem alten Crispo und wohl auch Agostino Chigi vorwarf. Es ging auf jeden Fall um die Rechte an der Ausbeutung der Alaunminen im Tolfa-Gebirge nordwestlich von Rom. Alle drei waren sie Geschäftspartner, und jeder von ihnen wußte, daß sie einmal richtig reich werden könnten. Aber dann setzte der Vater, in seiner allgemein bekannten heftigen Spielleidenschaft nach zuviel Weingenuß leichtsinnig geworden, Chigi und Crispo gegenüber seinen Anteil an den Minen ein – und verlor. Sie hatten unbedingt gewollt, daß er diesen Einsatz setzte, und er fühlte sich im nachhinein übertölpelt. Er zahlte seinen Verlust in bar, aber beide bestanden darauf, daß er aus dem Vertrag ausscheide. Schließlich drohten sie ihm, bedrohten ihn. Erpreßten ihn. Bis er nachgab.
    Mehr wußte Silvia nicht, aber sie erahnte, daß sie nicht alles wußte. Und wenn sie an Crispos Reichtum dachte und daran, wie verschuldet und erniedrigt ihr Vater seine letzten Jahre hatte leben müssen, wenn sie daran dachte, daß Agostino Chigi zu einem der reichsten Männer in Rom aufgestiegen war, dann brach in ihr eine heftige Wut auf. Einmal würden ihre Söhne sich den Reichtum zurückholen, der ihnen zustand.
    »Warum weinst du?« fragte Rosella.
    »Ach, mein Vater …«
    Aber sie sah nicht nur ihren Vater vor sich, sondern auch ihre ferne Mutter, sogar ihren ältesten Bruder und die beiden jüngeren. Sie sah Rosellas kleinen Sandro sterben. Heftig schluchzte sie auf. Aber dann dachte sie daran, daß sie einen eigenen Sandro auf die Welt gebracht hatte, ihren süßen kleinen gesunden Sandro, der schon zu sprechen begann. Und nun war sie zum zweiten Mal schwanger. Sie wußte, es würde eine leichte Geburt, ein gesundes Kind, vielleicht sogar ein zweiter Junge.
    Silvia lächelte. Die Tränen, die noch immer ihre Augen füllten, waren Tränen des Glücks.
    Rosella sang leise und einschmeichelnd:
    »Ein altes Lied der Liebe möcht’ ich singen, Bestürmen, Liebster, dich erneut mit wilder Kraft, Des kalten Herzens Zögern zauberhaft Zu heißer Wünsche Sternenflug beschwingen.«
    Sie sang auch noch eine zweite Strophe, in der von Tränenströmen die Rede war, hielt dann aber inne und sah Silvia, die zum Schluß mitgesungen hatte, fragend an.
    »Denkst du noch manchmal an ihn?«
    Silvia strich wieder über die Wölbung ihres Leibs und antwortete nicht, aber sie deutete ein Nicken an. Doch kam sie sich schlecht vor, weil Giovanni sie liebte, weil er sich bemühte, ihr alle Wünsche von den Augen abzulesen, weil er nie laut wurde und sie nicht schlug, wie so viele Ehemänner. Außerdem wurde sie von den Damen der römischen Gesellschaft beneidet, weil sie, die verarmte Ruffini, Roms schönsten Junggesellen geheiratet hatte. Giovanni hatte zwar ein wenig an Gewicht gewonnen, aber noch immer glänzten seine Haare in mattem Schwarz, sein Mund lächelte weich und geschwungen, und seine Augen schauten groß und verständnisvoll. Außerdem brauchten sie keine Geldsorgen mehr zu quälen. Die Alaunminen von Tolfa brachten offensichtlich so viel ein, daß Giovanni es aufgeben konnte, seine immer süßlicher werdenden Heiligenbilder zu malen. Er erstand statt dessen griechische und römische Kunstwerke.
    Überall schaufelte man die Ruinen frei und suchte nach Resten der Alten. Meist stieß man nur auf Inschriften und Sarkophage, Kapitelle und Reliefs, aber gelegentlich fand man auch Torsi, abgeschlagene Arme oder Köpfe. Wenn aber kaum zerstörte Statuen auftauchten, schöne Jünglinge oder VenusFiguren, dann überboten sich die Sammler, und ihr Giovanni war dabei. Schon jetzt besaß er eine der wertvollsten Antikensammlung von Rom. Der Innenhof ihres Palazzos und ein eigens für seine Sammlung gebautes Gebäude in Frascati waren voll. Giovanni warf auch sein Auge auf die zeitgenössische Kunst. Er sprach schon lange von Michelangelo. Vor kurzem hatte er mehrere Gemälde von Botticelli günstig erworben. Er erwähnte Tiziano Vecellio, dem er ebenfalls eine große Zukunft prophezeite. Und natürlich hatte er nach der Hochzeit begonnen, den Ruffini-Palazzo gründlich umbauen, erneuern und verschönern zu lassen und seine eigene Heiligen-Werkstatt dort einzurichten.
    Daß Alessandro ihnen ein Bild des Michelangelo geschenkt hatte, mußte Giovanni, mehr als er es zeigen wollte, gefreut haben. Immer wieder betrachtete er es,

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