Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
aber neben der Freude zeigte er auch eine seltsame Nachdenklichkeit. Wie nebenbei erzählte er ihr, er habe Michelangelo vor kurzem aufgesucht und ihn davon in Kenntnis gesetzt, daß er versuche, ihm einen großen kirchlichen Auftrag zu verschaffen, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Pietà .
»Ich sprach schon mit Jacopo Galli, dem Bankier. Er hat bei Michelangelo einen Bacchus in Auftrag gegeben, außerdem einen Cupido . Galli ist sicher, daß Michelangelo in der Lage ist, eine wunderbare Pietà zu schaffen. 450 Dukaten sind im Gespräch, das ist für einen so jungen Bildhauer sehr ordentlich. Vielleicht lade ich ihn einmal ein. Was meinst du, meine Liebe?«
Silvia hatte nur teilweise zugehört, weil ihr wieder Michelangelos Heilige Familie vor Augen stand und sie, im Gegensatz zu Giovanni, in dem Joseph ein verstecktes Porträt Alessandros entdeckt hatte. Außerdem verwirrte sie, daß sie in der letzten Zeit verstärkt einen weiteren Besuch herbeisehnte.
Kurz vor der zu erwartenden Niederkunft ließ Alessandro sich tatsächlich wieder anmelden. Silvia argwöhnte, Rosella habe ihn über ihren Wunsch informiert. Denn während eines ihrer ausgedehnten Bäder hatte sie Rosella ihren heimlichen Wunsch gestanden.
Giovanni empfing ihn höflich. Sie selbst versuchte, ihre Freude hinter der Maske zurückhaltender Höflichkeit zu verbergen. Sofort ließ sie Sandro holen, und stolz demonstrierte sie durch eine kurze Unterhaltung mit ihrem Sohn, wie gut er schon sprechen konnte. Alessandro war diesmal in einem schwarzen Samtwams mit einem weiten roten Seidenumhang erschienen, trug dazu farblich dezente Beinkleider und feinste Lederschuhe aus Siena. Seinen Kopf bedeckte ein dunkelblaues Barett. Er sah wie ein Herzog aus, und in dieser Aufmachung konnte er durchaus neben Giovanni bestehen.
Die Unterhaltung schleppte sich hin, nachdem der kleine Sandro sie wieder verlassen hatte. Giovanni sprach von seinen Neuerwerbungen, erwähnte auch Michelangelo und fragte Alessandro, ob er Jacopo Galli kenne und den französischen Kardinal von San Dionigi mit dem unaussprechlichen Namen.
»Ein großer Kunstfreund, unser Jean Bilhères de Lagraulas«, antwortete Alessandro.
»Siehst du«, sagte Giovanni zu Silvia, als hätte sie die Aussage je bezweifelt.
Dann trat eine lange Pause im Gespräch ein. Alessandro ließ seine Augen auf Silvia ruhen, länger, als die Höflichkeit es zuließ, Giovanni kratzte sich am Kopf, stand auf, öffnete die Tür und brüllte dann das Treppenhaus hinunter, warum der Wein nicht komme. Dann zog er Alessandro vor Botticellis Verkündigung , die er kurz zuvor erworben hatte. Er nannte sofort den in seinen Augen günstigen Preis und behauptete, Botticelli habe früher besser gemalt. »Der Einfluß des fanatischen Dominikaners macht sich überall bemerkbar. Aber nicht mehr lange, das sage ich dir.« Er zeigte auf den Engel. »Der hat offensichtlich Schnupfen. Schau dir mal seine Nase an! Hat sich wahrscheinlich beim Fliegen unterkühlt.« Er lachte kurz über seine Bemerkung und fuhr dann fort: »Aber die Madonna hat mich an Silvia erinnert, daher erwarb ich das Bild.«
Silvia hatte sich auf eine mit Kissen gepolsterte Liege gebettet, weil die Schwangerschaft sie nun schon ein wenig belästigte. Sie betrachtete die beiden Männer. Längst hörte sie nicht mehr hin, was Giovanni vor sich hin plapperte. Alessandro lobte die Darstellung der Landschaft und überprüfte dann die angebliche Ähnlichkeit zwischen der Madonna und ihr. Dabei ließ er wieder seine Augen lange auf ihr ruhen. Giovanni blieb der schönere Mann, daran gab es keinen Zweifel, aber auch Alessandro war durchaus ansehnlich. Im Grunde jedoch fand Silvia dies völlig unerheblich. Vor ihr standen nicht ein schöner und ein weniger schöner Mann, sondern ein Hampelmann und ein Herzog. Und der Hampelmann, der schöne und reiche Hampelmann, war ihr eigener Mann. Ihr drängte sich auf, wie er sich während der letzten Monate im Bett gemüht, wie er sich dann immer mehr zurückgezogen hatte. Und daß er nicht bereit war, ihr a tergo Lust zu bereiten, obwohl er doch auf seinen von ihm so geschätzten griechischen Vasen sehen konnte, wie die Griechen es trieben. Aber eigentlich ging es ihr nicht nur darum, etwas Neues auszuprobieren, zumal gerade ihr Zustand diese Annäherung nahelegte, ihr ging es vielmehr darum, wie wenig einfallsreich und neugierig ihr Giovanni sich im Bett verhielt. Nein, darum ging es auch nicht. Es war wie verhext: Irgend etwas
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