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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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beiden, ich habe ein ungutes Gefühl. Unsere Mutter hat recht. Die Mondnacht gehört nicht uns. Und auf der Insel spukt es, das haben die Fischer schon immer gesagt. Vielleicht geht tatsächlich der Geist der ermordeten Amalaswintha um.«
    »Sie wurde auf der Nachbarinsel Martana ermordet«, sagte Alessandro.
    »Vielleicht gibt es eine Verbindung. Einen Geheimgang …«
    »Ich bleibe«, sagte Alessandro bestimmt, »ihr könnt Silvia mitnehmen, wenn sie will.«
    »Ich bleibe auch«, sagte Silvia.
    Langsam verschwanden die Boote auf dem dämmernden See. Noch länger, als man sie sah, hörte man die Stimmen, insbesondere Sandros helle Kinderstimme.
    Silvia durchzuckte der Gedanke, sie könne ihre Kinder nie wiedersehen. Aber dann siegte die Neugier über die Angst. Und die Neugier vermischte sich mit der Freude daran, mit ihrem Retter, mit dem unerschrockenen Helden ihrer jungen Tage, allein zu sein.
    Alessandro machte ein Feuer, und sie tranken Wein, aßen ein paar Oliven, dazu Käse und Brot, später noch Obst. Der Mond erhob sich über dem Horizont, spiegelte sich im Wasser. Alessandro führte sie in die kleine Kapelle am östlichen Ufer, und dort beteten sie stumm. Finster und streng blickten die Apostel sie an. Draußen ertönte ein Geschrei unterschiedlichster Stimmen. Spitze, fiepende Stimmen, dazu dumpfes Gequake und Geknarre, das Huhu von Käuzchen und weinerliches Rufen wie aus Kindermund. Langgezogene Töne, die fast ein Lied ergaben. Als sie aus der Kapelle hinaustraten, warf der Mond scharfe Schatten. Ein Teil der Welt war in Schwärze getaucht, der andere stand bewegungslos in einem farblosen Grau.
    Alessandro nahm sie bei der Hand und führte sie einen kaum erkennbaren Pfad durch das Waldstück zur westlichen Seite der Insel.
    »Du bist ja so still?« sagte er.
    Sie antwortete nicht.
    Am Sirenenfelsen angekommen, hockte sich Alessandro auf den Boden. Sie blieb stehen, aber er hatte ihre Hand nicht losgelassen und zog sie neben sich. Zögernd folgte sie ihm. Unter ihnen das Wasser, schwarz, dann, dem Mond zu, silbrig bewegt. Leises Plätschern gesellte sich zu dem Konzert der Rufe und Schreie, das ihr inzwischen fast ohrenbetäubend laut erschien. Der Mond jetzt wie eine Silberscheibe, wie ein Loch, das den Blick in das Jenseits erlaubte.
    Alessandro legte wie ein großer Bruder den Arm um sie und drückte sie an sich.
    »Du zitterst ja«, flüsterte er.
    Sie antwortete nicht. Ihre Angst hatte sie verloren. Es war noch warm, sie zitterte auch nicht vor Kälte. Das Mondlicht auf dem Wasser schien ebenfalls zu zittern. Sie lehnte ihren Kopf an Alessandros Schulter. Noch nie hatte sie eine so friedliche, freie Nacht verbracht. Die Natur umfing sie wie eine zweite Haut, hatte sie in eine Welt versetzt, in der die alten Gesetze nicht mehr galten. Sie bereute nicht, mit Alessandro auf der Insel geblieben zu sein. Sie spürte jetzt erst richtig, wie eingesperrt sie gelebt hatte. Was es bedeutete, die Einheit mit der Natur zu suchen. Die Sehnsucht nach der Einheit … Hatte nicht Alessandro ihr in einem seiner Briefe lange Platons Gleichnis beschrieben? Cor , unde venis – ja auch diese Zeilen fielen ihr wieder ein. Wohin ging ihr Herz? Die Frage ängstigte sie nicht mehr. Sie war längst entschieden. Aber in dieser Nacht …
    Alessandro drehte sein Gesicht ihr zu und bettete ihren Kopf auf den weichen Boden. Sie starrte in das Himmelsloch, durch das sie beide entschwinden konnten. Vor das sich jetzt Alessandro schob. Er strich ihr zart übers Gesicht, sie nahm seine Hand und küßte sie. Es war angenehm und zog sich unendlich hin. Jetzt küßte er sie, und sie verschwand in diesem Kuß. Seine Hand spürte sie auf ihrer Hüfte, dann auf ihrer Brust. Du bist sehr leicht angezogen, dachte sie, als hätte sie längst sich selbst verlassen. Ihr Körper drängte sich zu ihm hin, und ihre Lippen küßten ihn. Es war, als träumte sie. Seine Hand brannte auf ihrer Haut. So langsam, wie der Mond über den Himmel zog, schwebten die einstmals getrennten Körper zusammen. Sie folgten nur dem Ruf der Natur. Um sie ein Fiepen und Knarren, ein Pfeifen und Rufen, ein Gurren, Schmatzen, Flüstern und Schmeicheln. Der helle Schein des Mondes nun unbeweglich. Seine Arme hielten ihren Leib, ihr Leib barg, was vorsichtig forschend sie suchte. Er fand sie, und sie lächelte ihn an. Der Himmel kippte, über ihr das Weiße der Sternaugen. Lippen berührten sie, überall. Eine Woge nach der anderen trug sie hinweg. Eine Nacht, die nie

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