Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
Ich will sehen, wie du sie fickst! Du hast dich schon vor der Hure gedrückt, jetzt hast du keine Entschuldigungen.« Cesares Stimme überschlug sich.
Alessandro entriß Michelotto den Schlüssel und schloß die Tür auf.
Cesare sprang ihn an. »Ich erschlag dich, du Memme, wenn du sie nicht fickst!«
55. K APITEL
Silvia stand kurz vor ihrer Niederkunft: Sie keuchte vor Atemnot und konnte nirgendwo bequem sitzen, geschweige denn, leichtfüßig gehen. Giovanni schlief zwar wieder im gemeinsamen Ehebett, hatte sich jedoch geweigert, ihre Wünsche zu befriedigen. Selbst ihre geduldigen Annäherungen an ihn wies er beharrlich zurück, und seine schlaffe Männlichkeit bewies die Vergeblichkeit ihrer Versuche. Schließlich verlor Silvia die Lust nach liebevoller Vereinigung. Das Kind hatte sich gesenkt, ihr Körper bereitete sich auf die Geburt vor, und der Stolz in ihr wuchs von Tag zu Tag und verdrängte die geschlechtliche Gier.
Giovanni sorgte sich dennoch um ihr Wohlergehen, riet ihr, alle Anstrengungen zu meiden und nicht so häufig beim Schein der Kerzen an ihrem Pult zu sitzen und ihre »Geheimberichte« zu schreiben.
Gewöhnlich war er in der Stadt unterwegs, um die in Venedig erworbenen Kunstgegenstände zu verkaufen. Speiste er zu Hause, berichtete er häufig von seinem Vater, der weiterhin mit Agostino Chigi viel Geld verdiene, insbesondere durch die Alaun-Minen von Tolfa.
Silvia wünschte sich, die Frühlingstage in Frascati zu verbringen. Dort herrsche bessere Luft, sie fühle sich freier und könne auch leichter ihr Kind zur Welt bringen. Aber Giovanni bestand darauf, daß sie in Rom blieben. Für Frascati habe er keine Zeit, außerdem gebe es in Rom bessere Arzte, und allein wolle er Silvia auf keinen Fall lassen. Auch sein Vater habe gesagt …
»Ist ja gut«, unterbrach ihn Silvia. »Wir bleiben in Rom.«
Das Gespräch erstarb, und jeder aß still vor sich hin.
Giovanni trank hastig und bohrte am Ende der Mahlzeit mit seinem elfenbeinernen Zahnstocher in den Zähnen. Silvia fand, daß er dick geworden war. Sein immer schon fleischiges Kinn drohte, ein Doppelkinn anzusetzen.
Das Kind in ihr strampelte, als halte es seine Gefangenschaft in dem dunklen Frauenleib nicht mehr aus. Kurz kam Silvia die Befürchtung, sie oder das Kind könnten während der Geburt sterben. Sie wollte aber nicht daran denken. Die beiden bisherigen Geburten waren leicht gewesen, und nach aller Erfahrung weitete sich das Becken mit jeder Entbindung. Natürlich konnte das Kind falsch liegen – oder eine Krankheit – oder einfach böse Geister … Sie dachte daran, unter welchen Bedingungen das Kind gezeugt worden war. Wenn nun damals auf dem Sirenenfelsen der Keim gelegt worden war zu einem kleinen Dämon, der in ihr wuchs und sie vernichten sollte? Rosellas Sandro, der neues Leben erlangende Racheengel …
Silvia glaubte, sich übergeben zu müssen. Aber dann beruhigte sie sich, und die Übelkeit wich wieder. Sie mußte vergessen. Auch Giovanni mußte vergessen.
Und doch konnte sie Alessandro nicht aus ihrem Gedächtnis, aus ihren Gefühlen verbannen.
Er hatte die Eroberung von Imola und Forlì als Begleiter des Papstsohns überlebt und hielt sich zur Zeit in Rom in seinem Palazzo in der Nähe des Campo de’ Fiori auf. Caterina Sforza war als Gefangene im vatikanischen Belvedere untergebracht, und man erzählte sich in Rom viel von ihrer ungebremsten Wildheit und Wut. Und über Cesare Borgia, den Valentino , kursierten noch mehr Gerüchte. Täglich vergewaltige er sie, hieß es. Dann hinwiederum wurde behauptet, er habe sie nie vergewaltigt, sie sei freiwillig in sein Bett gekrochen und könne nicht genug bekommen. Cesare sei ihrer längst überdrüssig.
Silvia befragte die Besucher des Hauses, die Kunstinteressierten, die Händler, befragte sogar die Dienstboten. Und nach der Messe schwätzte sie mit ihren Nachbarinnen. Cesare war in aller Munde. Von Alessandro Farnese, dem Kardinal, hörte sie kaum etwas. Er halte nach langer Unterbrechung gelegentlich eine Messe. Man sehe ihn in den Vatikan reiten. Er beauftrage wieder Handwerker, an seinem Palazzo weiterzubauen. Er besuche oft seine Schwester. Aber das, was Silvia hören wollte, erfuhr sie nicht. Auch nicht von Rosella.
Dafür begann Giovanni immer schlechter von Rosella zu sprechen. »Sie ist eine Hexe«, sagte er. »Eine Giftmischerin. Sie hat den bösen Blick. Sie spricht mit den Toten. Sie hat Freunde in der Unterwelt. Ihr Bruder ist der reine Abschaum. Aber
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