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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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… Bleibt Ihr wenigstens bei dem Sterbenden? Ich müßte auch noch einmal weg. Versteht Ihr, man muß sein Haus richten in solch einer Stunde … Dennoch will ich wachen.«
    »Ich wache mit Euch.«
    Eine Zeitlang schwiegen beide. Dann begann Casanova erneut das Pater noster zu beten, aber nach kurzer Zeit unterbrach er sich zum zweiten Mal. »Sie sind vergiftet worden«, flüsterte er mit so leiser Stimme, daß er kaum zu verstehen war. »Oder der Pakt mit dem Teufel läuft aus.«
    Alessandro reagierte nicht, tat so, als bete er stumm vor sich hin.
    »Vor ein paar Tagen fiel dem Papst eine tote Eule vor die Füße, in der sala regia ! ›Ein böses Omen‹, hat er ausgerufen, ›ein böses Omen‹.«
    Wieder bewegte der Papst seine Lippen, und tatsächlich hörte Alessandro Flüsterlaute. Er beugte sich zu ihm hinunter, hielt sein Ohr an den Mund. »Ich komme schon, ich komme, aber warte noch ein Weilchen«, verstand er.
    »Was hat er gesagt?« wollte Casanova wissen.
    Alessandro wiederholte die Worte.
    »Seht Ihr, seht Ihr, der Teufel!« Casanova bekreuzigte sich heftig, schaute sich unruhig um. »Bleibt noch, ich komme bald wieder«, rief er mit unterdrückter Stimme. Und schon befand sich Alessandro allein mit dem Sterbenden.
    Die Zeit verrann, die Kerzen brannten herunter, nichts geschah. Der Papst rührte sich nicht, aber er schien noch zu atmen. Draußen senkte sich langsam die Augustsonne, und die Reitknechte schauten gelegentlich zur Tür herein. Zur Vesperstunde erschienen schließlich der Datarius und mit ihm der Kämmerer.
    »Es ist so still im Vatikan«, flüsterte der Kämmerer. »Alle halten die Luft an. Lebt er überhaupt noch?«
    Alessandro antwortete nicht.
    »In der Stadt selbst ist die Hölle los. Jetzt wird abgerechnet«, begann er wieder. »O Gott, die BorgiaSippe wird sich warm anziehen müssen. Weiß jemand, wie es Cesare geht? Ich glaube, der junge Stier wird überleben. Mir lief schon Michelotto über den Weg, bewaffnet, das ist kein gutes Zeichen.«
    Inzwischen war der Papst gestorben.
    Alessandro bemerkte es zuerst. Casanova machte »Pst! Pst«, aber der Datarius rief laut: »Der Heilige Vater ist von uns gegangen!«
    Und schon brach die Hölle los.
    Wie auf Befehl stürzten die Diener des Papstes herein, ohne auch nur einen Blick auf den Toten zu werfen, stemmten die Truhen auf, zerrten die Kleider aus den Schränken und rissen die Silbergefäße an sich. Ihnen folgte, den Dolch in der Hand, Michelotto mit einer Garde waffenstarrender Männer. Sie stießen die Diener zur Seite und wollten die Tür zum Nebenraum öffnen. Aber sie war verschlossen. Wutschnaubend trat Michelotto gegen sie, seine Männer ebenfalls, doch das Schloß hielt stand.
    »Den Schlüssel! Den Schlüssel her«, brüllte Michelotto.
    »Ihr habt nicht das Recht …«, wagte Casanova einzuwenden.
    Aber schon packte Michelotto ihn am Arm und hielt ihm den Dolch an die Kehle. »Auf Befehl des Herzogs von Valence: Den Schlüssel her! Wenn du ihn nicht herausrückst, werfen wir dich eigenhändig aus dem Fenster.«
    Casanova reichte ihm zitternd den Schlüsselbund, und grölend rannten Michelotto und seine Männer zur Tür, schlossen sie auf, stürzten sich auf die Truhen, die wie eisenumschlossene Sarkophage an den Wänden standen. Kaum waren sie geöffnet, brach Jubel aus.
    »Das sind mindestens zweihunderttausend Dukaten in Silber und hunderttausend in Gold«, rief Michelotto. »Und da, die Juwelen! Packt sie extra ein. Das Silber ebenfalls. Die Truhen zu Cesare, los, schleift sie hoch, und wer sich euch in den Weg stellt, gleich abstechen!«
    Alessandro stand hinter dem toten Papst und sah stumm dem Treiben zu. Neben ihm zitterte Kardinal Casanova. Der Datarius war verschwunden. Ein höhnischer Zug schien sich um den Mund des Toten zu bilden, und die Lippen hatten sich geöffnet. Die mächtige Nase, gebogen schon immer, lag wie ein Krummsäbel auf dem Gesicht. Die Augen hatten sich nicht mehr ganz schließen lassen. Unter den Lidern schimmerte eine gelbliche Masse hervor.
    Cesares Männer schleppten keuchend und fluchend die schweren Truhen durch den Raum, andere folgten ihnen mit dem Silber. Michelotto, den Sack mit Juwelen in der Hand, dirigierte sie. Zwischen ihnen die Diener des Papstes, die alles an sich rafften, was sich sonst noch wegschleppen ließ.
    Es dauerte nicht lange, bis Alessandro mit Casanova und dem Toten allein war. Man hörte die Männer durch den Palast toben, und nun drang auch Geschrei vom Platz vor

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