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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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alleine lassen!«
    »Ich lasse dich nicht allein. Alles wird gut.« Rosella strich Silvia über den Kopf.
    Die Wehen ließen nach, der Schmerz verschwand plötzlich, und sie konnte wieder normal atmen. »Ich bin noch nicht soweit, das Kind auch nicht«, flüsterte sie. »Heute ist ein Unglückstag. Wir werden beide sterben.«
    Rosella hielt ihre Hand. »Du bist stark, du wirst überleben.«
    Dann ergriff Silvia ein neuer Schmerz, diesmal noch heftiger. Sie stöhnte auf und schloß die Augen. Ja, Qualen, in ihnen lag die Bestimmung der Frau. Unter Mühen sollst du Kinder gebären . Dreimal waren die Mühen leicht gewesen, aber diesmal gab es kein Erbarmen.
    Die Schmerzen ließen erneut nach, und Silvia konnte wieder einen klaren Gedanken fassen. Es mußte früher Morgen sein, die Hähne hatten schon gekräht, aber es dämmerte noch nicht. Sie lagen alle im Stroh eines leeren Stalls, unterhalb der Burg der Monaldeschi, hierhergeführt von einem Schäfer, der sie in der Nähe des Ortes aufgelesen hatte. Sie hatten Capodimonte längst hinter sich gelassen. Warum hatte man sie in die falsche Richtung geschickt? Warum nur hatte man ihnen das angetan? Aus bloßem Mutwillen? Zwei Nächte mußten sie im Freien verbringen, am Tag kamen sie nicht viel weiter, weil sie in der großen Hitze immer wieder pausieren mußten. Schließlich, schon in der Nähe von Bolsena, hatte der Schäfer sich ihrer erbarmt. Aber auch er war nicht in der Lage, sie nach Capodimonte zu bringen. Nun konnte sie nicht mehr reiten, ihr Zustand machte es unmöglich, und ein Ochsenkarren war nicht aufzutreiben.
    Daher mußte sie in einem Stall niederkommen! Über ihr warfen die Burgbewohner die Abfälle herab, Speisereste, verendete Tiere, Kot. Neben dem Stall wühlten Schweine nach Eßbarem, Ratten huschten umher. Aber wenigstens war es warm im Stroh. Und die Kinder hielten sich tapfer – solange ihre Vögel noch lebten! Der Schäfer hatte sie zumindest mit Brot versorgt, mit Obst und Oliven, mit Milch und Käse, sogar mit Honig für die Kinder …
    Und wieder begann die nächste Welle der Wehen, sie fühlte den Schmerz heranrollen, dann brandete er an, schäumte unerträglich hoch. Sie biß sich auf die Lippen, um nicht loszuschreien. Nein, so war es bei den anderen Kindern nicht gewesen. Sie stöhnte auf. Rosella preßte wieder ihre Hand.
    »Soll ich mich jetzt schon auf den Weg machen und eine Hebamme suchen?«
    O Gott, warum mußte sie im letzten Augenblick in die Irre geführt werden! Capodimonte hatte in greifbarer Nähe gelegen, sie hätten es sehen müssen. Warum nur, warum … und warum jetzt eine so schwere Geburt? Silvia spürte es, sie wußte es. Vielleicht lag das Kind nicht richtig …
    Warum schrie sie nicht einfach los?
    Wieder die Erleichterung. Wieder ein klarer werdender Kopf. Dämmerte es draußen nicht schon? Die Kinder bewegten sich schliefen aber … wenigstens sie schliefen … ein Teil der Mägde war davongelaufen, sie hatten nur gejammert … tagsüber die brütende Hitze … Wasser, sie mußte trinken, sie mußte sich bequemer betten … ein Kind in diesem Schmutz, fern von Rom, fern von Frascati … o Gott, sie würde sterben, und nicht nur sie, auch das Kind mußte sterben, Alessandro weit, seine Mutter dagegen ganz in der Nähe, aber sie wußte ja nicht … Konnte sie nicht Rosella nach Capodimonte schicken, um Hilfe zu holen? Nein, nicht Rosella. Sie brauchte Rosella, und außerdem sah in ihr jeder die Hexe … Warum denn waren sie im Schloß abgewiesen worden, warum verschloß sich jede Tür vor ihnen, obwohl sie doch drei kleine Kinder dabeihatten? Die Hexe mit dem bösen Blick, sie holte den Satan ins Haus, sie wünschte alle Krankheiten herbei, brachte den Kindern den Tod, verursachte Hunger und Mißernten, Unfruchtbarkeit und Armut … Ja, da blieb nur der Stall. Und nun kam auch noch eine schwere Geburt hinzu, sie spürte, wie der ganze Körper sich sperrte, wie das Kind keinen Weg fand, vielleicht keinen Weg finden wollte. Jetzt löschte Gottvater sie aus. Er strafte sie für den Ehebruch, für Giovannis Tod, für den Tod des Vaters, der Mutter …
    Es war so sinnlos.
    »Und weinend, leidend fühl ich innerlich: Mein kurzes Leben hab ich wohl vertan. Ja, düster seh ich meine letzte Stunde nahn.« Leise flüsterte Silvia die Zeilen vor sich hin. Rosella hatte recht behalten.
    Rosella schüttelte aber den Kopf und begann zu singen:
    »Dann blühen rote Rosen auf dem Schnee Der Wangen; rote Lippen öffnen sich

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