Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
ruderten Rosellas Beine und ließen soviel Wasser überschwappen, daß Silvia ganz naß wurde. Silvia ließ sie wieder los, und prustend tauchte Rosella auf, schnappte nach Luft, starrte sie mit aufgerissenen Augen an.
»Mach das nicht noch einmal!«
Silvia lachte sie aus. »Man braucht keine Steine!«
»Du weißt nicht, zu was ich fähig bin!« schrie Rosella.
Silvia lachte noch immer, und Rosella wollte nach ihr schlagen, aber Silvia wich geschickt aus und riß ihren Fuß in die Höhe, so daß sie wieder untertauchte. Aber diesmal hielt sie sich an dem Zuberrand fest, und ihr Kopf erschien sofort wieder über dem Wasser. »Das wirst du mir büßen, Piccolina!«
Rosella klang wirklich drohend; ihr Gesicht war vor Wut verzerrt. Die Haare hingen in Strähnen über den Augen, sie zog die Oberlippe hoch, so daß sie die Zähne wie zum Beißen entblößte. Aber blitzschnell fing sie sich wieder und lachte. Sie lachte lange, und zum Schluß quetschte sie nur noch bellende und stoßende Laute aus sich heraus, mit verzerrter Miene. Dann wurde sie ernst.
»Den Farnese kenne ich seit dem Überfall, wie du.« Rosella erhob sich aus dem Wasser, ließ sich ein großes Leinentuch reichen.
Silvia gab es ihr. Während Rosella ihren schweren, vollbrüstigen Körper bedeckte, drängte sich ihr wieder das Bild auf, wie sich ihr Vater so hündisch mit diesem Körper gepaart hatte.
»Mein Vater müßte dich auspeitschen lassen, du verlogene Hure!« Silvia hatte plötzlich eine nicht zu unterdrückende Wut ergriffen. Ruhig verknotete Rosella das Tuch unter ihrer Schulter. Dann hob sie den Kopf und schaute Silvia lange von oben herab an. »Du wirst noch viel lernen müssen, Piccolina, sonst wirst du dein Leben lang eine Gefangene bleiben – deines Vaters, deines Mannes, der Kirche. Du wirst eingesperrt bleiben im Haus und wirst einmal eine fette, dumme, langweilige Matrone, die bei der Geburt irgendeines ihrer Kinder von Schmerzen zerrissen wird und dann krepiert.«
Rosella stand vor ihr, hochaufgerichtet, mit funkelnden Augen, mit verzerrten Lippen und bleckenden Zähnen, und hob den Arm. Silvia bückte sich unwillkürlich.
Sie wußte nun, Rosella war nicht nur eine dämonische Hure, sondern auch eine Hexe. Sie hatte den Vater verhext, und nun wollte sie auch die Tochter verhexen. Von einem plötzlichen Heulkrampf erfaßt, eilte Silvia aus dem Zimmer, rannte zu dem kleinen Sandro, den sie seiner Amme aus den Armen riß. Er lächelte sie an, ihre Tränen versiegten, und sie trug ihn auf die Dachterrasse, wohin ihr die Amme nicht folgte, weil sie glaubte, dort oben könnten Geier herniederstoßen und das Kind rauben. Abergläubische Vorstellungen ungebildeter Weiber! Der kleine Sandro ruderte mit seinen Ärmchen und brabbelte fröhlich vor sich hin. Silvia schaute ihn an und sah plötzlich Alessandros Augen vor sich. Ja, es gab keinen Zweifel, das Kind mußte von Alessandro stammen, nicht von ihrem Vater. Rosella lockte mit magischen Kräften die Männer an, und um Macht über sie zu gewinnen, benutzte sie deren Gier auf einen bereitwilligen Körper.
Silvia überlegte, ob sie ihren Vater aufklären und sich mit ihm gegen Rosella verbünden sollte. Aber wenn Rosella ihn tatsächlich verhext hatte, würde er seine einzige Tochter wieder ins Kloster stecken … Die Mädchen wurden von einem Gefängnis zum anderen verschoben, in diesem Punkt hatte Rosella recht. Auch jetzt mußte sie wieder ein elendes Leben führen, ein langweiliges Leben. Nur der kleine Sandro stellte einen Lichtblick dar, obwohl er sie mit seinen Augen anschaute … Oder weil sie Alessandros Augen wiederfand?
Silvia verzog sich in ihr Zimmer. Sie setzte sich an ihr kleines Schreibpult, holte zwei Kerzen und Papier, ließ lange ihren Blick auf dem Marmorrelief ruhen, auf der Frau, die dem Mann das Kind reichte, auf der umgedrehten Fackel, und schrieb Alessandro schließlich einen langen Brief. Sie schüttete ihm ihr Herz aus und erzählte von ihrer Liebe, von der Langeweile, von der Hexe Rosella und auch davon, daß der kleine Sandro seine Augen habe.
14. K APITEL
Giulia hatte die Tür verschlossen, öffnete aber schnell, als sie hörte, wer klopfte. Sie trug ein langes weißes Hemd. Ihre Haare waren schon aufgelöst und fielen ihr bis über die Hüften. Alessandro schlüpfte in ihr Zimmer und küßte sie zur Begrüßung auf die Wange.
»Was hast du gerade getan?« fragte er. »Du zitterst ja.«
»Ich habe gebetet.«
Er schaute sie fragend an und drückte
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