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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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sagen. Ich werde Kinder in die Welt setzen und großziehen.« Sie seufzte erneut. »Im Grunde habe ich auch keine Angst vor dem ersten Mal, aber ich habe Angst vor den Geburten. Die Mägde malen die Schmerzen in allen Farben aus, und auch unsere Mutter betont immer wieder, wie sehr sie unter unserer Geburt gelitten hat … und so viele Frauen sterben dabei …«
    Alessandro küßte Giulia auf den Kopf, und sie schlang die Arme um ihn. »Du wirst nicht sterben. Ich werde dich immer beschützen!«
    »Du?« Ihre Stimme klang liebevoll spöttisch. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Du mußt dich erst einmal selbst beschützen.«
    Eine Weile saßen sie stumm nebeneinander. Schließlich schlug Giulia vor, nach Angelo zu schauen, und so gingen sie Arm in Arm zu ihrem älteren Bruder. Sie trafen ihn bei trübem Öllicht über ein Buch gebeugt an. Er schaute nicht auf, als sie sich neben ihn stellten.
    »Angelo, Bruder, willst du uns nicht begrüßen?« fragte Alessandro. »Du wirst mich lange Zeit nicht mehr sehen.«
    »Ich habe dich ja auch früher nicht oft gesehen«, antwortete Angelo mit dumpfer Stimme.
    Alessandro und Giulia schauten sich fragend an.
    »Was liest du?« fragte Giulia nach einer Pause.
    Angelo ruckte unsicher auf seinem Hocker hin und her, schaute aber nicht auf und antwortete nicht.
    Alessandro nahm das Buch in die Hand und las laut den Titel: » Confessiones .« Er mußte auflachen. »Der zukünftige Bannerträger der vatikanischen Truppen liest die Bekenntnisse eines Kirchenvaters. Glaubst du, mit Augustinus’ Seelenbeschau Schlachten gewinnen zu können?«
    Angelo zuckte mit den Achseln.
    Giulia strich ihm über den Kopf, und weil er noch immer nicht reagierte, beugte sie sich zu ihm herunter und hielt ihre Wange an seine Wange. »Du weinst ja!« rief sie erschrocken.
    Auch Alessandro sah, wie Tränen auf das Papier tropften. Er wollte erneut lachen, aber sein Hals schnürte sich zusammen.
    »Angelo, was bedrückt dich?« Giulia und Alessandro fragten gleichzeitig.
    Angelo hob sein tränennasses Gesicht. »Ich kann es nicht.«
    »Was kannst du nicht?« fragte Alessandro.
    »In wenigen Monaten soll ich mich dem venezianischen Heer anschließen, das gegen die Türken zieht. Ich soll sogar einen Trupp Fußsoldaten anführen. Ich kann es nicht.«
    Alessandro richtete sich abrupt auf und trat einen Schritt zurück. »Du bist der Erstgeborene«, sagte er mit einer Kälte in der Stimme, über die er selbst erschrak. »Du erbst unser Lehen, du bist von uns beiden der Soldat.«
    Giulia kniete sich neben Angelo, nahm seine Hand und versuchte, ihm in die Augen zu schauen. »Du wirst es schaffen, und wenn du zurückkommst, werden wir alle stolz auf dich sein. Und aus Venedig wirst du eine Prinzessin mitbringen.«
    »In Venedig gibt es keine Prinzessinnen.«
    »Dann heiratest du eben eine Sforza aus Mailand oder eine Este aus Ferrara.« Giulia gab ihm einen ermutigenden Klaps.
    »Ich werde nie heiraten«, schluchzte Angelo auf. »Ich werde vorher sterben.«
    Während Giulia Angelo tröstend über den Rücken strich, spürte Alessandro einen aufkeimenden Widerwillen gegen seinen Bruder. Angelo ließ sich gehen und jammerte wie ein Waschweib. Aber wer hatte im Kerker gesessen? Wer hatte sich vier Jahre lang in dunklen Skriptorien herumdrücken müssen, während Angelo frei war, seinen Neigungen nachgehen, ausreiten und jagen durfte?
    »Der Papst will mich in den Tod schicken«, flüsterte Angelo und wischte sich anschließend die Tränen aus den Augen. »Die Türken sollen mich aufspießen.«
    »Das bildest du dir alles ein«, rief Alessandro. »Du sollst dich bewähren.«
    »Der Papst glaubt, ich würde zusammen mit den Orsini und den Sforza planen, ihn zu stürzen.« Angelo schneuzte sich, schaute aber noch immer nicht auf, sondern hockte mit krummem Rücken vor den Confessiones . »Daher schickt er mich weg. Was habe ich mit den Venezianern zu schaffen! Ich würde am liebsten in ein Kloster gehen, zu den Franziskanern.«
    »Hast du das schon unserer Mutter mitgeteilt?« fragte Alessandro.
    Angelo schüttelte den Kopf.
    »Dann können wir ja tauschen«, fuhr Alessandro fort. »Du wirst Skriptor, und ich führe dein Trüpplein Söldner. Aber dann erbe ich auch Titel und Lehen und werde heiraten.«
    Angelo schwieg.
    »Nun sag doch was, Angelo!« rief Giulia und schüttelte ihn. »Alessandro hat recht.«
    Angelo erhob sich, stellte sich in die Fensternische und schaute mit eingezogenen Schultern schweigend

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