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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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tagt. Ich möchte Euch meinen Philosophen, Gelehrten und Dichtern vorstellen.«
19. K APITEL
    Als Silvia zum ersten Mal wieder auf die Dachterrasse gehen durfte, fühlte sie sich geblendet vom Licht, und sie mußte sich auf Rosella stützen, die sie begleitete. Die Stadt Rom war ihr fremd geworden, und sie drängte darauf, wieder in das Halbdunkel des Hauses zurückzukehren. Eine Weile saß sie mit Rosella zusammen, den Rosenkranz in den gefalteten Händen.
    »Bleib noch ein Weilchen!« bat sie, als Rosella aufbrechen wollte. Aber diese schüttelte nur den Kopf. »Ich möchte deinem Vater nicht begegnen.«
    »Er ist selten zu Hause.«
    Rosella schaute prüfend auf ihre gepflegten Hände. »Weißt du, dein Vater … Schade … Aber ich bin und bleibe nur eine Magd … Wenigstens Sandro geht es gut.«
    Silvia wußte nicht, was sie darauf entgegnen sollte, und nickte. Dann schaute sie Rosella mit flehenden Augen an. Doch Rosella schaute über sie hinweg und verließ das Zimmer.
    Silvia blieb eine Weile versunken sitzen, setzte sich schließlich an ihr Schreibpult, holte sich ein Blatt hervor und steckte zwei Kerzen an. Sie betete stumm zur Jungfrau Maria und spitzte anschließend ihre Feder. Mit langsamen Bewegungen öffnete sie das Tintenglas, tauchte die Feder ein und schrieb auf ihr Papier: »Lieber Alessandro!« Aber schon nach der Anrede legte sie die Feder beiseite. Immer wieder während der zögerlichen Genesung versuchte sie, ihrem Retter, ihrem fernen Geliebten, zu schreiben, aber nie fand sie die richtigen Worte. Und je länger sie nach Worten suchte, desto nichtiger erschien ihr, was sie schreiben wollte. Nun war Alessandro, das hatte Rosella erzählt, nach Florenz abgereist. Von wem sie es wußte, blieb Silvia unbekannt. Überhaupt wurde Rosella ihr immer mehr zu einem Rätsel. Nach dem letzten heftigen Streit mit dem Vater hätte sie das Haus verlassen sollen, aber dann blieb sie doch und pflegte sie während ihrer Krankheit. Mit dem Vater stritt sie nicht mehr. Aber Silvia sah beide auch nicht zusammen.
    Es war inzwischen Frühjahr des Jahres 1487, Silvia erinnerte sich kaum an das Ende des Winters. Sie hatte mit dem Tod gekämpft – oder mit dem Wahnsinn. Oder mit beidem. Es klang ihr noch ein Vers in den Ohren, ein eigener. War Rosella nicht da, saß der Vater am Bett und tupfte ihre Stirn ab. Silvia hörte ihn beten und weinen, ja endlos schluchzen. Zwischendurch sah Silvia lichtdurchflutete, rotgesprenkelte Ebenen, sah sich durch diese Ebenen reiten. Dann wieder stand der Überfall vor ihren Augen, die Mutter im Griff der stinkenden Männer.
    »Nicht auch noch sie, mein letztes Kind!« hörte sie den Vater flüstern. »O Herr, warum mußt Du mich so prüfen?«
    Silvia quälte der Durst, und sie bat um Wasser. Der Vater ging selber.
    Und später saß dann Rosella an ihrem Bett und sang.
    So mußten Wochen verstrichen sein.
    Aber schließlich wurde Silvias Gemüt wieder klarer, und langsam fühlte sie sich gesunden. Rosella erschien nun in einem lichtgrünen Taftkleid mit geschlitzten Ärmeln und einem tiefen Ausschnitt. Sie duftete nach Rosen, und eine schwarze Dienerin folgte ihr.
    »Ich habe jetzt einen eigenen Palazzo«, rief sie stolz. »Er liegt nicht weit von hier.«
    Die schwarze Dienerin fächelte ihr kühle Luft zu. Rosella schien auf Silvias Reaktion zu warten. Aber Silvia schwieg und dachte an Sandro.
    »Und wirst du deinen Kleinen jetzt zu dir nehmen?« fragte sie mit schwacher Stimme. Es waren die schönsten Stunden am Tag, wenn die Amme Sandro zu Silvia ans Bett brachte und die beiden miteinander spielten. Das Kind war wieder zutraulich, und sie erlebte mit ihm keine verwirrenden Veränderungen mehr.
    »Ich lasse ihn dir«, antwortete Rosella lächelnd, »und deinem Vater. Der Junge soll es mal besser haben als ich und meine Brüder. Selbst wenn ich Geld besitze und einen eigenen Palazzo – ich werde doch immer die Kurtisane bleiben, die Hure, die Magd. Wenn ich die Männer nicht mehr anziehe, dann werfen sie mich weg. Schon jetzt muß ich kämpfen. Es gibt jüngere Frauen. Aber mein Vorteil ist die Erfahrung – und außerdem die Magie.« Sie lächelte wieder. »Ich kann mit Toten sprechen, und sie sagen mir die Zukunft voraus.«
    Silvia sah sie skeptisch an.
    »Manchmal glaube ich es selber.« Rosella lachte kurz auf und zog ihre Perlenketten zurecht.
    »Du wirst noch einmal auf dem Scheiterhaufen enden«, flüsterte Silvia.
    »Du hörst dich schon wie dein Vater an.« Rosella sprach

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