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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Lokalpolitiker und auch nicht das alles zusammen. Über den habe ich noch nichts geschrieben.«
    »Hättest du wenigstens eine Idee, wie ich weitermachen soll? Wo ich mit meiner Suche anfangen könnte?«
    »Tja«, sagte er. »Tja.«
    Eine schöne Hilfe, dieser Journalistenfreund. Derart fantasielos war er sonst nur in stocknüchternem Zustand.
    »Fatty meinte, ich solle es in Neuenheim versuchen. Vorzugsweise die Gegend um die Bergstraße und darüber, am Hang.«
    »Ja, klingt vernünftig. Wenn er gegen alle Wahrscheinlichkeit in Heidelberg wohnen sollte, dann dort.«
    »Oder im Schlosswolfsbrunnenweg.«
    »Nein«, entgegnete Covet, und zum ersten Mal klang er, als wüsste er, wovon er sprach. »Dort oben nicht. Diese Pappenheimer kenne ich alle persönlich, jeden Einzelnen. Samt Vergangenheit. Und Zukunft. Such dir nächstes Mal einen von denen aus, dann erzähle ich dir eine Romantrilogie über deinen Klienten.«
    »Werde ich mir merken.«
    »Apropos Neuenheim. Hör doch mal in deiner Lieblingskaschemme nach, dem Englischen Jäger . Wenn der Typ dort in der Nähe wohnt, kennt man ihn und seinen unappetitlichen Wagen. Von deinen Proletariern hat bestimmt schon einer gegen diesen BMW gepinkelt.«
    »Meine Proletarier«, erwiderte ich, »pinkeln nicht gegen bernsteinfarbene, pardon: beigefarbene Bonzenkarossen. Die haben den bewaffneten Kampf aufgegeben und vertrauen nun ganz auf die Macht des Wortes. Das der liberalen Presse zum Beispiel.«
    »Dazu müssten sie lesen können«, murmelte er. Unsere Diskussionen, wie lange Marc noch guten Gewissens der Reaktion (jawohl, der Reaktion, aber natürlich auch der Redaktion) seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen und wann er endlich zur taz oder wenigstens zur Süddeutschen wechseln werde, sind Legion. Wenigstens Freiberufler könnte er doch werden. Tausendmal habe ich ihm vorgerechnet, dass ihm Marc Covets Spirituosenführer Millionen einbrächte. Wenn er ihn nur einmal schriebe. Alles vergebens.
    »Im Ernst«, meinte er, »da sitzen doch genug von diesen Eingeborenen rum, die den Neckar nur mit Reisepass überqueren. Hör dich dort mal um.«
    »Danke für den Tipp, Marc. Aber auf den Gedanken bin ich selbst schon gekommen.«
    »Weil er angesichts von Marias Pommesportionen so naheliegend ist. Klar. Wie würdest du eigentlich die Farbe frischer Pommes frites beschreiben? Ist das auch beige für dich?«
    »Nein, whiskyfarben natürlich«, lachte ich. »Wie fritierte Rotkehlchenbrust. Kartoffel im Messingbad.«
    »Schade, dass ich keine Flasche Trollinger mehr dahabe. Um sie dir über den Schädel zu ziehen.«
    »Das würdest du nicht, wenn du wüsstest, wie ich aussehe.«
    »Weiß ich doch. Und zu verschlimmern gibt es da nichts.«
    »Hör zu, Hemingway, wenn dir in der Redaktion eine Vermisstenmeldung begegnet, sagst du mir Bescheid. Ein hagerer Mann um die 70, dunkle Augen, Hakennase, leicht verwahrlost. Okay?«
    »Jaja.« Er seufzte mal wieder.
    »Leute wie dich kann man immer brauchen.«
    »Schön wärs.«
    Mehr war an diesem Tag nicht aus dem Journalisten herauszuholen. Er versprach mir noch, einen Kollegen zu fragen, der einen kannte, dessen Schwester einen Polizeihauptmeister geheiratet hatte. Oder heiraten wollte. Vielleicht war dort eine Vermisstenanzeige eingegangen, oder es gab Hinweise auf meinen anonymen Auftraggeber. Erwarten solle ich aber nichts, sagte Covet; aus diversen lokalpolitischen Gründen sei die Zusammenarbeit mit der Polizei momentan nicht optimal. Na, wem sagte er das! Wir jammerten noch ein wenig über die schlechten Zeiten, dann legten wir auf.
     
     

12
    Gegen halb sechs kam der Ungar. Na, endlich! Im Schlepptau einen weißblonden Schlaks mit hängenden Schultern und einer Brille aus getöntem Panzerglas. Beim Versuch, sich hinter seinem zu kurz geratenen Vater zu verstecken, stolperte er fortwährend über die eigenen Füße. Der sollte mir weiterhelfen? Meine Pechsträhne schien überhaupt kein Ende mehr zu nehmen. Die beiden steuerten einen einsamen Tisch am anderen Ende des Raumes an. Maria schüttelte den Kopf und zeigte auf uns; Tischfußball-Kurt schnippte wild mit den Fingern. Seine Dackel schreckten aus einem gemeinsamen Nickerchen.
    Nun begann das Drama: Die zwei Neuankömmlinge wollten sich nämlich nicht zu uns setzen. Das heißt, der Alte wollte schon, aber der Junge nicht. Zierte sich, bockte, schüttelte ängstlich den Kopf, während ihm sein Vater gut zuredete. Ein Hin und Her war das! Zu guter Letzt saßen sie doch bei uns

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