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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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sei ein illegal geborener Prinz gewesen, dessen Existenz irgendwem ein Dorn im Auge war. Deswegen haben sie ihn schon als kleines Kind eingesperrt. Bis er dann doch irgendwie freikam.«
    »Tolle Theorie. Damit kann ich im Solinger Fall natürlich sehr viel anfangen. Wir können ja mal die Adelshäuser der Welt abklappern, um rauszukriegen, wo jemand fehlt. Das wäre doch eine schöne Aufgabe für dich.«
    »Mir ist schon klar, dass du das ironisch meinst. Aber du weißt ja, dass ich sehr gerne deine Assistentin bin. Denk an mich, wenn du Hilfe brauchst.«
    »Finanzielle Hilfe wäre mir lieber.«
    »Aber Remi! Erstens: Meine Unterstützung als Assistentin ist finanzielle Hilfe, denn ich nehme ja kein Honorar von dir. Und zweitens: Jeder soll sich sein Geld selbst verdienen. Und du brauchst dich doch nicht zu beklagen. Hast du einen Fall oder nicht? Und wie ich dich kenne, hast du Frau Weitershagen sicher nicht deinen Sonderspartarif angeboten, oder?«
    Ich schwieg. Es hatte keinen Zweck, mit Jutta über Geld zu reden. Ich musste es einfach lernen. Ich nahm einen Zettel und schrieb es auf: »ES HAT KEINEN ZWECK«.
    »Ich würde sagen, wir beenden jetzt das Gespräch«, sagte ich dann.
    »Wieso? Ist es dir unangenehm?«
    »Nein, aber es ist gleich sechs. Bevor ich noch mal nach Solingen fahre, würde ich gerne etwas fernsehen.«
    Jutta seufzte. »Wie profan! Ich habe ja seit neuestem eine viel anspruchsvollere Beschäftigung gefunden.«
    »Ach? Was denn? Kreuzworträtsel?«
    »Ignorant! Du wirst es nachher sehen. Es ist eine Überraschung.«
    »Was heißt denn ›nachher‹?«
    »Na, ich gehe davon aus, dass du mir mitteilst, was du in Solingen rausgefunden hast. Wahrscheinlich wird dabei das ein oder andere Problem auftauchen, und dann kommst du angelaufen. Das kennen wir doch schon.«
    »Das werden wir sehen«, sagte ich. »Ich komme ganz gut allein zurecht.«
    »Wir können ja wetten.«
    »Da kann ich nur gewinnen. Ich habe nämlich kein Geld, wie du weißt.«
    »Nicht um Geld. Wenn du verlierst, musst du dich eine Stunde mit meinem neuen Hobby beschäftigen.«
    Es war punkt achtzehn Uhr, als ich den Fernseher einschaltete. Die Sendung lief täglich auf Sat1 und dauerte genau eine halbe Stunde. Da waren Detektive zu sehen, die sich so richtig dämlich anstellten. Trotz ihrer Dämlichkeit waren sie sehr erfolgreich, und das lag daran, dass die Bösewichter in den Fällen noch viel, viel dämlicher waren.
    Es ging immer damit los, dass eine heulende Ehefrau oder Geliebte oder Mutter in der pinkelfeinen Kanzlei eines zwirbelbärtigen Anwalts in München auftauchte, der sich dann väterlich verständnisvoll anhörte, dass der Mann vielleicht fremdging, der Sohn vielleicht mit Drogen dealte oder die Urlaubsliebe mit geliehenen zwanzigtausend Euro durchgebrannt war. Der Boss beauftragte dann regelmäßig das, was er sein »Team« nannte: einen Kerl, der aussah wie ein Sportstudent in Semesterferien, und eine Frau vom Typ selbstbewusste Jungreporterin. Die beiden überwachten am Anfang meistens zunächst Personen. Da wurde sich einfach in einer Vorortsiedlung dick und breit vors Haus der Zielperson gestellt und mit einer monstermäßigen Digitalkamera gefilmt, die auch bei allen Einsätzen dabei war - gewöhnlich in einer Tasche mit bierdeckelgroßem Loch verborgen.
    Bei Geldübergaben folgte dem Geldboten ein ganzer Tross von beleuchteten Fahrzeugen, die den bösen Geiselnehmern überhaupt nicht auffielen. Im Notfall war immer plötzlich eine ganze Truppe von Polizisten zur Hand, die sich auch brav von dem Zwirbelbärtigen herumkommandieren ließ und im Übrigen auch immer gleich mit allem herausrückte, was man so brauchte: Akten, Daten zu Kfz-Kennzeichen, Vorstrafenregister bestimmter Personen und und und. Vielleicht sollte ich Hauptkommissar Mölich diese lehrreiche Sendung mal empfehlen, dachte ich.
    Um halb sieben schaltete ich auf Pro7 um und guckte noch den Anfang einer alten »Simpsons«-Folge. Es war die Geschichte mit dem Engel-Skelett auf der Supermarktbaustelle. Sie war gut, aber ich kannte sie schon. Deswegen zappte ich um Viertel vor auf Kabel 1, wo gerade »Eine schrecklich nette Familie« anfing. Ach, die Sache mit dem Kaufhaus-Weihnachtsmann, der mit einem Sack voll Gutscheine den Bundys in den Garten stürzt. Auch bekannt. Ich guckte die Folge trotzdem.
    Zwischendurch schob ich eine Pizza in die Mikrowelle. Um halb acht machte ich mich wieder auf den Weg nach Solingen.

3. Kapitel
    Das »Luzifer« war zu

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