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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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gewaltloser Typ. So einer von diesen Sanften. Er hat immer irgendwelche philosophischen Sprüche draufgehabt und davon geträumt, mit der Natur in Harmonie zu leben. So einer bringt doch kein Kind um. Außerdem: Wenn er es getan hätte, dann hätte er doch sicher die Leiche beseitigt.«
    »Vielleicht war er gerade dazu nicht kaltblütig genug.«
    »Kriegen Sie es raus«, sagte Fischer. »Sie sind der Ermittler.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das kann alles nicht sein.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Woher wissen Sie von der Auswanderung? War er hier und hat Ihnen gesagt, dass er an einem bestimmten Tag fliegt? Oder wie haben Sie davon erfahren?«
    »So ähnlich war es. Ich war draußen beschäftigt.«
    »Mit CD-Abschießen?«
    Er lächelte. »Nein. Manchmal muss ich mich auch um die Pflanzen kümmern. Vor allem im Frühjahr. Ratnik kam den Weg herunter. Genau wie Sie heute.«
    »Allein? Ohne Frau und Kind?«
    »Allein. Er stellte sich an den Zaun und sagte, es habe nun endlich geklappt. Sie würden bald aufbrechen. Dann ist er wieder gegangen.«
    »Das war alles? Keine Einladung zum Abschied oder so was?«
    Fischer lachte. »Sie können sich nicht vorstellen, was für ein Typ Ratnik war. Der hat nur ganz wenige Worte verloren. Und man hat ihn ja kaum zu Gesicht bekommen. Einladungen und so was - das gab's nicht.«
    »Was wissen Sie über die Frau?«
    »Gar nichts.«
    »Aus welchem Land kam sie?«
    »Schwer zu sagen. Sie sprach kaum.«
    »Und das Wenige, was sie sagte? Wie hörte sich das an?«
    »Darüber habe ich mir damals schon Gedanken gemacht. Erst dachte ich, es sei Spanisch. Aber es klang etwas anders.«
    »Wie anders?«
    »Hm - näselnd, würde ich sagen. Nein, ich glaube, es war kein Spanisch. Es war eher Portugiesisch.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Sie hat mit Ratnik ein paar Worte gewechselt; er hat mit ihr in der Fremdsprache gesprochen. Nur ganz wenig. Ich weiß es nicht mehr.«
    »Kam es vor, dass die Familie auf der Hütte von irgendwem Besuch bekam?«
    »Wenn es so war, ist es mir jedenfalls nicht aufgefallen. Da war sowieso nichts los. Ratnik hat ab und zu die Hütte verlassen; ich sah ihn gelegentlich am Haus vorbeigehen in Richtung Hauptstraße. Die Frau und das Kind blieben wohl oben.«
    »Wissen Sie vielleicht, wo die Frau herkam? Ich meine, wo er sie kennen gelernt hat?«
    »Nein.«
    »Hatte er ein Auto?«
    »Dieser Öko-Typ? Nein.«
    »Wie haben die sich denn da oben ernährt? Von was haben sie gelebt? Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Ja. Ich habe ihn das auch gefragt. Ganz am Anfang. Die haben das gut hingekriegt. Ratnik war Zimmermann. Und er jobbte ab und zu in einer Zimmerei in Wiehl. Da hat er so viel Geld verdient, dass er das Nötigste kaufen konnte.«
    »Wie hieß die Zimmerei?«
    »Der Chef heißt Zichorius.«
    »Das wissen sie aber noch ziemlich genau.«
    »Ja, aber nur deshalb, weil die Firma mir oben einen neuen Dielenfußboden verlegt hat.«
    »Hat Ratnik den gemacht?«
    »Nein, das war früher. Als Ratnik mir erzählte, dass er da angefangen hat zu arbeiten, ist mir nur der Zufall aufgefallen. Er hat für diese Zimmerei wohl sehr unregelmäßig gearbeitet. Mehr als Aushilfe. Ich glaube, sein Traum war, völlig autark zu leben. Aber so ganz hundertprozentig hat er das nicht geschafft. Das sollte dann in Kanada klappen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht verstehen, wie eine Familie dort oben leben kann. So abgeschieden.«
    »So wahnsinnig abgeschieden ist das gar nicht. Man ist immerhin nach zwanzig Minuten Fußmarsch an der Haltestelle zum Bus nach Gummersbach.«
    »Aber ohne Strom. Ohne Heizung.«
    »Manche Leute sind eben abgehärtet.«
    »Ja. So wird es wohl sein.« Plötzlich spürte ich Müdigkeit in den Knochen. Meine Füße taten weh, und die Information mit der Bushaltestelle, zu der man noch ein Stück laufen musste, brachte mich auf die Frage, wie ich zum Wagen zurückkam.
    »Haben Sie hier ein Telefon?«, fragte ich. »Ach, Quatsch, ich habe ja ein Handy. Andere Frage: Findet hier ein Taxi her?«
    »Wo müssen Sie denn hin?«
    »Mein Wagen steht bei Broichs.«
    »Ich kann Sie rüberbringen. Ich habe ein Auto.« Er stand auf. »Kommen Sie. Es steht in der Garage.«
    »Ich will Sie aber nicht länger vom Musikhören abhalten.«
    »Für heute habe ich sowieso genug.«
    Wir verließen das Haus. Als Fischer sein Fahrzeug aus der Einfahrt bugsierte, traute ich meinen Augen nicht. »Sie fahren das gleiche Auto wie ich«, sagte ich, als ich mich

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