Bericht vom Leben nach dem Tode
Einbruch der Dunkelheit auch die Sender ferner oder schwächerer Radiostationen klarer zu empfangen sind. Jedenfalls hat der Wunsch nach Dämmerlicht bei seriösen Medien nicht das geringste mit Mystifikation und theatralischem Brimborium zu tun, wie allzu naive Skeptiker gern behaupten, die ihre begründeten Zweifel an der »Echtheit« von Varieté-Zauberern undifferenziert auf psychische Medien übertragen.
Wir schnallten uns auf unseren Sitzen an, als wäre es ein Flug wie jeder andere auch. Miß Tafe saß zwischen Dr. Webster und Mr. Goldstrom. Sie ließen das Medium während der ganzen Séance nicht aus den Augen und hielten seine Hände fest. Manipulationen, welcher Art auch immer, waren ausgeschlossen. Niemand hatte zuvor das Flugzeug betreten können, die meisten Teilnehmer hatten erst auf dem Flugplatz einander kennengelernt. Das Mitbringen und Verstecken eines Tonbandgerätes – eine Idee, auf die nur der Argwöhnische der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kommen kann – hätte nicht unbemerkt bleiben können, denn damals waren solche Apparate noch so groß wie ein Handkoffer, ihre Bedienung war verhältnismäßig kompliziert und die Tonwiedergabe so unvollkommen, daß das Abspielen eines Tonbandes keinen Menschen hätte täuschen können.
Wir stiegen bis zu einer Höhe von ca. zweitausendvierhundert Metern auf. Durch die Vibration der Motoren löste sich die provisorische Verdunklung von den Fenstern, aber die Helligkeit, das ständige Aufblitzen der Positionslampen an den Flügelspitzen der Maschine schien Miß Tafe nicht zu irritieren. Sie war in wenigen Minuten in tiefer Trance, und plötzlich vernahmen wir alle eine Stimme, die aus ihrem Mund kam und doch gleichsam über dem Motorengeräusch zu schweben schien. Es war ohne jeden Zweifel die Stimme Conan Doyles. Jeder, der ihn persönlich gekannt hatte, hielt einen Irrtum für ausgeschlossen. Doyle sagte zu Goldstrom, daß er sich genau daran erinnere, ihm seinerzeit vorgeschlagen zu haben, Telepathie im Flugzeug auszuprobieren. Nun gut, das war ja inzwischen uns allen bekannt. Aber als nächstes teilte er der Prinzessin vertrauliche Einzelheiten mit, die nur sie und kein anderer von uns wissen konnte. »Typisch Doyle«, dachten gewiß alle, die ihn gekannt hatten und aus eigener Erfahrung wußten, daß er kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegte. Er erinnerte mehrere von uns an Begebenheiten, an die man nicht gerade gern zurückdenkt. Doch wurde seine Stimme nach kurzer Zeit von anderen übertönt. Miß Tafe konnte offenbar – wie immer das möglich sein mochte – mehrere Stimmen auf einmal produzieren. Viele blieben unverständlich, nicht zuletzt wegen des Motorenlärms. Ganz deutlich aber war für einen Augenblick die Stimme von Dr. Websters Sohn zu vernehmen, der vor einiger Zeit in Wien gestorben war.
Und dann meldete sich Floyd Bennett, der Luftfahrtpionier, der 1926 als erster den Nordpol überflogen und zwei Jahre darauf während der Rettungsaktion für die auf Greenly Island notgelandeten Atlantikflieger Köhl, Hünefeld und Fitzmaurice schwer erkrankt und gestorben war. Goldstrom und ein weiterer Teilnehmer konnten seine Stimme eindeutig identifizieren. Sie sagte: »Ihr fliegt jetzt gerade über den Flugplatz, dem man meinen Namen gegeben hat.«
Goldstrom antwortete: »Das kann nicht sein!« Wir hatten nämlich dem Piloten den Auftrag erteilt, die Küste von New Jersey entlangzufliegen, dann nach Westen abzudrehen und in großer Schleife zum Flughafen zurückzukehren.
Der Teilnehmer, der dem Cockpit am nächsten saß, öffnete die Tür und fragte den Piloten, wo wir uns im Augenblick befänden. Er sagte: »Genau über dem Floyd-Bennett-Flugplatz.«
Goldstrom, noch immer ungläubig: »Aber der liegt doch gar nicht auf unserem Kurs!«
Darauf der Pilot: »Sorry, wegen schlechter Sichtverhältnisse mußte ich den Kurs ändern.«
Der Stimmenwirrwarr, der Doyles Stimme überdeckt hatte, war demnach ausgebrochen, als der Pilot die Flugrichtung geändert hatte und gleichzeitig höher gestiegen war. In größerer Höhe waren die Stimmen wieder klarer vernehmbar. Es meldeten sich Personen, die in England, in Österreich und in verschiedenen Teilen Amerikas gestorben waren. Alle sprachen sie in dem ihnen eigentümlichen Tonfall, wie diejenigen von uns bestätigen konnten, die angesprochen wurden. In manchen Fällen waren es längst vergessene Bekannte, und es dauerte eine Weile, bis der Teilnehmer sich des Verstorbenen wieder entsann. Dies zu
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