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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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die er mitgebracht hatte, in ihren Briefkasten. Wartete in seinem Wagen, der vor ihrem Haus parkte. Als sie gegen Mitternacht die Haustür aufschließen wollte, sprang er heraus und rannte auf sie zu. Aber sie schaffte es vor ihm ins Haus und warf ihm die Tür ins Gesicht. Er trat und hämmerte mit den Fäusten dagegen. Rief ihren Namen. Aber sie kam nicht zurück. Als ein Nachbar den Kopf aus dem Fenster steckte und ihm mit der Polizei drohte, lief er zurück zu seinem Wagen und wählte ihre Nummer. Er ließ es so lange klingeln, bis der Anrufbeantworter dranging. Dann unterbrach er die Verbindung und wählte erneut. Nach dem zehnten oder elften Mal sprach er endlich auf den Anrufbeantworter und erklärte ihr, dass er nur ihr bestes wollte. Flehte sie an. Sie nahm nicht ab. Endlich fuhr er zurück in seinen pastellfarbenen Bungalow und schloss sich mit zwei Flaschen Wein in seinem Arbeitszimmer ein. Er hörte, wie seine Frau zaghaft gegen die Tür klopfte, aber er ignorierte sie. Sie dachte, er arbeite an einem Buch, von dem er irgendwann einmal gesprochen hatte, deshalb ließ sie ihn in Ruhe. Er trank die erste Flasche aus und öffnete die zweite, als er wusste, was er nun zu tun hatte. Er würde ihr schreiben. Eine lange Mail.
    Doch bevor er schrieb, las er die Nachrichten an ihn. Viele Mails aus der Redaktion, dort hatte er ebenfalls hinterlassen, er sei gerade mit sehr umfassenden Recherchen zu seinem Buch beschäftigt und arbeite von zu Hause. Eine Mail war von seinem Freund Robert, dem Choreographen. Und diese Mail änderte alles: Robert schrieb über Helene. Sicher könnte sich Joachim noch an das Mädchen erinnern, die, für die er dankenswerterweise die Fernsehreportage eingefädelt hatte. Das Mädchen habe sich in letzter Zeit verändert, sei nicht bei der Sache, verpasse Proben, achte nicht auf ihre Gesundheit … nun wollte er Joachims Rat: Dachte der Freund, das Mädchen sei ein herausragendes Talent, wertvoll genug, um eine zweite Chance zu verdienen? Das Leben als Tänzerin war hart, da konnte jeder mal einen Durchhänger haben. Oder war Helene einfach nur ein einstmals großes Talent, bereits auf dem Weg nach unten, ohne den letzten Schliff, den letzten großen Sprung geschafft zu haben? Robert selbst konnte sich diese Frage nicht beantworten, er schwankte von Stunde zu Stunde.
    Joachim schwankte nicht. Er verwarf die Mail an sie, in der er um Verzeihung hatte bitten wollen, und schrieb ihr stattdessen von Roberts Zweifeln an ihr. Und dass er der Einzige sei, der sie retten könnte. Doch dafür müsste er mit ihr reden. Persönlich.
    Am nächsten Morgen klingelte sein Handy. Sie war bereit, ihn zu treffen. Er brachte diesmal keinen Wein mit, sondern Champagner, und als er sie sah, erschrak er, weil sie nicht mehr nur blass, sondern kalkweiß war und tiefe schwarze Schatten unter den Augen hatte. Die zwei Kilo, die sie zugenommen hatte, waren wieder weg, sie wirkte sogar noch dünner als zuvor.
    Er versprach ihr, bei Robert nicht nur ein gutes Wort für sie einzulegen, sondern sie zum internationalen Star zu machen, wenn sie nur endlich mit ihm zusammen sein wollte.
    Sie nickte und fing an, sich auszuziehen. Das sei es doch, was er wollte, sagte sie.
    Joachim konnte sein Glück kaum fassen. Er folgte ihr ins Schlafzimmer, wo sie sich nackt auf ihr Bett legte und abwartete. Es war dunkel in dem Zimmer, die Vorhänge waren zugezogen, er konnte kaum etwas sehen. Er wollte sein Hemd aufknöpfen, aber sie hielt ihn zurück, nur die Hose reiche aus. Obwohl er sich kurz darüber ärgerte, konnte er seine Erregung kaum noch kontrollieren. Er kam in dem Moment, als sie ihre Hand nach ihm ausstreckte. Sie schwiegen ein paar Sekunden, dann zog sie Papiertücher aus der Box, die sie neben ihr Kopfkissen gestellt hatte, und wischte sich, immer noch ohne ein Wort, den Bauch ab.
    Joachim wurde wütend. Er fragte sich, was er hier überhaupt tat? Er hatte eine nette Frau und ein Haus und einen guten Beruf. Helene passte gar nicht zu ihm, zu seinem Leben. Sie war nicht besonders intelligent, sie wusste kaum, was in der Welt vor sich ging. Und sie sah der Tänzerin von Renoir überhaupt nicht mehr ähnlich. Er hasste dieses dünne, bleiche Mädchen und konnte ihren Anblick nicht mehr ertragen.
    Joachim zog den Reißverschluss seiner Hose hoch.
    „Ich glaube, du bist gar keine Künstlerin.“
    Dann verließ er ihre Wohnung.
    Am nächsten Tag rief ihn sein Freund Robert an und teilte ihm aufgeregt mit, Helene hätte

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