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Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Titel: Berlin Gothic 3: Xavers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Moment hatte er sich so sehr aufs Lauschen konzentriert, dass er fast vergessen hatte, zu atmen. Jetzt aber wurde ihm schlagartig bewusst, wie modrig, eisern und feucht die Luft hier unten schmeckte, und dass er niemals zurück an die Oberfläche gelangen würde, wenn er noch tiefer in die Fundamente des Baus eindrang. Wie ein Taucher, der sich gerade noch besinnt, bevor ihn der Tiefenrausch endgültig mit sich reißt, fuhr er herum und rannte die erstbeste Treppe zurück nach oben.


     
    Aluminiumverkleidungen, vibrierende Kästen, Rohre und Leuchtanzeigen. Das war keine Technik aus Weltkriegszeiten, das sah nach einem ganz normalen Heizungskeller aus.
    Fast zwei Stunden lang war Till durch die Keller geirrt, bevor er endlich am Ende einer der oberen Treppen auf den Heizungsraum gestoßen war.
    Er lief zwischen den Apparaten hindurch. Rechteckige Blechkanäle mit einem Durchmesser von gut einem Meter zogen sich an der Decke des Heizungskellers entlang. Einer der Kanäle verlief oberhalb eines Heizungsgeräts ein Stück weit waagerecht an der Wand entlang und führte dann im senkrechten Winkel nach oben.
    Till sah sich den Kanal etwas genauer an. Die einzelnen Blechstücke waren durch Schrauben miteinander verbunden. Er legte eine Hand auf das Metall. Es war kühl - anscheinend wurde die Anlage im Sommer zum Kühlen und Belüften verwendet.
    Gut zehn Minuten später hatte er eine Eisenstange aufgetrieben, die ein Handwerker neben den Sockel eines Heizungsgeräts geworfen hatte. Till kehrte zu der Blechröhre zurück und zwängte die flache Seite der Stange unter eine der überlappenden Laschen. Mit seinem ganzen Körpergewicht stemmte er sich gegen das Eisen. Das Blech verzog sich - kalte Luft schoss ihm aus dem Spalt entgegen. Till steckte die Stange tiefer hinein und riss. Mit lautem Kreischen verschoben sich die sorgfältig verschraubten Blechelemente - eine Niete sprang ab und klirrte gegen die Verkleidung des Lüftungsgerätes, das unter dem Kanal stand.
    Till rammte das Eisen erneut zwischen die Laschen. Obwohl ihm eiskalte Luft entgegenströmte, schwitzte er. Jaulend verzog sich das bereits verbogene Blech und aus dem Spalt wurde ein Dreieck. Till warf das Eisen auf den Boden, sprang auf den Kasten, der unter dem Kanal stand, und steckte den Kopf in den Lüftungsschacht.
    Der Eishauch verwirbelte seine Haare. Es war dunkel, nur durch die Lücke, die er gerissen hatte, trat Licht in den Kanal. Till legte die Arme über den Kopf, um sich so dünn wie möglich zu machen, stieß sich mit den Füßen von dem darunterstehenden Kasten ab und zwängte sich in die Lücke. Das verbogene Blech riss einen Dreiangel in sein T-Shirt und schabte die Haut an seiner Schulter ab. Dann war er drin.
    Auf allen Vieren krabbelte Till durch den Blechkanal. Wenige Meter hinter der Stelle, an der er sich hineingezwängt hatte, knickte der Blechgang ab und verlief senkrecht nach oben.
    Till starrte in die Höhe. Einen Ventilator, der ihm den Weg versperrt hätte, konnte er in dem spärlichen Licht nicht erkennen. Griffe oder gar eine Leiter schien es jedoch auch nicht zu geben. Der Blechkorridor war für frische Luft eingerichtet, nicht um darin herumzukrabbeln. Er hatte keine Wahl: Er musste versuchen, sich mit Füßen und Rücken gegen die Kanalwände zu stemmen, um so nach oben zu kommen.
    Das Blech war eisig. In der kühlen Luft, die fortwährend nachströmte, war Tills Haut binnen weniger Minuten kalt wie ein Eisblock.
    Er spannte die Beinmuskeln an, die Gummisohlen seiner Turnschuhe griffen gut. Sein Rücken glitt über das feinpolierte Blech. Till riss den rechten Fuß ein Stück weit nach oben, dann den linken. Schob den Oberkörper auf die Höhe der Füße. Der nächste Schritt - der nächste - der nächste. Nur nicht nach unten sehen, kroch es ihm durch den Kopf. Erst würde er entsetzt sein, wie wenig er geschafft hatte - dann würde er fürchten, wieder hinunterzufallen … Er durfte den Druck, mit dem er sich in dem Kamin hielt, keine Sekunde verringern. Schon brannten die Muskeln in seinen Waden, in der Bauchdecke, und in seiner Schulter glühte das rohe Fleisch, das auf das eiskalte Blech gepresst wurde.
    Rechter Fuß vor. Linker. Die Hände gegen die Kanalwände stemmen. Den Rücken über das Blech nach oben drücken. Noch einen Schritt. Weiter jetzt!
    Er legte den Kopf in den Nacken und konnte den Verlauf des Kanals wie ein gähnendes schwarzes Loch über sich sehen.
    Die Handflächen, die er rechts und links gegen

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