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Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Titel: Berlin Gothic 3: Xavers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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die Seitenwände presste, puckerten, der Hals, über den die eiskalte Luft hinwegstrich, war vollkommen verkrampft.
    Für einen Moment vergaß Till die Zeit. Noch einen Schritt …
    Da fühlte er plötzlich eine scharfe, rechtwinklige Kante in seinem Genick - spürte gleichzeitig, wie die Gummisohlen ihren Halt verloren, wie der Druck, mit dem er sich in dem Schacht festgekeilt hatte, nachließ und er unaufhaltsam in eine senkrechte Position glitt. Geistesgegenwärtig stieß er sich mit den Füßen ab, warf sich herum - die Arme nach oben gerissen, ins Dunkel greifend. Statt gegen eine Blechwand zu prallen, stießen sie in einen waagerecht abgehenden Kanal, schlugen im nächsten Moment auf dem Boden des Kanals auf. Hart knallte er mit Bauch und Brust gegen die Wand der senkrechten Röhre, in der er sich nach oben geschoben hatte - während seine gekrümmten Finger hilflos über den Boden des waagerechten Kanals rutschten.
    Gleißend ging der Schmerz zwischen seinen Augen auf, als eine hochstehende Lasche ihm in die Fingerkuppen schnitt. Heiße Schauer jagten ihm übers Genick, aber es war eine Sekunde des Halts, eine Sekunde, in der er nicht weiter rutschte. Verzweifelt zog Till sich mit aller Kraft an den Fingerspitzen nach oben - bis es ihm gelang, ein Knie in den Abzweig zu zwängen.
     
    Der Eishauch wehte über ihn hinweg. Schwer atmend lag Till auf dem Rücken im waagerechten Belüftungskanal. Der Schweißfilm, der ihn bedeckte, fühlte sich an, als würde er in Eiswürfeln baden. Die Fingerkuppen pochten, die Schulter bitzelte. Aber er hatte es geschafft.
    Er rollte sich auf den Bauch, legte das Kinn auf das Blech und starrte in den Tunnel hinein. Weiter vorn war ein Lichtschimmer zu erkennen.
    Till stemmte sich hoch und begann zu krabbeln - zitternd jetzt, mit den Kräften am Ende, durch und durch ausgekühlt.


     
    Jetzt warten, bis die Kellnerin herauskommt? ‚Ah … da bist du ja … ‘
    Wo soll das hinführen?
    Nein, nein, nein …
    Hier entlang, die Geschäfte sind noch auf … da vorne, die Friedrichstraße … wie voll es noch ist …
    Langsam … nicht so schnell … hier ist es am besten … hier laufen sie alle - hey … LÄCHELN … Ja? …
    Sie! Sie ist gut! … nein - sie ist nicht allein … das sind … wie viele? Vier? Unmöglich … sie muss allein sein … aber welche läuft schon allein hier herum … alle mit einem Typen, mit den Freundinnen … Mit einem Hund? Auch schlecht …
    Südlich vom Gendarmenmarkt wird es wieder leerer … genauso wie nördlich von den Linden … aber hier … hier ist es am besten - und wenn ich einfach stehen bleibe? An der Ecke? Unmöglich …
    SIE! Sie ist … scharf.
    Okay …
    Richtung Norden … Gut … Telefonier ruhig … wird schon nicht so lange dauern … dann kann ich etwas näher an dich herankommen … Sie bewegt sich gut! Machen sie das eigentlich absichtlich - dass sie sich … so in den Hüften wiegen? Oder macht die Natur das mit ihnen, damit man förmlich daran kleben bleibt - damit man davon angezogen wird - beinahe festgesaugt …
    Sieh dir das an! Bei ihr bewegt sich nicht nur die Hüfte - auch das Gesäß - aber es schlenkert nicht, es schwingt - fast unmerklich … VORSICHT … ich bin zu nah dran - ich greif ja gleich nach ihr.
    Okay … Handy wieder weg - das ist --
    Ahhhh … in die Galeries Lafayette … Noch ein wenig einkaufen?
    Gut!
    Hältst du mir die Tür auf? Zack!
    Jetzt haben wir uns angesehen!
    Hübsch. Zweifellos. Keine kalte Schönheit - genau, wie es mir gefällt! Hast du ihre Hand gesehen, mit der sie dir die Tür aufgehalten hat? Leicht gebräunt - und gepflegt. Aber die Nägel sind nicht lackiert! Vielleicht mit einem durchsichtigen Nagellack? Eine kleine Hand - wie sieht sie wohl aus, wenn sie …
    Die Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengenommen. Wenn man das Haargummi löst, fallen sie ihr schwer auf die Schultern …
    Hopp! Jetzt ist sie stehen geblieben.
    Da!
    Sie hat geguckt!
    Sie hat gemerkt, dass ich ihr folge!
    Und jetzt?
    Okay - weiter … einfach weiter … aber jetzt weiß sie es.
    Haha! Als spürte man, wie ihr Herz zu klopfen begonnen hat!
    Ja, greif nach deinem Handy - keine Nachrichten - gutes Mädchen - steck es wieder weg.
    Siehst du dir die Gürtel an? Brauchst du einen Gürtel? Deshalb bist du doch hier reingegangen, oder?
    Kein Problem, ich habe Zeit, siehst du? Ich sehe mir die Uhren an - aber du weißt, dass mir die Uhren ganz egal sind, stimmt’s? Du weißt, dass ich mich ganz auf

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