Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille
Brille mit leicht abgedunkelten Gläsern, hinter der seine Augen kaum zu erkennen waren. Gemächlich kam er auf Max zu.
Max lächelte. „Ich wollte mal sehen, ob ich neben dir sitze.“
„Hast du einen Moment?“ Felix‘ Brillengläser glänzten. „Ich würd gern kurz was mit dir besprechen.“
Max‘ Blick fiel auf Felix‘ Mund, der rechts und links von zwei harten Falten flankiert war. „Was Wichtiges?“
Der Mund verzog sich leicht. „Nicht wirklich, würde ich sagen.“
Max versenkte seine Hände in den Hosentaschen. „Was kann ich für dich tun, Felix?“
Der lachte. „Wollen wir uns kurz da rein setzen?“ Er deutete auf eine kleine Tür neben dem Eingang in den Speisesaal. „Dort müssten wir unsere Ruhe haben.“
Als Max hinter Felix durch die Tür trat, sah er, dass sich bereits zwei junge Frauen in dem Nebenraum aufhielten. Sie trugen kurze, schwarze Kleider, die nur von zwei dünnen Trägern an den Schultern gehalten wurden, und eine von ihnen hatte ihre nackten Füße zu sich auf das Sofa gezogen. Dabei war ihr der untere Saum des Kleides bis über das Knie hochgerutscht, so dass ein Teil ihres braungebrannten Schenkels entblößt war.
Felix blieb an der Tür stehen, wandte sich zu Max um und schien für einen Moment etwas an seinem Gesicht ablesen zu wollen. Dann aber drehte er sich doch wieder den beiden Frauen zu und murmelte etwas von einem privaten Gespräch. Sie schienen darüber nicht verwundert zu sein, sondern erhoben sich ohne weitere Erwiderungen von dem Sofa und verließen den Raum.
Max sah ihnen nach. Bei der Zeremonie in der Kirche waren sie ihm nicht aufgefallen und er war sich ziemlich sicher, dass sie nicht zu Bettys Freundinnen gehörten. Bekannte von Henning? Ein leichter Parfümgeruch schien noch in dem Raum zu hängen - da sah er plötzlich, wie die hintere der beiden stehen blieb und sich noch einmal zu ihm umdrehte. Sein Blick verhakte sich mit ihrem. Unwillkürlich hatte Max das Gefühl, als würde ein warmer Kloß in seinem Bauch aufgehen.
„Sie hätten uns doch nur gestört, oder?“ Die Tür schnitt den Blickkontakt ab. Felix hatte sie vor Max‘ Nase geschlossen.
„Kennst du die beiden?“ Max sah zu ihm.
„Flüchtig“, antwortete Felix kurz und nahm auf dem Sofa Platz.
Max setzte sich ihm gegenüber.
„Ich wollte mit dir über die Bücher deines Vaters reden“, hob Felix unvermittelt an. „Über die letzten Manuskripte, die noch nicht ganz fertig waren, als er … du weißt schon.“
Max, der gerade in seinen Sessel gesunken war, richtete sich wieder auf. Mussten sie wirklich auf Bettys Hochzeit darüber sprechen?
„Deine Mutter hat mir erzählt, dass sie vor Bettys Hochzeit die Dinge jetzt ein wenig aufgeteilt hat.“
„Die Dinge.“
Felix lehnte sich zurück, musterte Max kurz, bevor er antwortete. „Die Rechte, Max, mach es mir nicht schwerer, als es ohnehin schon ist.“
„Eigentlich habe ich keine große Lust, jetzt darüber zu sprechen … “, sagte Max.
„Und warum nicht?“ Felix legte den Arm auf die Rückenlehne des Sofas.
„Ich hab mich mit der Materie einfach noch nicht genug beschäftigt. Es ist erst zwei, drei Wochen her, dass Mutter uns über die Aufteilung des Erbes in Kenntnis gesetzt hat.“
„Wobei du die Rechte an Xavers letzten Büchern bekommen hast, die mir noch fehlen, richtig?“
„Ich und Lisa.“ Das war ja auch nicht ganz unwichtig.
„Du und Lisa, genau. Hör zu, Max“, Felix setzte sich in dem Sofa auf, „ich kann verstehen, dass das eine heikle Angelegenheit für dich ist, deshalb will ich mich kurz fassen. Wie du dir vielleicht denken kannst, ist die Frage, wer die Rechte an Xavers letzten Büchern hält, für mich von einiger Bedeutung. Ich habe viel investiert, um das Bentheim’sche Werk herauszubringen. Aber je mehr ich mich mit den Texten deines Vaters beschäftige, desto klarer wird mir, dass die meisten seiner Bücher nur Vorarbeiten sind. Vorarbeiten für das, was er in seinen letzten Manuskripten versucht hat.“
„Vorarbeiten für Berlin Gothic .“
„Für Berlin Gothic , genau. Du kannst dir also vorstellen,“ fuhr Felix fort, „wie wichtig es für mich ist, dass ich auch diese letzten Manuskripte von ihm herausbringen kann. Kannst du mir folgen?“
Max nickte.
„Du wunderst dich vielleicht, dass ich das so offen sage, wo es doch viel geschickter wäre, wenn ich dir gegenüber behaupten würde, dass mich diese Rechte gar nicht so sehr interessieren und ich sie nur … was
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