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Berlin-Krimi 03 - Notlandung

Titel: Berlin-Krimi 03 - Notlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Karnani
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an unsympathisch. Sie versuchte, das Gefühl zu ignorieren. Aber es wurde dann tatsächlich so schrecklich, wie sie befürchtet hatte.
    Ralph hatte in den vergangenen drei Tagen kein einziges freundliches Wort zu ihr gesagt. Überhaupt hatte er nicht viel geredet und wenn, dann nur im Befehlston. Er hatte ständig etwas an ihr auszusetzen.

    Nach ihrem ersten Flug, der von Hamburg nach München gegangen war, war sie so mit den Nerven fertig gewesen, dass sie fast angefangen hätte zu heulen. Sie hatte nach der Landung den vorgeschriebenen Rundgang um das Flugzeug gemacht und nachgesehen, ob mit dem Flieger alles in Ordnung war. Sie war froh gewesen, aus dem Cockpit raus und an die frische Luft gekommen zu sein. Beryl war kurz davor gewesen, alles hinzuschmeißen. Plötzlich war Sylvia, eine ältere Kollegin aus der Kabine, aufgetaucht und hatte sie mit sich unter das Flugzeug gezogen. Sie hatte ihr berichtet, dass Ralph als Mistkerl und Widerling bekannt war und dass sie sich das alles bloß nicht zu Herzen nehmen sollte. Sylvia hatte ihr auch erzählt, dass er alle so mies behandeln würde, besonders die Frauen, er hatte ganz offensichtlich ein Problem mit Frauen.

    Es war nur ein kurzes Gespräch gewesen, aber genau die richtigen Worte im richtigen Moment. Danach war Beryl mit dem festen Vorsatz, sich von Ralph Birge nicht fertigmachen zu lassen, zurück ins Cockpit gegangen. Sie ignorierte seine Bemerkungen so gut es ging und konzentrierte sich aufs Fliegen. Und mit der Zeit fand er auch immer weniger, was er bemängeln konnte. Seine Laune wurde davon allerdings nicht besser, im Gegenteil. Wenn er zu ihr schon unfreundlich war, dann war er den Kollegen in der Kabine gegenüber schon fast beleidigend. Er behandelte alle von oben herab, und es machte ihm offensichtlich Spaß, allen seine Verachtung zu zeigen.

    Beryl gelang es mit der Zeit immer besser, Ralph zu ignorieren, und irgendwann war sie tatsächlich so entspannt, dass sich endlich das Glücksgefühl einstellte, auf das sie die ganze Zeit gewartet hatte. Sie waren in Mailand gestartet, es war ein regnerischer, kalter und dunkler Tag, mit einer geschlossenen Wolkendecke. Als sie über der Wolkendecke waren, war auf einmal die Sonne da. Beryl sah nach links und nahm zum ersten Mal das verbitterte Gesicht von Ralph wahr, die Angst vor ihm wich langsam, und es blieb nur tiefe Abneigung. Sylvia hatte recht, er war einfach nur ein Mistkerl.

    Die drei Tage waren vorbei, und Beryl hatte Ralph Birge überlebt. Sie hatten gerade die Maschine an die neue Crew übergeben, und er war sofort verschwunden, ohne sich von den Kollegen zu verabschieden. Beryl sah ihm nach und hoffte, so schnell nicht mehr mit ihm fliegen zu müssen. Sie schlenderte gemeinsam mit Sylvia zum Ausgang.
    »Also, Beryl, du hast die ersten Tage hinter dir. Erleichtert?«
    »Mehr als erleichtert!«
    »Du hast aber auch wirklich Pech gehabt! Ralph ist das größte Arschloch der ganzen Airline, wenn du mich fragst.«
    »Das glaube ich dir sofort, auch wenn ich noch nicht viele Kollegen kennengelernt habe. Aber wenn die alle so wären, wäre das ein Grund, sich eine andere Airline zu suchen.«
    »Keine Angst, Ralph ist wirklich die Ausnahme von der Regel. Du hattest auch noch das Pech, die erste Pilotin zu sein, die er als Trainingskapitän betreut hat.«
    »Ich habe es ja hinter mir und überlebt. Aber ich bin echt sauer, er hat mir irgendwie das Erlebnis versaut, zum ersten Mal als richtige Pilotin zu fliegen. Ich habe mir das immer so schön vorgestellt.«
    »Vergiss die Erfahrung mit Ralph einfach und genieße, dass du jetzt Pilotin bist. Was hast du heute überhaupt noch vor, eine große Feier mit deinem Freund?«
    »Irgendwie ist das die nächste Enttäuschung. Eigentlich wollte ich den Abend mit meinem Freund verbringen, schick essen gehen oder so was. Aber Rick hat keine Zeit, behauptet er zumindest. Überhaupt ist er merkwürdig gewesen in den letzten Wochen, ich habe ihn oft angerufen, wollte die aufregenden Momente mit ihm teilen, aber er war immer nur kurz angebunden. Sieht so aus, als ob das Ding mit Rick vorbei ist. Schon komisch, warum gerade jetzt? Klar, in den letzten beiden Jahren hab ich viel Zeit und Energie in meine Ausbildung gesteckt, da kam er vielleicht ein wenig zu kurz, aber jetzt hätte sich das alles geändert.«
    Sylvia sah sie eine Weile an.
    »Wer weiß, Beryl, ich meine, er muss aushalten, dass du jetzt Pilotin bist. Das ist für manche Männer bestimmt nicht

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