Berlin-Krimi 03 - Notlandung
ihn ja gerade erst kennengelernt.«
»Stimmt, hab ich fast vergessen, aber erzähl mir doch von dir. Du fliegst Flugzeuge?«
Beryl nickte.
»Richtig große?«
»Ja, aber unter uns, die Uniform ist ziemlich neu, genauer gesagt trage ich sie erst seit drei Tagen.«
Lennard fand die beiden Frauen im Gespräch vertieft.
»Hey, ich wollte mich schon bei dir entschuldigen, weil ich einfach weg bin und dich habe stehen lassen. Aber ich sehe, ihr beide versteht euch.«
»Mach dir um uns keine Gedanken, Lennard«, beruhigte ihn Beryl. »Aber wie steht es bei dir, hast du es überlebt?«
»Ja, dank dir. Das Thema, dass ich gerade mein Vordiplom versaut habe, ist dem Thema gewichen, dass ich mit einer Pilotin zusammen bin.« Er wurde rot.
»Ähm, also Beryl, ich habe das nicht erzählt.«
»Von mir aus ist das o. k., Lennard, ich kann damit leben. Das war dann meine, dem Schicksal versprochene gute Tat. Meinst du, das gilt?«
»Und wie das gilt, hundertpro.« Lennard war erleichtert.
»Sagt mal, ihr beiden, ich bekomme ehrlich gesagt nur die Hälfte von dem mit, was ihr da erzählt. Aber nachdem Lennard nun zum wiederholten Male bewiesen hat, dass er kein Feigling ist, sich der Meute gestellt hat und ich gesehen habe, dass die alle noch genauso blöd sind wie vor zwei Jahren – was fangen wir jetzt an mit diesem Abend?«
»Keine Ahnung.«
»Ich auch nicht.«
»Hauen wir doch hier ab und machen noch eine gemeinsame Tour durch die Nacht?«
»Ich bin dabei, aber nur wenn ich mich endlich umziehen darf. Ich wohne nicht weit weg von hier, und ich habe für heute genug davon, angestarrt zu werden.«
»Kein Problem, wir können kurz bei dir vorbeifahren.«
»Was stehen wir hier noch rum? Raus hier, je eher, desto besser! Ich muss nur noch was erledigen. Ist gerade etwas Ruhe eingekehrt, genau der richtige Moment für meinen Auftritt.«
Stefanie ging in Richtung von Felicitas und rief laut:
»Mensch, Felicitas, hab ich dich schon begrüßt? Toller Rock, den du da anhast, aber sag mal, das mit der Cellulitis hast du ja immer noch nicht in den Griff bekommen. Sieht richtig scheiße aus!«
Felicitas fiel die Kinnlade runter, und einige, die um sie herumstanden, lachten laut.
»Ich schätze mal, es wird wirklich Zeit, abzuhauen«, sagte Lennard und zog Beryl mit sich raus.
Sie waren zu dritt unterwegs gewesen und am nächsten Morgen um 8 Uhr in einem Café in Prenzelberg gelandet, um zu frühstücken.
»Der Abend mit euch war toll, aber ich merke, ich muss langsam ins Bett.«
»Ich auch, aber bevor du gehst, Beryl, musst du mir noch verraten, wie Lennard es geschafft hat, dich zu überreden, mit zur Abifeier zu kommen.«
Beryl lachte.
»Ganz einfach, Stefanie, er wusste, wer Beryl Markham war.«
Stefanie sah etwas verstört aus.
»Und?«
»Beryl Markham war die erste Frau, die den Atlantik im Alleinflug von Westen nach Osten, also von Europa nach Amerika überflogen hat. Und das ist der schwierigere Teil. Die Lindberghstrecke in entgegengesetzter Richtung, von Amerika nach Europa, ist dagegen ein Kinderspiel. Die vorherrschenden Winde über dem Nordatlantik wehen eben nach Osten und treiben dich fast allein nach Europa. Auf der umgekehrten Strecke nach Westen musst du ständig gegen den Wind anfliegen.«
»So gesehen ein cooler und passender Name. Deine Eltern waren auch flugbegeistert?«
»Meine Mutter, sie wollte selbst immer Pilotin werden, aber das ging damals noch nicht. Sie hatte einen Pilotenschein, aber die Fluggesellschaften haben früher keine Frauen für die Verkehrsfliegerei genommen. Ich habe mich genauso fürs Fliegen begeistert wie meine Mutter, immer schon.«
»Tolle Sache, wenn der Name eine Geschichte ergibt. Und vor allem, wenn die Trägerin dem Namen alle Ehre macht.« Stefanie gähnte, und kurz darauf verabschiedeten sich alle an der Tür.
»Melde dich mal, wenn du Lust hast.«
Lennard hatte seine Telefonnummer auf einen Bierdeckel geschrieben und gab ihn Beryl.
Sie nahm Lennard lang in den Arm.
»Versprochen, Lennard, ich melde mich.«
Beryl schlief drei Tage fast ununterbrochen, dann flog sie nach Paris. Sie hatte die letzten Tage oft an den Abend in Berlin gedacht. Abends, vom Hotel in Paris, wollte sie Lennard endlich anrufen. Erst in diesem Moment fiel ihr auf, dass sie den Bierdeckel in der Jacke gelassen hatte, die sie in die Reinigung gebracht hatte. Sie rief später in der Reinigung an, aber dort hatte man den Bierdeckel auch nicht. Wertgegenstände, die sich in den
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