Berlin-Krimi 03 - Notlandung
Sachen befinden, werden zwar aufgehoben, aber ein Bierdeckel war wahrscheinlich in den Müll geflogen.
Sie hatte gehofft, Lennard würde sich schließlich bei ihr melden, immerhin wusste er, wo sie wohnte. Aber das hatte er nie getan, und so hatte sie ihn seit jenem Abend nie wiedergesehen. Beryl sagte sich schließlich, dass es gut ist, wie es ist. Manchmal lernt man einen Menschen kennen, es ist eine tolle Begegnung, und es ist besser, wenn man sich nicht wiedersieht, weil alles, was danach kommt, nur schlechter werden kann.
9
Seit dem Abend in Berlin waren zehn Jahre vergangen. Lennard saß in seinem Büro auf Mallorca und dachte jetzt seit fast einer Stunde über das Fax nach, das ihn aufforderte, Beryl Bogner zu observieren. Normalerweise gab er solche Routinefälle an einen seiner Mitarbeiter weiter, und die Sache war für ihn damit erledigt. Aber das hier war etwas anderes. Er schuldete ihr noch etwas für den Abend damals, hier war die Möglichkeit, das wiedergutzumachen, und vor allem, sie wiederzusehen.
Lennard ging nach unten, stieg in seinen Wagen und fuhr zu der angegebenen Adresse. Es handelte sich um ein langweiliges Hochhaus in der Nähe des Flughafens. Er parkte vor dem Eingang und überlegte, ob er einfach klingeln und hochgehen sollte oder doch lieber vorher anrufen. Da sah er Beryl aus der Tür kommen. Er erkannte sie sofort.
Als Beryl an seinem Auto vorbeilief, stieg er aus.
»Hallo, brauchen Sie vielleicht eine Mitfahrgelegenheit?«
Beryl wurde aus ihren Gedanken gerissen und war sofort genervt. Sie sah aus den Augenwinkeln den roten Ferrari, den zugehörigen Typen sah sie sich gar nicht erst an, sie hatte jetzt absolut keine Lust auf Anmache.
»Lass mich in Ruhe!«, rief sie auf Spanisch.
»Beryl, ist das eine Begrüßung nach zehn Jahren?«
Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Typ sie auf Deutsch angequatscht hatte.
»Kennen wir uns?«
»Abifeier, Berlin, schon eine Weile her.«
Es dauerte einen Moment, aber dann kam die Erinnerung wieder.
»Mensch, das glaube ich nicht. Lennard, bist du es wirklich?«
»Wahrhaftig.«
Beide lachten sich an.
»Sieht so aus, als ob du nach dem versauten Vordiplom die Kurve gekriegt hast, oder ist das der Wagen deiner Frau?«
»Firmenwagen, man schlägt sich eben so durch.«
»Ziemlich blöder Spruch.«
Lennard fühlte, dass er rot wurde, und wurde ernst.
»Unser Treffen ist kein Zufall, ich habe dich gesucht.«
Beryl zog die Augenbrauen hoch.
»Gesucht? Warum?«
»Können wir uns irgendwo unterhalten?«
Sie gingen in ein Café auf der anderen Straßenseite.
Lennard erzählte ihr ohne große Umschweife von der Anfrage per Fax.
Beryl war völlig verwirrt.
»Du bist also eine Art Privatdetektiv geworden?«
»So eine Art.«
»Warum in aller Welt sollte jemand solch einen Auftrag vergeben? Kann ich den sehen und vor allem auch das Foto, vielleicht verrät mir das, wer da was von mir will?«
»Klar, gehen wir in mein Büro.«
Eine halbe Stunde später saßen sie in Lennards Büro. In einem Haus im siebten Stock mit Blick über den Yachthafen Club del Mar und die Altstadt von Palma. Beryl sah sich erst mal um.
Sein Büro hatte die Ausmaße eines Tanzsaals.
»Finden hier ab und zu Bälle statt?«
Lennard lächelte, nach dem Ferrari-Desaster verkniff er sich aber lieber jeden Kommentar und reichte ihr stattdessen die Unterlagen.
»Das Foto habe ich mal für meine ID-Card von Filomena Airways machen lassen. Keine Ahnung, wie da jemand drangekommen ist, andererseits ist es nur eine schlechte Kopie. Und ich trage die ID-Card und das Bild immer an der Uniform, sodass man es sehen kann. Der Absender des Auftrags sagt mir überhaupt nichts.«
»Ein Anwaltsbüro in Las Vegas, mit dem wir ab und an mal zusammenarbeiten. Die vertreten nur Leute mit viel Geld. Und solange das Geld stimmt, ist ihnen egal, wer ihre Kunden sind. Es gibt viele Gerüchte über die, keiner weiß, was davon wahr ist und was nicht. Jedenfalls ist ziemlich sicher, dass es einige ihrer Klienten mit den Gesetzen nicht so genau nehmen.«
»Ich bin ziemlich verwirrt, Lennard.« Beryl lehnte sich zurück. »Machen wir eins nach dem anderen. Erzähle mir erst mal, was du die letzten zehn Jahre so erlebt hast und was du hier in diesem riesigen Büro mit dem Firmen-Ferrari treibst.«
»Die ganze Geschichte?«
»Die ganze Geschichte! Ich habe Zeit.« Beryl schlug die Beine übereinander.
»Eigentlich dachte ich, du fängst mit deiner Geschichte an. Du bist jetzt
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