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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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frühen Abend absolvierte, boten
zumindest einen Lichtblick: Man empfing sie mit kollegialer Freundlichkeit, und
der Kaffee war hervorragend. Darüber hinaus ergaben sich jedoch weder neue
Fragen, noch deuteten sich Zusammenhänge oder Einschätzungen an, die über die
sattsam bekannte Aktenlage hinausgingen oder in eine neue Richtung wiesen.
    Ulrike Huhlmann war eine Karrierepolizistin gewesen, die Haare auf
den Zähnen gehabt hatte – so hatte Johanna jedenfalls zwei, drei Anmerkungen
verstanden –, aber ihr Leben war im Fluss gewesen, wie ein Beamter es so schön
formuliert hatte. Der Suizid hatte alle überrascht und entsetzt. Ähnliche
Reaktionen hatte die Selbsttötung des zweiundvierzigjährigen Kommissars Karsten
Vogt aus Peine hervorgerufen. Er hatte die Wohnung seiner Tochter in der
Luisenstraße renoviert und war aus dem Fenster im zwölften Stock gesprungen.
Die Ermittlungen waren zwar noch nicht abgeschlossen, da das Geschehen kaum
anderthalb Wochen zurücklag und einige rechtsmedizinische Analysen und der
Abschlussbericht des leitenden Ermittlers ausstanden. Dennoch: Bisher gab es
weder Zeugen noch Spuren oder verdächtige Hinweise, die ein Verbrechen
nahelegten. Ebenso wenig waren Anhaltspunkte zu erkennen, die die Entscheidung
für einen Suizid begründeten. Der Mann hatte ein ähnliches Leben wie Günther
Ansdorf geführt und war im Kollegenkreis sehr beliebt gewesen.
    Als Johanna am späten Abend mit einem Glas Rotwein und ihrem Laptop
auf den Knien auf dem Balkon ihres Hotelzimmers saß und an einem Kurzbericht
für Samthof feilte, war sie davon überzeugt, dass sie, wenn sich nichts
Entscheidendes mehr tat, in höchstens zwei Tagen wieder in Berlin sein würde.
Die Überlegung löste Unruhe in ihr aus. Unzufriedenheit. Normalerweise gab sie
nicht so schnell auf, schon gar nicht ohne zuvor in die Details vorgedrungen zu
sein. Vielleicht sind fünf Fälle drei bis vier zu viel, grübelte sie.
Vielleicht verliere ich den Überblick bei all den Toten und ihren so ähnlich
klingenden Schicksalen. Natürlich zeigte sich ein Muster, ein bizarres noch
dazu, das sich nicht so ohne Weiteres als Zufall abhaken ließ. Andererseits:
Nicht hinter jeder merkwürdigen Parallele verbarg sich ein Verbrechen.
    Johanna beendete ihr Schreiben mit dem Hinweis, dass sie
beabsichtige, sich um Kontakt zu einzelnen Hinterbliebenen zu bemühen, um so
mehr über das persönliche Umfeld zu erfahren und dabei eventuell auf
Widersprüchlichkeiten zu stoßen, und Verbindung zur Staatsanwaltschaft in
Braunschweig aufzunehmen. Im letzten Jahr hatte sie mit Staatsanwältin Annegret
Kuhl hervorragend zusammengearbeitet. Vielleicht bot sich die Möglichkeit, daran
anzuknüpfen und dabei auf Interna zu stoßen, die in Polizeikreisen nicht
bekannt waren – oder nur hinter vorgehaltener Hand besprochen wurden.
    Und Tony muss ein bisschen schnüffeln, dachte sie, nachdem sie den
Bericht verschlüsselt über den BKA -Server
abgeschickt hatte. Das würde sie Samthof allerdings nicht auf die Nase binden.
Zum einen dürfte ihm klar sein, dass sie alle möglichen Kanäle zur Informationsbeschaffung
nutzen würde und sogar darauf angewiesen war, zum anderen konnte er es ihr
nicht untersagen, wenn er nicht offiziell dazu befragt worden war. Was er nicht
weiß, macht ihn nicht heiß.
    Nach kurzem Grübeln schickte sie Tony eine Mail mit der Bitte, die
toten Berliner Beamten hinsichtlich ihrer letzten Fälle zu durchleuchten,
Zeitraum: mindestens sechs Monate. Was die Wolfsburger Kollegen anging, würde
Reinders garantiert keine Notwendigkeit sehen, die zurückliegenden Aktivitäten
seiner Mitarbeiter preiszugeben, und kaum bereit sein, Johanna ohne einen
entsprechenden Beschluss von oben unbürokratisch entgegenzukommen. Bei Mareni
war sie sich nicht sicher. Der Mann war um seinen guten Ruf ähnlich besorgt wie
um den perfekten Sitz seiner ohne Zweifel prachtvollen Locken, andererseits
hatten ihn die Ereignisse durchaus nachdenklich gestimmt. Sie hoffte, dass er
ihr die Unterstützung nicht verweigern würde.
    Johanna trank ein zweites Glas Wein. Sie brauchte lange, um
abschalten und einschlafen zu können.
    ***
    Sie loggte sich exakt um dreiundzwanzig Uhr unter der E-Mail-Adresse
ein, die ihr der Anrufer am Mittag samt Benutzername und Passwort genannt
hatte. Staatsanwältin Hannelore Maurer hatte schweißnasse Hände und schaffte es
kaum, den Cursor ruhig zu halten, als sie die im Ordner Entwürfe gespeicherte
Nachricht öffnete.
    »Wenn

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