Berlin Wolfsburg (German Edition)
meinen, dass die Überprüfung der privaten Verbindungen
diesbezüglich keinen Aufschluss gibt«, konkretisierte Johanna.
»Wenn Sie es so formulieren möchten: ja. Und Ansdorfs
Verbindungsnachweise bestätigen das. Sie kannte ihn sehr wahrscheinlich
lediglich vom Hörensagen, von Gesprächen unter Kollegen nach Ansdorfs Tod, und
hat unter Umständen auch mal zufälligerweise dienstlich mit ihm zu tun gehabt.
Durchaus möglich, aber deswegen nun jeden einzelnen Dienstkontakt zu prüfen,
halte ich für Zeitverschwendung, zumal uns die Braunschweiger Kollegen
versicherten, dass nichts Ungewöhnliches vorgefallen war, das im Zusammenhang
mit Huhlmanns Tod bedeutungsvoll sein könnte. Was soll denn dabei
herauskommen?«
»Manchmal erschließt sich die Bedeutung erst auf den zweiten Blick«,
gab Johanna zu bedenken.
Mareni stieß einen leisen Seufzer aus. »Das kommt durchaus vor, aber
ohne jeglichen begründeten Anfangsverdacht über Wochen und Monate hinweg in
Dienstgesprächen oder Verbindungen herumzustochern, kann doch nicht das Mittel
der Wahl sein … Ich bitte Sie! Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass die
Kollegin Ansdorf persönlich gekannt oder Kontakt zur Familie aufgenommen haben
könnte? Allein aufgrund der Aussage der Schwester, sie hätte heftig auf seinen
Tod reagiert?«, fragte er, und seine Stimme klang mehr als skeptisch. »Meine
Güte, das haben schließlich alle – er war ein Kollege, das beschäftigt einen
doch! Und selbst wenn sie so einen Gedanken hatte – vielleicht wollte sie
einfach nur ihr persönliches Beileid aussprechen.«
»Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch möchte ich
dieser Äußerung nachgehen«, erklärte Johanna betont freundlich. »Die Schwestern
waren sehr vertraut miteinander, und ich nehme Karinas Bemerkung überaus
ernst.«
»Ich habe die Bemerkung auch ernst genommen.«
Johanna verdrehte die Augen. »Natürlich. Sie haben Ihren Job
gemacht, und ich prüfe einzelne Aspekte noch einmal, angesichts von fünf toten
Polizisten, die unter fragwürdigen Umständen ums Leben kamen. Das ist mein Job
und keine schlechte Idee, wie Sie gestern selbst festgestellt haben. Und die
Suizid-Annahme stellt für mich in Ermangelung anderer Erklärungen nur eine
erste oberflächliche Beschreibung des Geschehens dar.«
»Aber …«
»Die Frau hatte Höhenangst, wussten Sie das?«
Mareni schwieg einen Moment. »Nein.«
»Glauben Sie allen Ernstes, dass ihr von null auf hundert die
Sicherungen durchgebrannt sind und sie sich kurz entschlossen bei einem
Abendspaziergang über die Brücke in den Tod gestürzt hat?«
»Von null auf hundert – nein. Aber ich denke, es ist wie so häufig:
Kaum jemand kennt seinen Mitmenschen wirklich, auch nicht den Partner oder die
Schwester. Wie oft hören wir, dass man dem Nachbarn, Freund, Ehemann, der
Mutter dies und jenes niemals zugetraut hätte – egal, worum es geht?«, gab
Mareni zu bedenken. »Und alle sind völlig von den Socken, wenn sich plötzlich
Abgründe auftun.«
»Klar, das kenne ich auch«, bestätigte Johanna. »So was passiert
häufig. Aber können Sie mit letzter Sicherheit ausschließen, dass nicht doch
etwas anderes dahintersteckt? Ein tragischer Unfall, den wir uns im Moment
nicht erklären können? Oder doch ein Mord, dessen Hintergründe sich nur noch
nicht erschlossen haben?« Johanna wartete seine Antwort gar nicht erst ab. »Und
noch etwas: Ulrike Huhlmann hatte sich bei der Mordkommission in Wolfsburg
beworben, zu Beginn des Jahres. Wissen Sie etwas darüber?«
»Hm … Ich wusste von einer neu zu besetzenden Stelle und auch, dass
eine Bewerbung vorlag, aber nicht, dass Huhlmann sich dafür interessierte.«
»Könnten Sie die Angelegenheit in Ihrer Dienststelle recherchieren?«
»Ja.«
»Ich brauche noch mehr Informationen.«
»Das dachte ich mir schon …«
Johanna lächelte. Er gab sich Mühe, obwohl er skeptisch war, was
ihre Vorgehensweise anbetraf. »Überprüfen Sie doch bitte Huhlmanns vorliegende
Verbindungsnachweise noch einmal dahingehend, ob sie mit den anderen toten
Polizisten in Berlin und Peine Kontakt hatte.«
»Glaube ich nicht – das wäre aufgefallen.«
»Mag sein, aber Glaube allein hilft hier nicht weiter. Ich muss es
genau und konkret wissen.«
Mareni atmete am anderen Ende der Leitung zweimal tief durch,
während Johanna inzwischen wieder auf der Brücke angekommen war.
»Außerdem muss ich wissen, welche Fälle Ansdorf in den letzten,
sagen wir: sechs Monaten
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