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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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einer routinemäßigen Nachprüfung einige Zeit später noch einmal auf
meinem Schreibtisch landete – reiner Zufall also«, fuhr Kuhl fort. »Ebenso
zufällig ist mir der Name des Architekten irgendwie bekannt vorgekommen, und
ich habe nachgefasst. Sein Büro ist spezialisiert auf den Bau von Moscheen in
Niedersachsen – darüber war ein Zeitungsartikel erschienen –, aber dieser
Aspekt hat bei den Ermittlungen keine Rolle gespielt. Er wurde nicht mal
erwähnt, und genau das hat mich stutzig gemacht. Auf meine Nachfrage erklärte
mir Huhlmann mit großer Bestimmtheit, dass nichts, aber auch rein gar nichts
auf einen antimuslimischen Hintergrund oder einen Zusammenhang mit einem
geplanten Moscheebau hingedeutet habe, sodass der Staatsschutz oder wenigstens
eine übergeordnete Dienststelle hätte eingeschaltet werden müssen. Maurer
teilte diese Ansicht. Also habe ich mein Häkchen gemacht.«
    Hätte ich auch, dachte Johanna. Nichts konnte den Blick mehr verstellen
als der Hang zu Überinterpretationen.
    »Der zweite Fall, der die Wolfsburger Polizei ungefähr zwei Monate
später beschäftigte, ist vergleichbar gelagert«, fuhr Kuhl fort, nachdem sie
einen Schluck Kaffee getrunken und ihren Kuchenteller beiseitegeschoben hatte.
»Ich wurde nur darauf aufmerksam, weil die Maurer krank war und die Akte bei
mir landete. Ein junger Mann wurde nachts auf dem Heimweg angegriffen, entführt
und stundenlang gefoltert, bevor man ihn bewusstlos am Schillerteich in
Wolfsburg zurückließ. Er hatte Glück, dass er überlebte. Seine Angaben führten
ins Leere, nicht ein Verdächtiger konnte festgenommen werden. Wenig später
musste das Lokal seiner Eltern wegen Salmonellenbefalls vorübergehend
geschlossen werden. Sie meldeten den Vorfall der Polizei und erstatteten
Anzeige, aber auch diese Ermittlungen verliefen im Sande und wurden zügig
eingestellt.«
    Johanna sah die Staatsanwältin unverwandt an.
    »Die Eltern des jungen Mannes, der als Übersetzer im VW -Werk arbeitet, stammen aus der Türkei, und die
Familie engagiert sich im Islamischen Kulturzentrum Wolfsburg, aber wie heißt
es immer so schön: Die Celiks sind ein wunderbares Beispiel für gelungene
Integration«, setzte Kuhl ihren Bericht fort. »Kommissar Ansdorf äußerte in
einem abschließenden Aktenvermerk dennoch die persönliche Einschätzung, dass
eine familiäre Auseinandersetzung vorliege und Karim Celik seiner Ansicht nach
genau wüsste, wer ihn so übel zugerichtet habe.«
    Einen Moment lang schwiegen beide Frauen. Johanna ließ die Darstellungen
nachklingen.
    »Das muss nicht zwingend etwas bedeuten. Eine einzige Parallele ist
noch lange kein übergreifender Zusammenhang«, ergriff Kuhl schließlich wieder
das Wort. »Aber vielleicht ist hier doch an irgendeiner Stelle etwas faul, oder
es fällt ein Stichwort, auf das Sie im Laufe Ihrer Nachforschungen
zurückgreifen können.«
    »Gut möglich«, erwiderte Johanna grübelnd. »Danke für Ihre
Offenheit. Ich werde der Sache auf jeden Fall nachgehen. Ansdorf, Huhlmann, hm
… Welchen Eindruck haben Sie eigentlich von Ihrer Kollegin Maurer?«
    »Sie ist integer, hochintelligent und korrekt – keine
Staatsanwältin, die sich allseits beliebt macht, was in unserem Job unbedingt
für sie spricht«, entgegnete Kuhl sogleich. »Manchmal, wie schon angedeutet,
ein bisschen schnell in ihren Entscheidungen. Sie hat es nicht ganz einfach –
ihr einziger Sohn ist schwerstbehindert, und sie verbringt einen großen Teil
ihrer Freizeit in der Einrichtung, in der er untergebracht ist. Falls Sie
vorhaben, mit ihr zu sprechen, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn –«
    »Schon klar«, versicherte Johanna schnell. »Ich beziehe mich nicht
auf Sie.«
    Annegret Kuhl bestellte bei der vorübereilenden Kellnerin noch zwei
Espresso, und Johanna bat um die Rechnung, als ihr Handy klingelte.
»Entschuldigung, aber …«
    »Sie sind im Dienst, nur zu.«
    Luca Mareni stand auf dem Display. »Na, Herr Kommissar, sind Sie
fündig geworden?«, fragte Johanna.
    »Möglicherweise. Es gibt einen Fall, den Sie sich noch mal ansehen
sollten.«
    »Lassen Sie mich raten: Karim Celik«, tippte Johanna und konnte sich
ein Grinsen nur schwer verkneifen, als Mareni gefühlte zehn Minuten keinen
einzigen Ton herausbrachte. »Sind Sie noch dran?«
    »Ja. Sie verblüffen mich, Kommissarin Krass.«
    »Das höre ich selten. Ich bin gerade unterwegs. Ist es Ihnen recht,
wenn ich mich in Kürze noch mal melde?«
    »Natürlich. Bis

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