Berlin Wolfsburg (German Edition)
später.«
Johanna warf Annegret Kuhl einen langen Blick zu. »Luca Mareni, der
junge Kollege aus Reinders Truppe, hat gerade Celiks Akte durchforstet und ist
wohl der Meinung, dass dort noch ein paar Fragen offen geblieben sind.«
»Wie passend.«
»Finde ich auch. Wie sind eigentlich Ihre Verbindungen nach Peine
beziehungsweise zur zuständigen Staatsanwaltschaft Hildesheim?«
»Ich nehme an, Sie fragen wegen Karsten Vogt?«
»Genau, der Mann ist nach allgemeiner Einschätzung ein sympathischer
Kollege gewesen, der sich nichts zuschulden kommen ließ, die Tochter rühmt
seine Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit. Niemand hat eine Erklärung für seine
Tat. Weitergehende Infos stehen mir bislang nicht zur Verfügung, geschweige
denn ein Einblick in seine Fälle«, erwiderte Johanna.
»Ich werde meine Fühler ausstrecken«, versprach Kuhl, als der
Espresso serviert worden war. »Unter Umständen bekomme ich aber nur
inoffizielle Infos.«
»Damit kann ich leben. Danke schon mal im Voraus.«
»Keine Ursache. Halten Sie mich bitte unbedingt auf dem Laufenden.«
Zehn Minuten später eilte Johanna in die Tiefgarage und vereinbarte
ein Treffen mit Mareni – diesmal zur Abwechslung ganz offiziell in seinem Büro
in der Polizeiinspektion Heßlinger Straße.
***
Michael Rossbach klang verschnupft und dezent unterkühlt. Damit
hatte sie gerechnet. Die Affäre mit ihm lag schon eine ganze Weile zurück – um
genau zu sein, war es gut fünf Jahre her, dass Annegret Kuhl sich bei einer
Fachtagung in München auf seine Avancen eingelassen hatte, um das
Techtelmechtel nach ihrer Rückkehr rasch zu beenden. Staatsanwalt Rossbach war
charmant und sah gut aus, er hatte Stil und Humor, und er war verheiratet. Sie
wollte keinen Platz als Dauer-Geliebte, auch wenn es ein Stammplatz gewesen
wäre. Außerdem, und dieser Aspekt war wohl der schwerwiegendste für ihn, hatten
sich ihre Gefühle im Alltag zügig wieder abgekühlt. Immer wenn sie sich in den
folgenden Jahren begegnet waren, hatte Rossbach durchblicken lassen, dass seine
Enttäuschung über ihren Rückzug sehr groß war … Verlassene Männer konnten so
unglaublich lange beleidigt sein. Verjährung kam nicht in Frage.
Annegret Kuhl war direkt nach dem Gespräch mit Johanna Krass nach
Hause gefahren und hatte Rossbach angerufen, der beim Landgericht Hildesheim
tätig war. Es dauerte einige Minuten, bis er schließlich zugänglicher wurde und
bereit war, sich mit ihrem Anliegen zu befassen.
»Natürlich habe ich davon gehört«, erwiderte er, auf die
Polizisten-Suizide angesprochen. »Wer nicht? Und was hast du damit zu tun?«
»Nun, aus meinem Bezirk stammen zwei Kommissare, aus deinem einer,
und ich bin durchaus der Meinung, dass wir noch mal genauer hinsehen sollten,
woran die Polizisten gearbeitet haben.«
»Tatsächlich? Und auf die Idee bist du mal eben so gekommen? Hast du
sonst nichts zu tun?«
»Michael, das BKA hat seine Fühler
ausgestreckt – das tut es nicht, weil denen langweilig ist. Die Beamtin aus
Berlin recherchiert halb offiziell, im Moment jedenfalls. Ich kenne sie gut und
würde ihre Arbeit gern unterstützen, auch wenn die Aktenlage zurzeit nichts
oder nur sehr wenig hergibt.«
Rossbach schnaufte leise. »Hast du irgendeinen blöden Fehler
gemacht, der ausgebügelt werden muss?«
»So was kann man nie ausschließen, und hinterher ist man immer
schlauer, aber darum geht es gar nicht.«
»Nein?«
»Nein«, wiederholte Kuhl geduldig. »Falls die Opfer nämlich
tatsächlich einen gemeinsamen Nenner haben, womöglich einen gefährlichen, den
wir nur nicht erkennen, ist nicht auszuschließen, dass es weitere Tote geben
wird.«
Kurzes Schweigen. »Na schön. Wie war der Name des Peiner Beamten?«
»Karsten Vogt.«
»Worauf soll ich achten?«
»Seine letzten größeren Ermittlungen und Hinweise darauf, ob er in
irgendeiner Weise auffällig geworden ist.«
Rossbach stöhnte leise. »Allgemeiner geht es wohl nicht? Hast du
vielleicht freundlicherweise zusätzlich ein Stichwort parat?«
»Doch, ja. Achte auf Verfahren, bei denen Muslime angegriffen
wurden.«
Schweigen. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Ich hoffe nicht, aber …« Annegret Kuhl brach ab. »Falls dir in
dieser Richtung etwas ins Auge sticht, guck noch mal genauer hin. Wie schnell
kannst du mir Nachricht geben?«
»Am Wochenende, frühestens, und auch nur, weil du es bist.«
»Zu spät.«
»Hör zu …«
»Glaub mir, der Aufwand ist geringer, als du annimmst. Du
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