Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
Vom Netzwerk:
hatte
sie gesprochen. Sie erinnerte sich an das schmale kindliche Gesicht und die
großen dunklen Augen, und sie erinnerte sich vor allem an die wundervolle,
glockenklare Stimme der Frau. Sie war dreißig, aber sie hatte wie Anfang
zwanzig gewirkt. Katryna lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das
andere. Sarah Mohn könnte die Unbekannte auf dem Foto sein.

14
    Johanna hatte schlecht geschlafen und sich darum ein
besonders üppiges Frühstück aufs Zimmer bestellt. Die Unterredung mit Scheidner
würde Folgen haben, und zwar unangenehme, dessen war sie sich sicher. Als ihr
Handy klingelte, war sie davon überzeugt, dass Samthof sie nach Berlin
zurückbeordern wollte, um sie die nächsten drei Monate in ihrem staubigen Büro
verkümmern zu lassen. Aber es war Katryna Nowak.
    »Sarah Mohn«, sagte sie nach kurzer Begrüßung. »Die Frau auf Ihrem
Foto könnte Sarah Mohn sein – eine Mitarbeiterin von Komfortbau.«
    Johanna stutzte kurz. Sarah. Die Frau hieß auch Sarah. Merkwürdiger
Zufall. Nur Scheidners Sahra schrieb sich anders als gewöhnlich, wie sie selbst
erst im Laufe der Ermittlungen festgestellt hatte. Sie schüttelte den Kopf.
»Aber Sie sind nicht hundertprozentig sicher?«
    »Nein – fünfundneunzigprozentig. Ich habe die Frau vor einem Jahr zu
einem Unglücksfall mit Todesfolge befragt, der sich anlässlich einer
Betriebsfeier ereignet hatte«, antwortete die Kollegin und fasste die damaligen
Ereignisse und Ermittlungsansätze in wenigen Worten zusammen.
    »Das reicht für eine Personenüberprüfung. Aber wo ist die
Verbindung?«, grübelte Johanna.
    »Scheidner war der leitende Staatsanwalt.«
    »Echt?«
    »Ich verstehe, was in Ihnen vorgeht, allerdings endet die Verbindung
hier auch schon«, schränkte Nowak sofort ein. »Wir haben seinerzeit Dutzende
von Leuten befragt, manche mehrfach, weil viele nicht sonderlich traurig oder
entsetzt schienen, dass ein Kollege verstorben war, noch dazu auf diese höchst
unerfreuliche Art. Scheidner hat das Verfahren aber einstellen müssen, da keine
Indizien für eine Straftat vorlagen, auch wenn es so schien, als hätte manch
einer ein Motiv haben können – vielleicht nicht gerade für einen Mord, aber
unterlassene Hilfeleistung wäre in dem Fall durchaus denkbar gewesen. Doch der
Herr Staatsanwalt war ja nicht persönlich dabei.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Im Computer existiert kein Vermerk, dass sich Scheidner
höchstpersönlich bei den Zeugenvernehmungen eingebracht hat – nur mein Name und
der meines Kollegen tauchen auf«, erwiderte Nowak. »Die aktive Beteiligung des
Staatsanwalts bei den Vernehmungen ist ja ohnehin eher die Ausnahme und dürfte
bei so einem unspektakulären Fall noch seltener vorkommen.«
    »Und was ist mit der Handakte?«
    »Die dürfte bereits im Archiv sein … Soll ich mich vergewissern, ob
die Unterlagen den Eintragungen in der Datenbank entsprechen?«
    »Bitte.«
    »Gut. Mach ich. Und sonst?«
    Johanna sah auf die Uhr. »Ich werde mit Tony sprechen. Ich muss
alles über diese Frau wissen und über diese Firma. Danke, dass Sie sich so
dahintergeklemmt haben. Der Hinweis könnte sich als bedeutsam erweisen.«
    »Gerne. Ach, Frau Krass – ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber …«
    »Nur zu.«
    »Sollten Sie mit dieser Frau zu tun haben, werden Sie feststellen,
dass sie sehr ungewöhnlich ist – zart, kindlich«, erörterte Katryna Nowak mit
leisem Zögern. »Und sie verfügt über eine wunderbare Stimme. In eine Baufirma
passt diese Frau irgendwie gar nicht.«
    »Interessant«, sagte Johanna, und sie meinte es auch so.
    Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, benötigte sie ihre gesamte
Überredungskunst, um Tony am Sonntag zu bewegen, an ihren Arbeitsplatz zu
eilen, noch dazu am frühen Morgen.
    »Hör zu – wenn der Scheidner mich bei Samthof anschwärzt, muss ich
wenigstens ein, zwei gute Antworten parat haben, um meinen Ermittlungseifer zu
begründen«, fügte sie schließlich hinzu. »Du kennst doch das Spiel – scheiß
niemals einen Vorgesetzten an, erst recht keinen Staatsanwalt, sofern du nicht
sehr, sehr, sehr gute Gründe dafür hast und sie jederzeit belegen kannst.
Außerdem werden sie mir den Fall beziehungsweise die Fälle bald entziehen, das
spüre ich bis in den kleinen Zeh! Aber bis dahin möchte ich so viele Argumente
wie nur irgend möglich für meinen Verdacht sammeln. Ich bin nämlich fest davon
überzeugt, dass die Morde an den Polizisten nicht auf das Konto welcher
Terrorgruppe auch immer

Weitere Kostenlose Bücher