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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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ich die jetzt ab? Und wie sehe ich denn überhaupt aus? Er richtet den Strahl der Taschenlampe auf sich selbst und sucht sich ab und erschrickt.
    Früher einmal hat er einen Ami-Film gesehen, da kam so etwas vor, und damals hat er es lustig gefunden. Aber wenn einer selbst in dem Auto hockt, in dem einem anderen der Kopf auseinanderfliegt, dann findet der die Sauerei überhaupt nicht lustig. Vor allem nicht, wenn er das Auto noch braucht.
    Und das Auto braucht Harlass, weil er zu Fuß allein nicht aus diesem verdammten Forst herausfindet. Weil er zu Fuß und in diesen blutverschmierten Klamotten sich überhaupt nirgends blicken lassen kann. Und weil er sich nirgends in diesem Wald verstecken kann, wo ihn nicht binnen einer Stunde ein Polizeiköter aufschnüffelt.
    Er geht zum Wagen und schaut sich zum ersten Mal an, wie es im Wageninneren überhaupt aussieht. Die Seitenscheibe ist nicht nur zerschossen, sondern auch verschmiert, ebenso das Armaturenbrett. Auch die Frontscheibe muss gesäubert werden. Dunkle, feuchte Flecken auf der Rückenlehne. Besonders verdächtig schließlich die Pfütze, die im Licht der Stablampe auf der Fußmatte schimmert. Er bräuchte Sägemehl. Und das ist noch das wenigste. Er bräuchte Wasser. Viel Wasser. Und Tücher. Und einen Waschzuber.
    Und Zeit, fällt ihm ein. Zum Abwischen könnte er die Decke vom Rücksitz nehmen. Wasser gibt es in dem Gewässer hinter dem Unterstand. Mehr als genug. Aber Zeit? Regulskis Handy fällt ihm ein, das noch in der Seitentasche steckt. Er nimmt es, es ist eingeschaltet, was bedeutet, dass es auch jederzeit geortet werden kann. Eine SMS -Nachricht ist eingelaufen, er ruft sie auf:
    »Alles ok? Fahndung nach h läuft.«
    h? h wie Harlass? Eine Neuigkeit aus der Bullerei für einen Bullen. Eine interne Information. Wer teilt so etwas mit? Ein anderer Bulle, der näher an der Quelle sitzt. Wie viel Zeit hat er also?
    Entschlossen schaltet er das Handy ab. Er holt die Decke, sie ist aus flauschiger Wolle, er bräuchte eine Schere, um Lappen daraus zu schneiden. Im Werkzeugkasten hat er so etwas gesehen, tatsächlich ist es keine Papierschere, sondern schwerer und der eine Griff größer als der andere, so dass man die Schere mit der ganzen Hand nehmen und dann zudrücken kann. Wofür braucht – nein, wofür hat Regulski so etwas gebraucht? Um Klamotten durchzutrennen? Er schneidet sich einen Lappen aus der Decke und macht sich daran, die Frontscheibe abzuwischen, aber der Lappen verschmiert nur und saugt nicht auf, warum saugt Wolle nicht auf?
    Eben drum, sagt er sich, und es fällt ihm das Verbandsmaterial aus dem Erste-Hilfe-Set ein. Er holt es und rollt eine der elastischen Binden darin so weit auf, dass er sie wie eine Art Feudel in die Hand nehmen kann. Damit bekommt er immerhin die Frontscheibe so weit sauber, dass er Sicht haben wird, und auch die Seitenscheibe rund um das Ausschussloch. Er wischt auch Lenkrad und Armaturenbrett ab, aber da braucht er schon die zweite Rolle Verbandsmaterial. Dann hilft alles nichts, und er muss sich überlegen, was er mit der Fußmatte macht. Einfach raus!, denkt er schließlich, löst mit spitzen Fingern die Matte aus der Bodenverankerung und hebt sie dann vorsichtig aus dem Wagen, so dass ihm nicht noch mehr Blut auf die Hose suppt, und trägt sie hinter die Bäume. Er wirft dabei auch einen Blick auf den laubbedeckten Jutesack, aber darunter rührt sich nichts mehr.
    Zurück beim Wagen, leuchtet er den Innenraum noch einmal aus. Irgendwann wird er den Opel ohnehin abfackeln oder sonst wie loswerden müssen. Nicht irgendwann, sondern bald. Doch fürs Erste kann es so bleiben. Nur unterm Fahrersitz schimmert schwärzliche Schmiere – ausgelaufenes Öl? Nein, es ist Blut, das von der Matte geschwappt sein muss. Aber das Verbandsmaterial ist verbraucht, und Sägemehl hat er keines. Also nimmt er die Schere und beugt sich über den Rücksitz. Das eine Ende der Schere ist spitz zulaufend, so dass er sie fast ohne Mühe in den Stoffbezug der Rückenlehne einstechen und sich ein ordentliches Rechteck Stoff und Polsterwatte herausschneiden kann. Er legt das Rechteck auf den Boden vor dem Fahrersitz, vielleicht saugt die Polsterwatte das Blut auf, vielleicht deckt sie es nur zu, egal! Was von der Wolldecke übrig ist, zieht er über den Fahrersitz und die Rückenlehne.
    Er tritt einen Schritt zurück und ist fast zufrieden. Aber irgendetwas stimmt noch immer nicht. Das Loch in der Seitenscheibe sieht genauso aus wie das,

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