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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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was es auch wirklich ist. Er überlegt, ob er die Scheibe herunterkurbeln soll, aber bei dem Wetter ist das keine gute Idee. Doch im Verbandskasten hat es noch eine Rolle Heftpflaster, und so klebt er waagerecht und senkrecht ein paar Streifen über das Loch und die gesplitterten Stellen drum herum. Dann muss er doch ein allerletztes Mal zu der Stelle unter den Bäumen gehen, aber dort ist alles so ruhig, wie es nur sein kann. Und so steigt er in den Wagen, der Sitz ist für ihn zu weit hinten, also korrigiert er die Einstellung und dreht den Zündschlüssel um.
    Der Motor springt an, und das Radio ist wieder auf Empfang. Dortmund hat gewonnen, der HSV zu Hause verloren, Bayern führt im Abendspiel. Wie Hertha BSC und die Zweite Liga gespielt haben, das interessiert bereits jetzt kein Schwein mehr.
    Er stößt mit dem Opel zurück und fährt los. Nach ein paar hundert Metern kommt eine Brücke, da hält er noch einmal kurz und wirft das Handy in hohem Bogen über das Brückengeländer in das Gewässer darunter. Dann überlegt er kurz, holt sein eigenes Handy aus der Jacke und muss dazu den Gurt wieder lösen. Das Handy ist ausgeschaltet, aber woher weißt du, dass die nicht auch ein ausgeschaltetes Handy orten können? Und wen willst du damit noch anrufen? Vielleicht den Dolf? Der dir diesen Bullen angewanzt hat? Und wieder fliegt ein Handy in hohem Bogen übers Geländer.
    Wohin dann? Er hat keine Ahnung. Einfach geradeaus!
    D er Wagen, der seit gut einer Stunde halb auf dem Bürgersteig geparkt ist, sieht so unauffällig aus, dass es schon wieder auffällig ist. Auf dem Klingelbrett findet sich zwar der Name, den Berndorf sucht: G. Marcks, aber es wäre sinnlos, jetzt dort vorsprechen zu wollen. Er geht auf die andere Straßenseite und bleibt dort unter den Bäumen stehen. In der dritten Etage ein warmes, helles Licht – fast könnte man es für eine Festbeleuchtung halten.
    Was treiben die Kollegen da oben? Fürs Erste hätte es genügt, die wichtigsten Unterlagen sicherzustellen und die Wohnung zu versiegeln. Das müsste längst erledigt sein. Also gibt es Angehörige, eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner, und die werden befragt. Es gibt Lustigeres im Polizistenleben. Er blickt um sich. Wer hier wohnt, lebt nicht von Hartz IV. Um das herauszufinden, hätte er nicht hierherfahren müssen. Weiter oben, an einer Kreuzung, blinkt rot-weiß-grün die Neonreklame einer Osteria, und als er es sieht, fällt ihm ein, dass er Hunger hat, ach was Hunger! Richtig Kohldampf.
    Die Osteria ist eine postmodern umgebaute Eckkneipe, mit Stahlrohrstühlen möbliert, hell erleuchtet und proppenvoll. Er zögert, der Padrone schlägt ihm vor, an der Bar zu warten, Berndorf ist einverstanden und wuchtet sich auf einen Barhocker. Dann gibt es doch eine kurze Diskussion hinter der Theke, einer der Kellner kommt auf Berndorf zu und weist einladend auf einen leeren, aber reservierten und für zwei Personen gedeckten Tisch: Die Herrschaften kämen wohl nicht mehr. Berndorf ist es recht, er nimmt Platz und nickt dem Paar zu, das am Tisch nebenan sitzt – einer Frau mit einer grau durchwirkten roten Mähne und einem Mann mit kurzen grauen Haaren und grauem Fünf-Tage-Bart – und nimmt sich die Karte vor. Eigentlich wäre er mit einem Teller Pasta und einer Karaffe Barolo zufrieden, aber unter den Pesce ist ein Heilbutt angeboten, da nimmt er besser Reis dazu und einen trockenen Weißwein … Während er noch überlegt, bemerkt er, dass er beobachtet wird, er blickt auf und in die Augen der Rothaarigen.
    Er hebt die Augenbrauen, und die Frau muss lachen. »Entschuldigen Sie«, sagt der Mann mit dem Fünf-Tage-Bart. »Aber samstags um diese Zeit sitzt hier immer ein guter Freund von uns, und zwar so unerschütterlich jeden Samstag, dass wir uns gerade wirklich gefragt haben, wie er sich so hat verändern können.«
    »Sie sind nämlich«, ergänzt die Rothaarige, »sozusagen ein Gegenbeispiel zu ihm. Phänotypisch, meine ich.«
    Berndorf bedauert sehr, dass er den Freund nicht ersetzen kann. »Aber vielleicht hat er sich nur verspätet – wollen Sie ihn nicht anrufen?«
    »Das würde Giselher nicht wollen«, sagt der Mann. »Er würde sich kontrolliert fühlen. Das kann er nicht ab …«
    »Giselher?«, fragt Berndorf. »Sie meinen doch nicht etwa Giselher Marcks? Marcks mit Ce-Ka-Es? Der Vorname ist so häufig nicht.«
    »Oh!«, ruft die Rothaarige. »Sie kennen ihn? Sind womöglich auch Büchernarr?«
    Berndorf hebt kurz die

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