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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel
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Batterie und Motorblock verschmierte sie sich die zerschundenen Finger. Sie vermisste eine Taschenlampe. Das Deckenlicht war zu schummrig, um etwas zu erkennen. Dennoch machte sie weiter, bis sie einsah, dass da nichts war
    Kalle hatte recht: Als Mechaniker hätte er die Steine bestimmt gefunden, wenn Rabe sie im Auto versteckt hätte.
    Ein Scharren am Tor ließ Rita herumfahren. Eine Gestalt tauchte in der Öffnung auf.
    Rita duckte sich hinter den Golf und sah sich nach einer Waffe um. Nur ein Regal mit Kleinkram. Kein Wagenheber in Reichweite wie heute Vormittag in Kalles Werkstatt.
    Schritte, die näher kamen.
    »Rita?«
    Die Stimme kannte sie nur zu gut.
Seine
Stimme.
    Olschewski stand vor ihr. Offenbar war er ihr seit der Vernehmung in Mayen auf den Fersen.
    Er fragte: »Warum hast du mich nicht angerufen?«
    Sie streckte die Hand in seine Richtung, als könne sie ihn auf Distanz halten. »Du Scheißkerl hast mich betrogen!«
    »Ach?«, erwiderte Olli. »Und auf dem Autobahnparkparkplatz habt ihr Mau-Mau gespielt, du und Rabe?«
    Schweigend starrten sie sich an.
    Rita senkte den Blick als erste. Sie ärgerte sich über das Zittern in der Stimme, als sie antwortete: »Rabe ist Pinkeln gegangen und ich hab währenddessen den Peilsender ausgemacht, wie du’s mir gezeigt hast.«
    Der Bulle wandte sich ab und durchstöberte das Regal.
    Rita wurde laut: »Mach mir bloß keinen Vorwurf!«
    Olli kam mit einer Plastikwanne zurück, die er unter den Wagen stellte. Wortlos hackte er mit einem Schraubenzieher in den Eingeweiden der rostigen Karre. Es tat ihr weh, dass der Bulle so gefasst reagierte und sie zu ignorieren schien.
    »Und jetzt?«, wollte sie wissen.
    Es tropfte. Rita roch Benzin. Olli stocherte weiter. Nimm mich lieber in den Arm, dachte sie.
    Der Treibstoff ergoss sich in die Wanne. Rita vernahm ein leises Prasseln. Kleine Steine, die aus dem Tank rieselten.
    Olli fischte die Diamanten aus der Benzinbrühe und bettete sie auf eine alte Zeitung.
    Rita fauchte: »Zweihunderttausend, hast du mir weismachen wollen.«
    »Was soll daran nicht stimmen?«
    »Die sind mindestens eine Million wert.«
    »Hat Rabe das behauptet? Der kannte die Summe nur aus der Zeitung. Der Juwelier hat übertrieben, um mehr von der Versicherung zu bekommen.«
    »Ich glaub dir kein Wort.«
    Olli teilte den Haufen in gleich große Hälften. »Du kannst die Steine abzählen, wenn du willst. Im Unterschied zu dir habe ich nicht vor, dich zu hintergehen.«
    Er wickelte die Diamanten in Zeitungsseiten und trat auf sie zu. Rita wich zurück.
    »Ich lasse mich scheiden«, sagte Olli.
    »Das behauptest du, seit wir uns kennen.«
    »Jetzt hab ich ernst gemacht. Heute früh bin ich ausgezogen. Ich dachte ...«
    »Was dachtest du?«
    »Dass es mit uns beiden ...«
    »Rühr mich nicht an«, sagte sie, obwohl er keine Anstalten dazu machte.
    Leise entgegnete er: »Sag, dass alles nur ein Missverständnis war. Dass du mich noch liebst.«
    Rita schüttelte den Kopf, drückte sich an Olschewski vorbei ins Freie und rannte zu ihrem Auto. Mit dem Ärmel wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Der Mond war aufgegangen und ließ den Nebel leuchten. Es sah künstlich aus, fand Rita. Wie eine Filmkulisse.
    Ihr fiel ein, dass die Juwelen dem Jungen zustünden, der seinen leiblichen Vater verloren hatte. Dann dachte sie, es sei gut, dass Rabe tot war. Nach einer Weile wurde ihr klar, dass nichts davon stimmte.
    Am liebsten hätte sie den heutigen Tag aus ihrem Leben gestrichen. Er hatte sie verändert, und sie wusste nicht, ob ihr die neue Rita gefiel.
    Sie startete den Motor und knipste die Scheinwerfer an. Olschewski stand vor dem Auto und blinzelte im grellen Licht.
    Rita kurbelte die Scheibe herunter. »Behalt die Steine! Mach, dass du nach Hause kommst!«
    »Geht nicht. Ich hab kein Zuhause mehr.« Er trottete näher. Die Tüten aus Zeitungspapier stanken nach Benzin. Seine wasserblauen Augen fixierten sie.
    »Was willst du?«, fragte Rita.
    »Sag du’s mir.«
    »Hast du Lust auf Mangokuchen?«
    Auf dem Rückweg ins Rheinland zappte sie durch die Kanäle ihres Autoradios, um die schrecklichen Bilder aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Sie fand einen Sender, der ruhigen Jazz spielte. Olli folgte in seinem Wagen. Rita wusste, dass auch er diese Musik mochte.
    Sie nahm sich vor, ihn bei sich auf dem Sofa pennen zu lassen. Morgen würde sie ihm sagen, wie sie sich entschieden hatte.
    Dann würde sie wissen, wer die neue Rita war.

Aufruhr am Rursee
von

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