Berndorf, Jacques (Hrsg)
Krimi, die Flasche Wein und die Kekse gingen gleichzeitig zu Ende, und Carmen schloss zufrieden die Augen.
Joey wartete bis gegen Mitternacht, hockte in den Büschen vor dem dunklen Haus und beobachtete aufmerksam die Reihen der Fenster. Nirgendwo eine Bewegung oder ein Licht. Ein letztes Mal blickte er sich in alle Richtungen um. Kein Mensch auf der Straße. Gebückt schlich er um das Haus herum. Mit Sicherheit gab es eine Hintertür zum Garten, und die würde er, ohne Gefahr beobachtet zu werden, aufbrechen können.
Hinter dem Haus erstreckte sich der Park weit bis in die Dunkelheit hinein. Joey konnte weder einen Zaun noch eine Hecke ausmachen, so groß war das Gelände. Die sind mit Sicherheit stinkreich, dachte er und rieb sich in der Vorfreude auf seinen baldigen Reichtum bereits die Hände.
Die Hintertür war aus soliden Holzbohlen gefertigt, hatte aber nur ein einfaches Schloss. Mit Schraubenzieher und Drahtbügel fuhrwerkte Joey eine Viertelstunde darin herum. Mist, er hätte sich das mal von jemandem zeigen lassen sollen, der etwas davon verstand. Eine Sekunde erwog er, seinen Kumpel Jupp anzurufen, mit dem er die anderen Brüche durchgezogen hatte. Aber das hieße teilen, und danach stand ihm ganz und gar nicht der Sinn.
Entnervt gab er auf und begutachtete die Fenster zu beiden Seiten der Tür. Fest verschlossen. Er würde eine Scheibe einschlagen müssen. Zweifelnd sah er sich um, kam aber zu dem Ergebnis, dass die Nachbarhäuser zu weit entfernt waren und das kurze Scheppern sicher ungehört bliebe.
Er wickelte seine Jacke fest um seine Hand und schlug zu. Das Klirren des einfachen Glases gellte ihm in den Ohren wie eine Polizeisirene. Mit angehaltenem Atem blieb er reglos stehen und wartete. Aber alles blieb ruhig. Kein Hund bellte, kein Licht flammte auf.
Vorsichtig griff er durch die gezackten Glasreste und entriegelte das Fenster. Es war groß genug, dass er bequem hindurchsteigen konnte. Mit einem sanften Sprung landete er auf den Küchenfliesen und verharrte wieder einige Sekunden ruhig, bevor er sich aufrichtete und umblickte. Das Licht der Straßenlaternen reichte nicht bis in die Küche. Er schaltete seine Taschenlampe ein und ließ den Lichtkegel über Schranktüren, Kühlschrank und Arbeitsplatte wandern. Alles sauber. Kein Hinweis darauf, dass kürzlich jemand hier etwas gegessen hatte. Außerdem roch es so muffig, als ob monatelang nicht gelüftet worden sei.
Joey atmete auf. Gut. Das Haus war tatsächlich leer. Jetzt konnte er in aller Ruhe nach Wertsachen suchen.
Ohne sonderlich auf das Geräusch seiner Schritte zu achten, tastete er sich im Halbdunkel in den Flur und öffnete die erste Tür auf der linken Seite, hinter der er zu Recht das Wohnzimmer vermutete.
Mit einem Ruck schreckte Carmen aus dem Schlaf auf. Im ersten Augenblick drehte sie orientierungslos den Kopf hin und her. Dann wusste sie plötzlich, was sie geweckt hatte. Irgendwo hatte Glas geklirrt.
Rasch wog sie die verschiedenen Möglichkeiten ab, die das Geräusch hätten verursacht haben können. Der Fernseher schied aus, denn der Bildschirm war dunkel. Ein vom Sturm abgebrochener Ast konnte es bei dieser Windstille ebenfalls nicht sein. Endlich kam sie an der einzig richtigen Lösung nicht mehr vorbei: Es war ein Einbrecher im Haus. Carmen schwang die Beine aus dem Bett, richtete sich auf und tastete im Dunkeln zur Schlafzimmertür. Währenddessen arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren, um zu entscheiden, was sie nun tun sollte.
Joeys Gesicht strahlte so hell, dass er beinahe auf die Taschenlampe hätte verzichten können. Geld, jede Menge Geld in den Schreibtischschubladen. Er nahm sich nicht die Zeit, es zu zählen, aber seinem Gefühl nach hatte er schon mehrere tausend Euro in seinen verschlissenen Rucksack gestopft. Für ein bisschen davon, beschloss er kühn, würde er sich einen Wagen mieten und morgen Abend noch einmal wiederkommen, um Fernseher, Stereoanlage und das Silber zu transportieren, das offenbar überall im Haus verteilt war. Gut möglich, dass auch die alten Schinken an den Wänden etwas wert waren. Er würde einfach alles mitnehmen.
Aber zuerst würde er sich im oberen Stock umsehen. Leute, die so viel Geld einfach im Schreibtisch aufbewahrten, legten mit Sicherheit auch ein paar Scheinchen unter die Matratze oder in den Nachttisch.
Glückliche Zeiten, dachte er, als er mit beschwingten Schritten die teppichbelegten Stufen hinaufschritt.
Carmens Entschluss stand fest. Sie würde sich nicht
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