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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Rückhand, voll durchgezogen wie der sieg bringende Schlag in einem Tennismatch, der ihn bewußtlos an der Wand zu Boden streckte. Als ich mich umdrehte, sah ich, daß die Frau Jeschonneks Revolver aufhob. Es war nicht der Augenblick für Ritterlichkeit, andererseits wollte ich sie nicht auch noch erschießen. Also machte ich einen energischen Schritt nach vorn und verpaßte ihr einen Kinnhaken.
    Nachdem ich Jeschonneks Waffe sicher in meiner Manteltasche verstaut hatte, beugte ich mich über ihn. Man brauchte kein Leichenbestatter zu sein, um zu erkennen, daß er tot war. Es gibt reinlichere Methoden, einem Mann die Ohren zu putzen, als eine 9-Millimeter-Kugel. Ich steckte mir eine Zigarette in den trockenen Mund und setzte mich an den Tisch, um zu warten, daß Haupthändler und die Frau wieder zu sich kamen. Ich rauchte mit zusammengebissenen Zähnen, sog den Rauch tief in meine Lungen und atmete kaum aus, außer in kleinen, nervösen Stößen. Ich hatte das Gefühl, als spiele jemand mit meinen Eingeweiden Gitarre.
    Der Raum war mit einem abgeschabten Sofa, einem Tisch und ein paar Stühlen spärlich möbliert. Auf dem Tisch lag auf einem rechteckigen Stück Filz Six' Halsband. Ich warf die Zigarette weg und zog die Diamanten zu mir rüber. Die Steine, gegeneinander klackernd wie eine Handvoll Murmeln, fühlten sich in meiner Hand kalt und schwer an. Man konnte sich kaum vorstellen, daß eine Frau sie trug: Sie sahen ungefähr so handlich aus wie ein Besteckkasten. Neben dem Tisch stand eine Aktentasche. Ich hob sie hoch und warf einen Blick hinein. Sie war voll Geld - Dollar- und Pfundnoten, wie ich erwartet hatte -, und da waren noch zwei falsche Pässe, ausgestellt für Herrn und Frau Teichmüller - die Namen, die ich auf den Flugscheinen in Haupthändlers Wohnung gesehen hatte. Die Fälschungen waren gut, jedoch nicht schwer zu bekommen, vorausgesetzt, man kannte jemanden auf dem Paßamt und war bereit, eine gehörige Summe zu bezahlen. Bisher hatte ich noch nicht daran gedacht, doch jetzt wollte mir scheinen, daß es, angesichts der vielen Juden, die zu Jeschonnek kamen, um ihre Flucht zu finanzieren, eigentlich folgerichtig wäre, als überaus lohnenden Nebenerwerb einen Handel mit gefälschten Pässen aufzuziehen.
    Die Frau stöhnte und setzte sich auf. Sich das Kinn reibend und leise schluchzend, ging sie zu Haupthändler, der sich gerade auf die Seite wälzte. Sie hielt ihn bei den Schultern, während er sich das Blut von Nase und Mund wischte. Ich schlug ihren neuen Paß auf. Ich weiß nicht, ob man sie, wie Marlene Sahm es tat, eine Schönheit hätte nennen können, aber sie sah unzweifelhaft gut aus, wohlerzogen und intelligent - in keiner Weise wie das leichte Mädchen, das ich mir vorgestellt hatte, als ich hörte, sie sei ein Croupier.
    «Tut mir leid, daß ich Sie niederschlagen mußte, Frau Teichmüllep>, sagte ich. «Oder Hannah oder Eva oder wie immer Sie sich selber oder jemand anderer im Augenblick nennen.»
    Der Abscheu, mit dem sie mich anfunkelte, reichte völlig aus, um ihre Augen und die meinen zu trocknen. «Sie sind doch nur eine kleine Nummep" sagte sie. «Ich kann nicht verstehen, warum es diese beiden Idioten für notwendig hielten, Sie aus dem Weg zu räumen.»
    «Ich hätte gedacht, das müßte Ihnen gerade jetzt einleuchten.»
    Haupthändler spuckte auf den Boden und sagte: «Also, was geschieht jetzt? »

    Ich zuckte die Achseln. «Hängt davon ab. Unter Umständen können wir uns eine Geschichte ausdenken: Verbrechen aus Leidenschaft oder etwas in der Art. Ich habe Freunde am Alex. Vielleicht kann ich für Sie was aushandeln, aber zuerst müssen Sie mir helfen. Da war eine Frau, die für mich arbeitet - groß, schwarzbraunes Haar, gute Figur, trug einen schwarzen Mantel. Ich habe da ein bißchen Blut auf dem Küchenfußboden entdeckt, und deshalb mache ich mir Sorgen um sie, zumal sie verschwunden zu sein scheint. Ich nehme nicht an, daß Sie etwas darüber wissen, oder? »
    Eva prustete vor Lachen. «Gehen Sie zum Teufel », sagte Ha u pthändler.
    «Andererseits », sagte ich und beschloß ihnen ein bißchen Angst zu machen, «ist vorsätzlicher Mord ein Schwerverbrechen. Mit ziemlicher Sicherheit, wenn 'ne Menge Geld im Spiel ist. Ich habe mal gesehen, wie ein Mann geköpft wurde - im Gefängnis Plötzensee. Gölpl, der staatliche Scharfrichter, trägt dabei sogar weiße Handschuhe und einen Schwalbenschwanz. Das ist doch ein hübscher Zug von ihm, meinen Sie nicht?

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