Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr

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Kopf gingen, plötzlich dem Millionär gegenübersah, der unter einer großen Tanne stand, eine Zigarre rauchte und leise vor sich hin summte.
    « Oh, Sie sind's », sagte er und schien nicht im geringsten beunruhigt, mich mit einer Waffe in der Hand auf seinem Besitz auftauchen zu sehen. « Sie wollen ein bißchen Geld, nehme ich an.»
    Sekundenlang wußte ich nicht, was ich ihm antworten sollte. « Ich habe die Hunde erschossen.» Ich steckte die Waffe ein.
    « Wirklich? Ja, mir war so, als hätte ich zwei Schüsse gehört.» Falls ihn diese Nachricht erschreckte oder verärgerte, so zeigte er es nicht.
    « Sie kommen besser mit zum Haus», sagte er und begann langsam auf das Haus zuzugehen, während ich ihm folgte.
    Als wir in Sichtweite des Hauses waren, sah ich, daß I1se Rudels blauer BMW davor parkte, und ich fragte mich, ob ich sie sehen würde. Doch es war das große Zelt, das auf dem Rasen aufgeschlagen war, das mich veranlaßte, das Schweigen zu brechen.
    « Planen Sie eine Gesellschaft? »

    «Äh, ja, eine Gesellschaft. Der Geburtstag meiner Frau.
    Bloß ein paar Freunde, wissen Sie.»
    «So rasch nach der Beerdigung?» Mein Ton war bitter, und ich sah, daß Six das nicht entgangen war. Während wir weitergingen, suchte er erst am Himmel, dann auf dem Boden nach einer Erklärung.
    «Nun, ich bin nicht ... », begann er. Und dann: «Man kann nicht ... man kann seinen Verlust nicht ewig betrauern. Das Leben muß weitergehen.» Er gewann wieder etwas Haltung und fügte hinzu: «Ich dachte, es wäre ungerecht gegen meine Frau, alles abzusagen, was sie geplant hatte. Und wir haben natürlich eine Stellung in der Gesellschaft.»
    «Die dürfen wir nicht vergessen, nicht wahr?» sagte ich.
    Auf dem Weg zum Vordereingang sagte er nichts, und ich fragte mich, ob er um Hilfe rufen würde. Er stieß die Tür auf, und wir traten in die Diele.
    «Kein Butler heute?» bemerkte ich.
    « Es ist sein freier Tag», sagte Six und wagte kaum, mir in die Augen zu sehen. «Aber es ist ein Hausmädchen da, falls Sie eine Erfrischung möchten. Nach Ihrer kleinen Aufregung muß Ihnen ziemlich warm sein.»
    «Welche meinen Sie?» fragte ich. « Ich habe Ihnen mehrere zu verdanken.»
    Er lächelte dünn. «Die Hunde meine ich.»
    «Ach ja, die Hunde. Ja, mir ist zufällig ziemlich warm. Es waren große Hunde. Aber ich bin ein guter Schütze, wenn ich das sagen darf.» Wir gingen in die Bibliothek.
    «Ich schieße auch gern. Aber nur zum Vergnügen. Ich glaube nicht, daß ich jemals etwas geschossen habe, das größer war als ein Fasan.»
    «Ich habe gestern einen Mann erschossen», sagte ich. «Das ist mein zweiter in ebenso vielen Wochen. Seit ich angefangen habe, für Sie zu arbeiten, Herr Six, ist es mir ein bißchen zur Gewohnheit geworden, wissen Sie.» Er stand linkisch vor mir, die Hände auf dem Rücken. Er räusperte sich und warf den Zigarrenstummel in den kalten Kamin. Als er schließlich sprach, schien er verlegen, als sei er im Begriff, einen alten und treuen Diener zu entlassen, den er beim Stehlen erwischt hatte.
    «Sie wissen, daß ich froh war, als Sie kamen», sagte er. «Rein zufällig habe ich heute nachmittag mit meinem Anwalt Schemm gesprochen und ihn angewiesen, Sie zu bezahlen. Aber da Sie nun mal hier sind, kann ich Ihnen einen Scheck ausstellen.» Und mit diesen Worten ging er mit solcher Bereitwilligkeit zu seinem Schreibtisch, daß ich dachte, er hätte womöglich einen Revolver in der Schublade.
    «Ich ziehe Bargeld vor, wenn's Ihnen nichts ausmacht.» Er warf einen Blick in mein Gesicht und dann auf meine Hand, die in der Jackentasche den Kolben der Automatic umklammerte.
    «Ja, natürlich.» Die Schublade blieb geschlossen. Er setzte sich in seinen Sessel und schlug eine Ecke des Teppichs zurück, unter dem sich ein kleiner, in den Boden eingelassener Safe verbarg.
    «Na, das ist aber ein handliches kleines Ding. Man kann heutzutage nicht vorsichtig genug sein », sagte ich und genoß meinen Mangel an Takt. «Man kann noch nicht einmal den Banken trauen, oder? » Ich sah ihn mit Unschuldsmiene an. «Feuersicher, nicht wahr?» Six' Augen verengten sich.
    «Sie müssen mir verzeihen, aber ich scheine meinen Sinn für Humor verloren zu haben.» Er öffnete den Safe und nahm einige Packen Banknoten heraus. « Ich glaube, wir sagten fünf Prozent. Würden 40000 genügen, unser Konto abzuschließen? »
    «Sie könnten es versuchen », sagte ich, als er acht Packen auf den Tisch legte.