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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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London gab. Als Dietz das bestätigte, zündete Jost seine Pfeife an; zwischen zwei Zügen sagte er. « Also gut, Gunther, Sie können gehen.»
    Dietz war außer sich, obgleich das zu erwarten gewesen war; doch sogar der Inspektor vom Grunewald-Revier schien über die Entscheidung des Kommissars verblüfft. Was mich betraf, mich machte diese unerwartete Wendung der Dinge ebenso sprachlos wie die Polizisten. Unsicher stand ich auf und wartete darauf, daß Jost mit einem Kopfnicken die Erlaubnis geben würde, mich wieder niederzuschlagen. Doch der saß einfach da, paffte seine Pfeife und beachtete mich nicht. Ich ging quer durch das Zimmer zur Tür und drückte auf die Klinke. Als ich rausging, sah ich, daß Dietz den Blick abwandte aus Furcht, er könne die Beherrschung verlieren und vor den Augen seines Vorgesetzten Schande über sich bringen. Von den wenigen Freuden, die mir an diesem Abend blieben, war die Aussicht auf Dietz' Wut die süßeste.
    Als ich das Revier verließ, sagte mir der diensthabende Wachtmeister, unter keiner der Telefonnummern, die ich genannt hatte, habe sich jemand gemeldet.

    Als ich auf der Straße stand, wich meine Erleichterung, wieder frei zu sein, rasch der Sorge um Inge. Ich war müde und dachte, daß mein Kopf vermutlich ein paar Stiche vertragen könnte, doch als ich ein Taxi heranwinkte, sagte ich dem Fahrer beinahe unwillkürlich, er solle mich nach Wannsee zu meinem Wagen bringen.
    Im Wagen fand ich nichts, das mir Aufschluß über ihren Aufenthaltsort hätte geben können, und der Polizeiwagen, der vor Haupthändlers Haus parkte, machte jede Hoffnung zunichte, dort nach irgendeiner Spur von ihr zu suchen, immer vorausgesetzt, daß sie das Haus betreten hatte. Ich konnte im Augenblick nicht mehr tun, als die Umgebung abzusuchen, und darauf hoffen, sie rein zufällig zu entdecken.
    Meine Wohnung kam mir besonders leer vor, sogar nachdem ich das Radio eingeschaltet und alle Lampen angemacht hatte. Ich rief in Inges Wohnung in Charlottenburg an, doch niemand nahm ab. Ich rief das Büro, ja, ich rief sogar Müller in der Morgenpost an; aber er schien über Inge Lorenz, ihre Freunde oder ihre Familie und deren Adresse ebensowenig zu wissen wie ich selber.
    Ich goß mir einen großen Cognac ein und trank ihn in einem Zug, weil ich hoffte, eine neue Art von Unbehagen zu betäuben, das ich in mir spürte - ein Unbehagen, das tief in den Eingeweiden sitzt: Sorge. Ich machte heißes Wasser für ein Bad. Als es heiß war, hatte ich bereits einen zweiten gekippt und peilte den dritten an. Das Badewasser war so heiß, daß man einen Leguan darin hätte gar kochen können, doch, völlig mit Inge und dem, was vielleicht passiert war, beschäftigt, achtete ich kaum darauf.
    Die Konzentration auf Inge wurde durch Verwirrung überlagert, als ich versuchte, dahinterzukommen, was Jost wohl veranlaßt haben konnte, mich nach einem Verhör, das kaum länger als eine Stunde gedauert hatte, laufenzulassen. Niemand konnte mir weismachen, daß er alles glaubte, was ich ihm erzählt hatte, ungeachtet seines Anspruchs, so etwas wie ein Kriminologe zu sein. Ich kannte seinen Ruf, und danach war er nicht gerade ein moderner Sherlock Holmes. Nach allem, was ich von ihm gehört hatte, verfügte Jost über das Vorstellungsvermögen eines kastrierten Karrengauls. Es widersprach allem, woran er glaubte, daß er mich aufgrund einer derart flüchtigen Überprüfung wie einem Anruf beim Lufthansa-Schalter in Tempelhof freiließ.
    Ich trocknete mich ab und ging zu Bett. Ich lag eine Weile wach, durchwühlte die schlecht passenden Schubladen im Karteischrank meines lädierten Kopfes und hoffte auf etwas zu stoßen, das mir die Dinge ein wenig klarer machte. Ich fand es nicht, und ich glaubte nicht, daß ich es finden würde. Doch hätte Inge neben mir gelegen, hätte ich ihr vielleicht gesagt, was ich vermutete: Ich war frei, weil Jost Vorgesetzte hatte, die von Greis' Papiere um jeden Preis haben wollten, sogar wenn das einschloß, daß man einen des Doppelmordes Verdächtigen dazu benutzte.
    Ich hätte ihr auch gesagt, daß ich sie liebte.
    17
    Als ich erwachte, fühlte ich mich leerer als ein ausgeschöpftes Kanu und war enttäuscht, daß ich keinen Kater hatte, mit dem ich mich den Tag über herumschlagen konnte.
    « Wie gefällt dir das?» sagte ich zu mir selber, als ich neben meinem Bett stand und meinen Schädel quetschte, auf der Suche nach Kopfschmerz. « Ich schlucke das Zeug wie ein Loch in der Erde und

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