Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Dann schloß er den Safe, rollte den Teppich zurück und schob mir das Geld hin.
«Leider sind es alles Hunderter.»
Ich nahm eines der Bündel in die Hand und riß die Papierumhüllung ab. «Hauptsache, es ist das Bild von Herrn Liebig drauf.»
Six lächelte dünn und stand auf. «Ich glaube nicht, daß wir uns noch einmal zu treffen brauchen, Herr Gunther.» «Vergessen Sie nicht etwas? »
Er begann die Geduld zu verlieren. «Ich denke nicht», sagte er gereizt.
«0 doch, ich bin sicher, daß Sie etwas vergessen.» Ich steckte eine Zigarette in meinen Mund und riß ein Streichholz an. Ich beugte meinen Kopf über die Flamme, machte ein paar rasche Züge und ließ das Streichholz in den Aschenbecher fallen. «Das Halsband.» Six blieb stumm. «Dann haben Sie es also bereits zurückbekommen, oder? » sagte ich. «Oder zumindest wissen Sie, wo es ist und wer es hat.»
Er rümpfte angewidert die Nase, als wittere sie einen üblen Geruch. «Sie werden mir damit doch wohl nicht auf die Nerven gehen, Herr Gunther? Ich hoffe nicht.»
« Und was ist mit diesen Papieren? Die beweisen, daß Sie enge Kontakte zum organisierten Verbrechen haben, und die von Greis Ihrem Schwiegersohn gab. Oder bilden Sie sich ein, daß der Rote Dieter und seine Komplizen die Teichmüllers überreden werden, ihnen zu sagen, wo sie sind? Ist es das?»
«Ich habe nie von einem Roten Dieter gehört oder ... » «Das haben Sie sehr wohl, Six. Er ist ein Halunke, genau wie Sie. Während der Stahlarbeiterstreiks war er der Verbrecher, den Sie bezahlten, um Ihre Arbeiter einzuschüchtern.»
Six lachte und zündete sich eine Zigarre an. «Ein Verbrecher», sagte er. «Wirklich, Herr Gunther, Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch. Und nun, wenn es Ihnen nichts ausmacht, nachdem Sie sehr anständig bezahlt worden sind, wollen Sie bitte gehen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann und habe eine Menge Dinge zu tun.»
« Ich schätze, ohne die Hilfe eines Sekretärs wird das schwierig. Was wäre, wenn ich Ihnen sagte, daß der Mann, der sich Teichmüller nennt, der, den die Schläger des Roten Dieter gerade in der Mangel haben, in Wirklichkeit Ihr Privatsekretär Hjalmar Haupthändler ist? »
« Das ist lächerlich », sagte er. « Hjalmar besucht Freunde in Frankfurt.»
Ich zuckte die Achseln. « Es ist ziemlich einfach, die Burschen des Roten Dieter dazu zu bringen, ihn nach seinem wirklichen Namen zu fragen. Vielleicht hat er ihn den Verbrechern bereits genannt; andererseits ist Teichmüller der Name auf seinem neuen Paß, also könnte man sie verstehen, wenn sie ihm nicht glauben. Er kaufte den Paß von demselben Mann, dem er die Diamanten verkaufen wollte. Einen Paß für ihn und einen für das Mädchen.»
Six starrte mich höhnisch an. « Und hat dieses Mädchen auch einen richtigen Namen?»
« 0 ja. Ihr Name ist Hannah Roedl, obgleich Ihr Schwiegersohn es vorzog, sie Eva zu nennen. Sie waren ein Liebespaar, zumindest waren sie es, bis sie ihn ermordete.»
« Das ist eine Lüge. Paul hatte nie eine Geliebte. Er war meiner Grete treu.»
« Hören Sie auf, Six. Was haben Sie ihnen angetan, das ihn dazu brachte, ihr den Rücken zuzukehren? Woher kam der Haß auf Sie, der so tief war, daß Pfarr Sie hinter Gitter bringen wollte? »
« Ich wiederhole: Sie waren einander treu.»
« Ich gebe zu, es ist möglich, daß sie sich vielleicht aussöhnten, kurz bevor sie umgebracht wurden, weil ans Licht kam, daß Ihre Tochter schwanger war.» Six lachte. « Und also beschloß Pauls Geliebte, sich zu rächen.»
«Jetzt machen Sie sich wirklich lächerlich », sagte er. « Sie nennen sich Detektiv und wissen nicht, daß meine Tochter körperlich nicht in der Lage war, Kinder zu bekommen.» Ich rieb mir das Kinn. « Und dessen sind Sie sicher? »
« Guter Gott, Mann, denken Sie, das wäre etwas, das ich vielleicht vergessen haben könnte? Natürlich bin ich sicher.» Ich ging um Six' Schreibtisch und betrachtete die Fotos, die dort aufgestellt waren. Ich nahm eines davon in die Hand und starrte grimmig die Frau auf dem Bild an. Ich erkannte sie sofort wieder. Es war die Frau aus dem Strandhaus am Wannsee; die Frau, die ich niedergeschlagen hatte; die Frau, die ich für Eva gehalten hatte und die sich jetzt Teichmüller nannte; die Frau, die höchstwahrscheinlich ihren Mann und dessen Geliebte umgebracht hatte; es war Six' einzige Tochter, Grete ... Als Detektiv muß man damit rechnen, Fehler zu machen; aber nichts ist
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