Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
hörte sich an, als fühle sie sich wirklich geschmeichelt. Nach meiner Erfahrung kann man einer Frau nie genug schmeicheln, so wie man einem Hund nie zu viele Kekse geben kann.
    « Und wie kann ich Ihnen helfen? »
    «Ich möchte Sie in einer ziemlich dringenden Angelegenheit sprechen », sagte sie. «Trotzdem möchte ich darüber lieber nicht am Telefon reden.»
    «Wollen Sie mich in meinem Büro aufsuchen?»
    « Das kann ich leider nicht. Ich bin im Augenblick gerade im Studio in Ba bels berg. Vielleicht macht es Ihnen nichts aus, heute abend in meine Wohnung zu kommen.»
    «In Ihre Wohnung?" sagte ich. «Nun ja, ich wäre entzückt. Wo ist das? »
    «Badensche Straße 7. Sagen wir, neun Uhr? »
    «Das paßt mir gut.» Sie hängte ein. Ich zündete mir eine Zigarette an und paffte geistesabwesend. Sie dreht vermutlich einen Film, dachte ich und stellte mir vor, daß sie von ihrer Garderobe aus anrief, nichts am Leib als einen Bademan tel, da sie gerade eine Szene abgedreht hatte, in der sie nackt hatte in einem Bergsee schwimmen müssen. Das nahm mich ein paar Minuten ganz in Anspruch. Ich habe eine rege Vorstellungskraft. Dann begann ich mich zu fragen, ob Six von der Wohnung wußte. Ich kam zu dem Schluß, daß er Bescheid wußte. Man wird nicht so reich, wie Six es war, ohne zu wissen, daß die Ehefrau ihr eigenes Domizil hat. Sie unterhielt die Wohnung vermutlich, um sich ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu bewahren. Ich schätzte, daß es nicht viel gab, das sie nicht hätte haben können, wenn sie es sich wirklich in den Kopf gesetzt hatte. Wenn sie dann noch ihren Körper einsetzte, konnte sie wahrscheinlich den Mond kriegen und noch ein paar Milchstraßen dazu. Trotzdem hielt ich es für nicht wahrscheinlich, daß Six von unserem Treffen wußte oder es gebilligt haben würde. Nicht nach dem, was er mir über das Herumstochern in seinen Familienangelegenheiten gesagt hatte. Was immer es war, worüber sie so dringend mit mir sprechen wollte, es war gewiß nicht für die Ohren des Gnoms bestimmt.
    Ich rief Müller an, den Kriminalreporter der Berliner Morgenpost, der einzigen halbwegs erträglichen Zeitung, die vom früheren Blätterwald übriggeblieben war. Müller war ein guter Reporter, der ein wenig heruntergekommen war. Die seriöse Kriminalreportage war nicht mehr übermäßig gefragt; das Propagandaministerium hatte dafür gesorgt.
    «Hör mal», sagte ich nach den einleitenden Floskeln, «ich brauche ein bißchen biographisches Material aus eurem Archiv über Hermann Six, soviel du kriegen kannst und so schnell wie möglich.»
    «Über den Stahl-Millionär? Bist wohl am Tod seiner Tochter dran, was, Bernie?»
    «Die Versicherungsgesellschaft hat mich beauftragt, den Brand zu untersuchen.»

    «Was hast du denn bis jetzt? »
    «Was ich weiß, könntest du auf einem Straßenbahnfahrschein unterbringen.»
    «Ja», erwiderte Müller, «dann ist der Text etwa ebenso groß wie der, den wir in der morgigen Ausgabe über die Sache bringen. Das Ministerium hat uns angewiesen, die Sache runterzuspielen. Nur die Tatsachen zu bringen und die Meldung klein zu halten.»
    «Wieso das? »
    «Six hat ein paar einflußreiche Freunde, Bernie. Mit seinem Geld kann man sich 'ne schreckliche Menge Schweigen kaufen.»
    «Warst du an irgendwas dran? »
    «Ich hörte, es wär Brandstiftung gewesen, das ist so ziemlich alles. Wann brauchst du das Zeug?»
    «Ein Fünfziger sagt: bis morgen. Und alles, was du sonst noch über den Rest der Familie ausgraben kannst.»
    «Ein bißchen Extrageld kann ich immer brauchen. Ich melde mich.» Ich hängte ein und schob ein paar Papiere in einige alte Zeitungen, die ich in einer der Schreibtischschubladen versenkte, in denen noch Platz war. Dann malte ich Männchen auf der Schreibtischunterlage und griff nach einem der vielen Briefbeschwerer, die auf dem Tisch lagen. Ich drehte das kühle Gewicht in meiner Hand, als es an die Tür klopfte. Frau Protze schob sich ins Zimmer.
    «Ich überlegte gerade, ob es nicht angebracht wäre, sich ein bißchen um die Ablage zu kümmern.» Ich zeigte auf die unordentlichen Stapel von Akten, die hinter meinem Schreibtisch auf dem Boden lagen.
    «Das dort ist mein Ablagesystem», sagte ich. «Glauben Sie's oder nicht, es liegt eine gewisse Art von Ordnung drin.» Sie lächelte, machte sich zweifellos über mich lustig und nickte höflich, als erkläre ich ihr etwas, das ihr Leben verändern würde.

    « Und sind das alles laufende Fälle? »
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher