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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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lachte. «Dies ist keine Anwaltskanzlei », sagte ich. «Ich weiß von den wenigsten Fällen, ob sie vorangehen oder nicht. Nachforschungen sind kein schnelles Geschäft, b.ei dem man sofort Ergebnisse sieht. Man muß eine Menge Geduld aufbringen.»
    «Ja das verstehe ich », sagte sie. Auf meinem Schreibtisch stand nur ein einziges Foto. Sie drehte es herum, um es besser betrachten zu können. «Sie ist sehr schön. Ihre Frau? »
    «Sie war es. Starb am Tage des Kapp-Putsches.» Diese Bemerkung hatte ich sicher schon hundertmal gemacht. Indem ich ihren Tod mit einem anderen Ereignis verknüpfe, spiele ich damit herunter, wie sehr ich sie nach sechzehn Jahren immer noch vermisse. Trotzdem gelingt es mir nie ganz.
    «Es war die spanische Grippe», fügte ich erklärend hinzu. «Wir waren erst zehn Monate zusammen.» Frau Protze nickte mitfühlend.
    Wir schwiegen beide einen Augenblick. Dann blickte ich auf meine Uhr.
    «Sie können heimgehen, wenn Sie möchten», sagte ich zu ihr.
    Als sie fort war, stand ich lange Zeit an meinem Fenster und blickte hinunter auf die feuchten Straßen, die in der späten Nachmittagssonne wie Lackleder glänzten. Der Regen hatte aufgehört, und es sah so aus, als würde es einen schönen Abend geben. Die Büroangestellten waren bereits auf dem Weg nach Hause, strömten aus dem gegenüberliegenden Berolina-Haus hinunter in das Labyrinth von Unterführungen und Laufgängen, die zur U-Bahn-Station Alexanderplatz führten.
    Berlin. Früher liebte ich diese alte Stadt. Doch das war, bevor sie ihr eigenes Spiegelbild zu Gesicht bekam und sich so eng in ein Korsett schnürte, daß sie kaum atmen konnte. Ich liebte die lockere, unbekümmerte Lebensart, den anspruchslosen Jazz, die ordinären Kabaretts und all die anderen kulturellen Ausschweifungen, welche die Weimarer Jahre prägten und Berlin zu einer der aufregendsten Städte der Welt machten.
    Hinter meinem Büro, im Südosten, lag das Polizeipräsidium, und ich malte mir die gute, harte Arbeit aus, die dort geleistet wurde, um mit aller Schärfe gegen das Verbrechen in Berlin vorzugehen. Dazu gehörten Schurkenstreiche wie respektlose Worte über den Führer, das Schild «Ausverkauft» im Schaufenster eines Metzgerladens, der nicht geleistete Hitlergruß und Homosexualität. Berlin unter der nationalsozialistischen Regierung: ein großes Spukschloß mit dunklen Winkeln, düsteren Treppen, finsteren Kellern, verschlossenen Zimmern und einem ganzen Dachboden voll losgelassener Poltergeister, die mit Büchern warfen, Türen knallten, Glas zerbrachen, in der Nacht schrien und die Besitzer gewöhnlich so sehr in Furcht versetzten, daß sie manchmal bereit waren, zu verkaufen und auszuziehen. Doch die meiste Zeit stopften sie sich bloß die Ohren zu, bedeckten die geschwärzten Augen und versuchten so zu tun, als sei alles in Ordnung. Von Furcht eingeschüchtert, sprachen sie sehr wenig, nahmen keine Notiz davon, daß der Teppich unter ihren Füßen sich bewegte, und ihr Gelächter war wie das schwächliche, nervöse Lachen, das man immer hört, wenn der Chef einen kleinen Scherz macht.
    Zu den Wachstumsindustrien des neuen Deutschlands gehört, neben dem Bau der Autobahn und dem Spitzelwesen, der Polizeiapparat; folglich ist der Alex immer aktiv. Obgleich die meisten Abteilungen mit Publikumsverkehr bereits geschlossen hatten, herrschte vor den verschiedenen Eingängen des Gebäudes noch immer großes Gedränge, als ich ankam. Vor Nummer vier, dem Eingang zum Paßamt, war besonders viel Betrieb. Berliner, darunter viele Juden, die sich den ganzen Tag wegen eines Ausreisevisums angestellt hatten, strömten eben jetzt aus diesem Teil des Alex ins Freie, und je nach dem Erfolg ihres Unternehmens waren die Gesichter fröhlich oder traurig.
    Ich ging weiter die Alexanderstraße entlang, vorbei an Eingang drei, vor dem zwei Verkehrspolizisten, wegen ihrer auffallenden kurzen, weißen Jacken «weiße Mäuse» genannt, von ihren taubenblauen BMW-Motorrädern stiegen. Eine «grüne Minna» raste mit heulendem Martinshorn in Richtung Jannowitzbrücke vorbei. Ohne sich um den Krach zu kümmern, stolzierten die zwei weißen Mäuse durch Eingang drei, um ihre Meldung zu machen.
    Ich benutzte Eingang zwei, denn ich kannte mich in diesem Gebäudekomplex so gut aus, daß ich den Eingang wählte, wo es am wenigsten wahrscheinlich war, angehalten zu werden. Wenn mich jemand zur Rede stellte, war ich auf dem Weg zum Fundbüro, Zimmer 32 a. Doch Eingang zwei

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