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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Irrtum gewesen.
    Trotzdem, dachte ich, auf etwas in der Art hätte ich gefaßt sein müssen. Nichts ähnelt einem Straßenmädchen so sehr wie eine reiche Frau.
    In meiner Wohnung angekommen, genehmigte ich mir einen Drink und machte heißes Wasser für ein Bad. Danach zog ich den Morgenmantel an, den ich bei Wertheim gekauft hatte, und begann, mich wieder besser zu fühlen. Da es stikkig war, öffnete ich ein Fenster. Dann versuchte ich, ein bißehen zu lesen. Ich muß eingeschlafen sein, denn mittlerweile waren ein paar Stunden vergangen, als ich das Klopfen an der Tür hörte.
    «Wer ist da?» fragte ich und ging in die Diele. «Aufmachen. Polizei», sagte eine Stimme. «Was wollen Sie? »
    <    «Zurück », sagte der Mann mit der Pistole. Ich wich zurück, instinktiv die Hände hebend.
    Er trug einen Sportmantel aus hellblauem Leinen und eine kanariengelbe Krawatte. Eine Narbe zierte sein blasses, junges Gesicht, doch sie sah tadellos und sauber aus, und er hatte sie sich vermutlich mit einer Rasierklinge selbst zugefügt, damit man sie für einen studentischen Schmiß halten sollte. Umweht von einem starken Biergeruch, trat er in die Diele und schloß die Tür hinter sich.
    « Du machst mir Spaß, Kleiner», sagte ich, erleichtert, zu sehen, daß er sich mit der Parabellum in der Hand nicht gerade behaglich fühlte. « Du hast mich reingelegt mit der Geschichte über Fräulein Rudel. Ich hätte nicht drauf reinfallen dürfen.»
    «Du Scheißkerl», knurrte er.

    « Was dagegen, wenn ich meine Hände runternehme?
    Mein Kreislauf ist nicht mehr das, was er war.» Ich ließ die Hände sinken. «Was hat das alles zu bedeuten?»
    « Leugne es nicht.»
    «Was?»
    « Daß du sie vergewaltigt hast.» Er packte die Waffe fester und schluckte nervös, so daß sein Adamsapfel herumhüpfte wie ein Flitterwochenpärchen unter einer dünnen rosa Bettdecke. « Sie hat mir erzählt, was du getan hast. Also brauchst du erst gar nicht zu versuchen, es zu leugnen.»
    Ich zuckte die Achseln. «Was soll dabei rauskommen ?
    Wenn ich in deiner Haut steckte, wüßte ich, wem ich glauben würde. Aber hör mal, bist du sicher, daß du weißt, was du tust? Du stankst doch drei Meilen gegen den Wind, als du hier reinspaziert kamst. Die Nazis mögen ja in einigen Dingen ein bißchen liberal erscheinen, aber die Todesstrafe haben sie nicht abgeschafft, weißt du. Wenn du auch kaum alt genug bist, daß man denkt, du könntest dein Bierglas halten.»
    « Ich werde dich umlegen», sagte er und leckte sich die trockenen Lippen.
    « Na, das ist in Ordnung, aber würde es dir was ausmachen, mir nicht in den Bauch zu schießen?» Ich deutete auf seine Pistole. « Es ist keinesfalls sicher, daß du mich töten würdest, und ich hasse es, den Rest meines Lebens Milch zu trinken. Nein, wenn ich du wäre, würde ich mich für einen Kopfschuß entscheiden. Zwischen die Augen, wenn du's einrichten kannst. Ein schwieriger Schuß, aber er würde mich mit Sicherheit töten. Offen gestanden würdest du mir einen Gefallen tun, so wie ich mich gerade fühle. Es muß etwas sein, das ich gegessen habe, aber meine Eingeweide kommen mir vor wie die Wellenmaschine im Lunapark.» Zur Bekräftigung ließ ich einen gewaltigen, gehaltvollen Furz los.

    «0 Jesus», sagte ich, mit der Hand vor meinem Gesicht herum wedelnd. «Verstehst du, was ich meine? »
    «Halt's Maul, du Ferkel», sagte der junge Mann. Aber ich sah, wie er den Lauf hob und auf meinen Kopf richtete. Ich kannte die Parabellum aus meiner Militärzeit, als sie die Standard-Dienstwaffe gewesen war. Bei der Pistole «08 » wird der Verschluß durch eine Feder wieder nach vorn geführt, aber beim ersten Schuß ist sie vergleichsweise schwergängig. Mein Kopf bot ein kleineres Ziel als mein Magen, und ich hoffte, mir würde genug Zeit bleiben, mich wegzuducken.
    Ich warf mich gegen seine Hüften, sah im sei ben Augenblick das Mündungsfeuer und spürte den Luftzug der Neunmillimeterkugel, die über meinen Kopf sirrte und irgendwo hinter mir einschlug. Unter meinem Gewicht krachten wir beide gegen die Eingangstür. Wenn ich jedoch gedacht hatte, er sei zu nennenswertem Widerstand nicht in der Lage, sah ich mich getäuscht. Ich bekam das Handgelenk mit der Waffe zu

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