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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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fassen und stellte fest, daß der Arm, der sich in meine Richtung drehte, über mehr Kraft verfügte, als ich ihm zugetraut hatte. Ich spürte, wie er den Kragen meines Morgenmantels packte und zusammendrehte. Dann hörte ich, wie der Stoff riß.
    « Scheiße», sagte ich. «Das reicht.» Ich drehte den Arm mit der Pistole in seine Richtung und schaffte es, den Lauf gegen sein Brustbein zu pressen. Ich legte mein ganzes Gewicht dahinter und hoffte, ihm eine Rippe zu brechen, doch statt dessen hörte ich einen dumpfen Knall, als die Waffe abermals losging, und spürte, wie sein warmes Blut mich überströmte. Ich hielt seinen schlaffen Körper ein paar Sekunden, ehe ich ihn zu Boden gleiten ließ.
    Ich stand auf und untersuchte ihn. Er war ohne Zweifel tot, obwohl aus seiner Wunde in der Brust immer noch Blut quoll. Darauf filzte ich seine Taschen. Schließlich will man ja wissen, wer versucht, einen umzubringen. In der Brieftasche fand ich einen Ausweis auf den Namen Walther Kolb und 200 Mark. Es hatte keinen Sinn, das Geld den Jungens von der Kripo zu überlassen, also nahm ich 150 an mich, als Ersatz für meinen Morgenmantel. Ich fand außerdem zwei Fotos: Das eine war eine obszöne Postkarte, auf dem sich ein Mann mit einem Stück Gummischlauch am Hinterteil eines Mädchens zu schaffen machte; und das zweite war ein Reklamefoto von Ilse Rudel mit ihrer Unterschrift, «in Liebe». Ich verbrannte das Foto meiner jüngsten Bettgenossin, goß mir einen Doppelten ein und grübelte über das erotische Klistier auf dem Foto. Dann rief ich die Polizei an.
    Vom Alex kamen zwei Beamte. Der ranghöhere, Oberinspektor Tesmer, war ein Gestapo-Mann; der andere, Inspektor Stahlecker, war ein Freund, einer der wenigen Freunde bei der Kripo, die mir geblieben waren, aber da Tesmer dabei war, würde es wohl kein Zuckerschlecken werden.
    « Das ist meine Geschichte», sagte ich, nachdem ich sie zum dritten Mal erzählt hatte. Wir saßen um meinen Eßtisch, auf dem die Parabellum und der Tascheninhalt des Toten lagen. Tesmer schüttelte bedächtig den Kopf, als ob ich ihn aufgefordert hätte, etwas zu kaufen, das er selbst nicht wieder loswerden konnte.
    « Sie haben immer noch Zeit, sich was anderes auszudenken. Kommen Sie, versuchen Sie's noch mal. Vielleicht bringen Sie mich dieses Mal zum Lachen.» Mit seinen dünnen, fast nicht vorhandenen Lippen sah Tesmers Mund aus wie ein Schlitz in einem Stück billigen Vorhangstoffs. Und alles, was man durch den Schlitz sah, waren die Spitzen seiner Nagezähne und das gelegentliche Aufschimmern der schartigen, austerartigen, grauweißen Zunge.
    « Hören Sie, Tesmer», sagte ich, «ich weiß, es hört sich ein bißchen abgedroschen an, aber Sie haben mein Wort, daß es wirklich eine sehr glaubwürdige Geschichte ist. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.»
    «Dann versuchen Sie mal, etwas von dem verdammten Staub wegzupusten. Was wissen Sie über diesen Haufen Büchsenfleisch? »
    Ich zuckte die Achseln. «Nur das, was ich in seinen Taschen fand. Und daß er und ich nicht miteinander auskamen.»
    «Das bringt ihm auf meiner Rechnung ein paar Extrapunkte», sagte Tesmer.
    Stahl ecker saß unbehaglich neben seinem Chef und zupfte nervös an seiner Augenklappe. Er hatte ein Auge verloren, als er bei der preußischen Infanterie kämpfte, und zur gleichen Zeit bekam er für seine Tapferkeit den begehrten Orden «Pour le merite». Mir wäre ein gesundes Auge lieber gewesen, obwohl die Klappe ziemlich flott aussah. Zusammen mit seinem dunklen Teint und dem buschigen schwarzen Schnurrbart trug sie dazu bei, ihm ein fast piratenhaftes Aussehen zu verleihen, obwohl sein ganzes Auftreten eher gleichmütig, wenn nicht gar schwerfällig wirkte. Aber er war ein guter Polizist und ein treuer Freund. Trotzdem würde er es nicht riskieren, sich die Finger zu verbrennen, solange Tesmer sein Bestes tat, mir Feuer unterm Hintern zu machen. Seine Aufrichtigkeit hatte ihn während der Wahlen 1933 dazu verführt, eine oder zwei unbedachte Äußerungen über die NSDAP zu machen. Seitdem war er klug genug, den Mund zu halten, aber er und ich, wir wußten beide, daß der Kripo-Präsident bloß nach einem Vorwand suchte, ihn zum Teufel zu schicken. Er hatte es nur seinen außerordentlichen Leistungen im Krieg zu verdanken, daß die Kripo ihn so lange behalten hatte.
    « Und ich schätze, er versuchte Sie umzubringen, weil ihm Ihr Rasierwasser nicht gefiel?» stellte Tesmer fest.
    «Ei, ei, ist es Ihnen auch

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