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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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das von GÖring. Es zeigte eine gepanzerte Faust, die eine Keule umklammerte, und mir kam der Gedanke, daß dieses Zeichen viel besser zu den Nationalsozialisten gepaßt hätte als das Hakenkreuz.
    Ich nahm neben Rienacker Platz, der ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche zog. Wir warteten eine Stunde, vielleicht länger, ehe wir von draußen Stimmen hörten, und als die Tür geöffnet wurde, standen wir auf. Zwei Männer in der Uniform der Luftwaffe folgten Göring in den Raum. Zu meiner Verwunderung sah ich, daß er ein Löwenjunges auf dem Arm trug. Er küßte es auf den Kopf, zog es bei den Ohren und ließ es auf den seidenen Vorleger fallen.
    «Ab mit dir, geh spielen, Mucki, sein ein liebes, kleines Kerlchen.» Das Tierchen knurrte fröhlich und hüpfte zum Fenster hinüber, wo es anfing, mit der Quaste eines der schweren Vorhänge zu spielen.
    Göring war kleiner, als ich ihn mir vorgestellt hatte, und das ließ ihn um so massiger erscheinen. Er trug eine ärmellose Jagdweste aus grünem Leder, ein weißes Flanellhemd, weiße Drillichhosen und weiße Tennisschuhe.

    «Hallo», sagte er, mit breitem Grinsen meine Hand schüttelnd. Er hatte etwas leicht Animalisches an sich, und seine durchdringenden blauen Augen verrieten Intelligenz. An der Hand trug er zahlreiche Ringe, einer davon war mit einem großen Rubin geschmückt. «Danke, daß Sie gekommen sind. Tut mir leid, daß Sie warten mußten. Staatsgeschäfte, Sie verstehen.» Ich sagte, das sei ganz in Ordnung, obwohl ich in Wahrheit kaum wußte, was ich sagen sollte. Aus der Nähe gesehen, verblüffte mich die Glätte seiner Haut, die an die eines Säuglings erinnerte, so daß ich mich fragte, ob sie gepudert sei. Wir nahmen Platz. Mehrere Minuten schien er, auf fast kindische Weise, über meine Anwesenheit entzückt zu sein, so daß er sich nach einer Weile zu einer Erklärung verpflichtet fühlte.
    « Ich wollte schon immer mal einen echten Privatdetektiv kennenlernen », sagte er. « Sagen Sie, haben Sie je eine von Dashiell Harnrnetts Detektivgeschichten gelesen? Er ist Amerikaner, aber ich finde ihn wunderbar.»
    « Leider nein, Exzellenz.»
    « Oh, aber das sollten Sie. Ich werde Ihnen eine deutsche Ausgabe von Rote Ernte leihen. Wird Ihnen gefallen. Und tragen Sie eine Waffe, Herr Gunther? »
    « Manchmal, Exzellenz, wenn ich glaube, ich könnte sie brauchen.»
    Göring strahlte wie ein aufgeregter Schuljunge. « Und tragen Sie sie jetzt? »
    Ich schüttelte den Kopf. « Rienacker war der Ansicht, ich könnte die Katze erschrecken.»
    « Schade», sagte GÖring. «Ich hätte zu gern die Waffe eines richtigen Schnüfflers gesehen.» Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, der so aussah, als hätte er einmal einem riesenhaften Medici-Papst gehört, und winkte mit der Hand.
    « Also dann zum Geschäft», sagte er. Einer seiner Begleiter brachte eine Akte und legte sie seinem Meister vor. Göring öffnete sie und studierte sie ein paar Sekunden. Ich vermutete, daß es um mich ging. In diesen Tagen gab es so viele Akten über mich, daß ich anfing, mir wie eine medizinische Fallgeschichte vorzukommen.
    « Es heißt hier, daß Sie früher Polizist waren», sagte er, «dazu noch einer mit einer recht beeindruckenden Karriere. Zuletzt waren Sie Kommissar. Warum quittierten Sie den Dienst?» Er zog ein kleines lackiertes Pillendöschen aus der Jacke, schüttelte zwei Pillen in seinen fetten Handteller, während er auf meine Antwort wartete. Er schluckte sie mit einem Glas Wasser.
    «Ich machte mir nicht viel aus der Polizeikantine, Herr Ministerpräsident.» Er lachte laut. «Aber, mit Verlaub, ich bin sicher, daß Sie sehr wohl wissen, warum ich wegging, weil Sie zu jener Zeit selber das Kommando über die Polizei hatten. Ich erinnere mich nicht, aus meinem Widerstand gegen die Ausmerzung von sogenannten unzuverlässigen Polizeibeamten ein Geheimnis gemacht zu haben. Viele dieser Männer waren meine Freunde. Viele von ihnen verloren ihre Pensionsansprüche. Ein paar verloren sogar ihre Köpfe.»
    Göring lächelte träge. Mit seiner breiten Stirn, den kalten Augen, der leise grollenden Stimme, dem räuberischen Grinsen und dem massigen Bauch erinnerte er mich an nichts so sehr wie an einen großen, fetten, menschenfressenden Tiger. Und als sei ihm durch Gedankenübertragung bewußt, welchen Eindruck er auf mich machte, beugte er sich in seinem Sessel vor, nahm den kleinen Löwen vom Boden auf und bettete ihn auf seinen sofagroßen Schoß. Das Tier

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