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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ihren neuen Namen benutzend, und hoffte fast, daß sie's nicht sein möge.
    « Ja», sagte sie abweisend. « Und wer sind Sie? Nicht, daß ich danach fragen müßte. Sie sind ein Bulle, das sieht ein Blinder. Also werd ich's Ihnen einmal sagen, und dann können Sie verduften. Ich habe ihn mehr als achtzehn Monate nicht mehr gesehen. Und wenn Sie ihn finden sollten, dann sagen Sie ihm, er soll sich bei mir nicht blicken lassen. Er ist hier so willkommen wie ein Jude, der Göring in den Arsch piekt. Und das gilt auch für Sie.»
    Es sind die kleinen Offenbarungen volkstümlichen Humors und alltäglicher Höflichkeit, die mir die Arbeit so versüßen.
    Später in der Nacht, zwischen elf und halb zwölf, klopfte es laut an meine Wohnungstür. Ich hatte nichts getrunken, doch so tief geschlafen, daß ich das Gefühl hatte, ich sei blau gewesen. Ich ging unsicher in die Diele, wo der schwache Kreideumriß von Walther Kolbs Leiche auf dem Boden mich aus meiner schläfrigen Benommenheit riß und dazu veranlaßte, zurückzugehen und meine Ersatzpistole zu holen. Es klopfte abermals, dieses Mal lauter, und eine Männerstimme sagte:
    « He, Gunther, ich bin's, Rienacker. Kommen Sie, machen Sie auf, ich will mit Ihnen reden.»

    « Ich habe noch an unserem letzten kleinen Geplauder zu knabbern.»
    «Sie sind doch wohl nicht immer noch sauer deswegen, oder? »
    «Ich hab's überlebt, aber soweit mein Nacken betroffen ist, sind Sie ausgesprochen persona non grata. Besonders mitten in der Nacht.»
    «He, nun seien Sie nicht vergrätzt, Gunther», sagte Rienacker. «Hören Sie, es ist wichtig. Ist 'ne Menge Geld drin.» Es gab eine lange Pause, und als Rienacker dann wieder sprach, war eine Spur Verärgerung in seiner Baßstimme. «Kommen Sie, Gunther, machen Sie schon auf. Wovor haben Sie Angst, verdammt noch mal? Wenn ich Sie verhaften wollte, hätte ich längst die Tür eingetreten.» Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dachte ich; also öffnete ich die Tür und stand seiner massigen Gestalt gegenüber. Er warf einen gleichmütigen Blick auf die Waffe in meiner Hand und nickte, als gebe er zu, daß ich im Augenblick im Vorteil war.
    «Sie haben mich also nicht erwartet », sagte er trocken. «Oh, ich wußte genau, daß Sie es waren, Rienacker. Ich hörte Ihren Schlagring auf der Treppe klappern.»
    Sein schnaubendes Lachen bestand hauptsächlich aus Tabakqualm. «Ziehen Sie sich an, wir machen eine kleine Fahrt. Und Ihre Kanone lassen Sie besser hier.»
    Ich zögerte. «Was ist los? »
    Er grinste über meine Verlegenheit. «Trauen Sie mir nicht? »
    « Also warum sagen Sie das? Der nette Mann von der Gestapo klopft um Mitternacht an meine Tür und fragt mich, ob ich in seinem glänzend schwarzen Auto eine Spritztour machen möchte. Natürlich krieg ich gleich weiche Knie, weil ich weiß, daß Sie für uns den besten Tisch bei Horcher haben reservieren lassen.»

    «Eine wichtige Persönlichkeit möchte Sie sprechen», gähnte er. «Eine sehr wichtige.»
    «Sie haben mich für die Olympiamannschaft im Scheißewerfen nominiert, stimmt's?» Rienacker wurde rot im Gesicht, und seine Nüstern blähten und zogen sich zusammen wie zwei sich leerende Wärmflaschen. Er fing an, ungeduldig zu werden.
    «Schon gut, schon gut», sagte ich. «Schätze, ich muß mit, ob ich will oder nicht. Ich werde mich anziehen.»
    Es war ein großer schwarzer Mercedes, und ich stieg wortlos ein. Auf den Vordersitzen hockten zwei Typen von grotesker Häßlichkeit, und hinten lag auf dem Wagenboden, die Hände auf dem Rücken gefesselt und nur halb bei Bewußtsein, ein Mann. Es war dunkel, aber sein Stöhnen verriet mir, daß sie ihn ziemlich heftig in die Mangel genommen hatten. Als der Wagen sich in Bewegung setzte, rührte sich der Mann auf dem Boden und machte einen Versuch, sich aufzurichten. Das brachte ihm nicht mehr ein als einen Tritt von Rienackers Stiefelspitze gegen sein Ohr.
    «Was hat er ausgefressen? Stand sein Hosenschlitz offen? »
    «Er ist ein Kommunistenschwein », sagte Rienacker so wütend, als habe er einen Schwerverbrecher, der gewohnheitsmäßig Kinder belästigte, verhaftet. «Ein verdammter Mitternachtspostbote. Wir haben ihn auf frischer Tat erwischt, als er in seinem Bezirk Flugblätter der KPD in die Briefkästen steckte.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Ich sehe schon, der Job bei der Post ist genauso gefährlich, wie er es immer war.»
    Er nahm keine Notiz von dieser Bemerkung und rief dem Fahrer zu: «Wir laden diesen

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