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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gesehen und mich vergewissert hatte, daß niemand, der König entfernt ähnelte, unter den Trauergästen war - nicht daß ich wirklich damit gerechnet hatte, ihn hier zu sehen -, ging ich leise davon. Zu meiner Überraschung schloß sich mir der Amerikaner an.
    «Eine Einäscherung ist für die Seelen der Hinterbliebenen viel angenehmer», sagte er. «Sie verzehrt alle möglichen ab scheulichen Vorstellungen. Für mich ist die Verwesung eines geliebten Wesens ganz unvorstellbar. Sie bleibt mit der Hart näckigkeit eines Bandwurms in den Gedanken zurück. Der Tod ist schon schlimm genug, ohne daß sich die Maden dabei satt fressen. Ich sollte es wissen. Ich habe beide Eltern und eine Schwester begraben. Aber diese Leute sind Katholiken. Sie wollen um keinen Preis ihre Chancen auf die leibliche Auferstehung gefährden. Als ob Gott sich -» er machte eine Bewegung, als wolle sein Arm den ganzen Friedhof umfassen - mit alldem abgeben würde. Sind Sie katholisch, Herr ... »
    «Manchmal », sagte ich. «Wenn ich hinter einem Zug her renne oder versuche, nüchtern zu werden.»
    «Linden pflegte zum heiligen Antonius zu beten», sagte der Amerikaner. «Ich glaube, er ist der Schutzpatron verlo rener Gegenstände.»
    Ich fragte mich, ob er versuchte, irgend welche Andeutun gen zu machen. «Ich nehme ihn nie in Anspruch », sagte ich.
    Er folgte mir hinauf auf die Straße, die zur Kapelle zu rückführte. Es war eine lange Allee von stark gestutzten Bäumen, auf denen die Schneebrocken, die auf den Astenden wie auf Kerzenhaltern saßen, den Stümpfen geschmolzener Kerzen aus einem überdimensionalen Requiem glichen.
    Auf eines der parkenden Autos deutend, einen Mercedes, sagte er: «Soll ich Sie in die Stadt mitnehmen? Ich habe einen Wagen hier.»
    Es stimmte, daß ich nicht viel von einem Katholiken hatte.

    Menschen zu töten, selbst Russen, war nicht die Art von Sünde, die man seinem Schöpfer leicht erklären konnte. Trotzdem, ich brauchte nicht den heiligen Michael, den Schutzpatron, zu befragen, um zu riechen, daß der Bursche von der MP war.
    «Sie können mich am Haupteingang absetzen, wenn Sie wollen», hörte ich mich antworten.
    «Gewiß, steigen Sie ein.»
    Er schenkte der Beerdigung und den Trauergästen keine Beachtung mehr. Schließlich hatte er mich, ein neues Gesicht, das jetzt sein Interesse geweckt hatte. Womöglich war ich je mand, der etwas Licht in eine dunkle Ecke der ganzen Affäre bringen konnte. Ich fragte mich, was er wohl gesagt hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, daß ich dieselbe Absicht hatte wie er; und daß es die vage Hoffnung auf eine solche Begegnung gewesen war, die mich in erster Linie dazu ge bracht hatte, zu Lindens Beerdigung zu gehen.
    Der Amerikaner fuhr langsam, als sei er ein Teil des Trau erzuges, zweifellos in der Hoffnung, die Fahrt in die Länge zu ziehen, um herauszukriegen, wer ich war und warum ich hier war.
    «Mein Name ist Shields », sagte er unaufgefordert. «Roy Shields.»
    «Bernhard Gunther», erwiderte ich, denn ich sah keinen Grund, ihn hinters Licht zu führen. «Sind Sie aus Wien?» «Eigentlich nicht.»
    «Woher dann? »
    « Deutschland.»
    «Nein, ich hätte gedacht, Sie wären Österreicher.»
    « Ihr Freund - Herr Linden», sagte ich, um das Thema zu wechseln, «kannten Sie ihn gut? »
    Der Amerikaner lachte und fischte eine Packung Zigaret ten aus der Brusttasche seiner Sport jacke. «Linden? Ich kannte ihn überhaupt nicht.» Er zog mit den Lippen eine

    heraus und gab mir das Päckchen. «Er wurde vor einigen Wochen ermordet, und mein Chef hielt es für eine gute Idee, wenn ich unsere Abteilung bei der Beerdigung vertreten würde.»
    « Und welche Abteilung ist das?» fragte ich, obgleich ich fast sicher war, die Antwort bereits zu kennen.
    «Die Internationale Patrouille.»
    Er zündete seine Zigarette an und ahmte die Sprechweise amerikanischer Rundfunksprecher nach: «Brauchen Sie Schutz, rufen Sie A 29 500.» Damit reichte er mir ein Streich holzheftchen mit der Aufschrift Zebra Club. <    «So weit ist es gar nicht», sagte ich. <    «Um Himmels willen», lachte er. «Wir haben den Bur schen hinter Schloß und Riegel. Nein, der Chef, Captain Clark, gehört zu den Leuten, die streng aufs Protokoll ach ten.» Shields bog nach Süden ab in Richtung auf die Kapelle. «Christ », knurrte er,

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