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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ben. Also, da bin ich.»
    Ich winkte dem Kellner und ließ sie ihren Drink selber be stellen: Whisky und Soda.
    «Ich gehöre nicht zu denen, die viel träumen», begann ich.
    « Ist schade, wie? »
    Sie zuckte die Achseln. «Wovon träumen Sie? »
    «Hören Sie», sagte sie und schüttelte ihren Kopf mit dem langen schimmernden, braunen Haar, «dies ist Wien. Es empfiehlt sich nicht, hier irgend jemandem seine Träume zu erzählen. Man weiß nie, man könnte Ihnen vielleicht genau das erzählen, was Sie denken, und was täten Sie dann? »
    «Das hört sich fast so an, als hätten Sie was zu verbergen.» «Wie ich sehe, tragen auch Sie nicht gerade ein Plakat vor sich her. Die meisten Leute haben etwas zu verbergen. Besonders in diesen Zeiten. Vor allem das, was sie in den Köpfen haben.»
    « Na ja, den Namen sollte man nennen können. Meiner ist Berni.»
    « Abkürzung für Bernhard? Wie der Hund, der Bergsteiger rettet? »
    « Mehr oder weniger. Ob ich jemanden rette oder nicht, hängt davon ab, wieviel Cognac ich mit mir herumtrage. Ich bin nicht sonderlich zuverlässig, wenn ich geladen habe.»
    « Ich bin nie einem Mann begegnet, der das war.» Sie deu tete mit einer Kopfbewegung auf meine Zigarette. « Haben Sie eine von denen für mich übrig? »
    Ich reichte ihr ein Päckchen und sah zu, wie sie eine Ziga rette in ihre Spitze schob. « Sie haben mir Ihren Namen nicht gesagt», sagte ich und riß mit dem Daumennagel ein Streich holz für sie an.
    « Veronika, Veronika Zart!. Freut mich, Ihre Bekannt schaft zu machen, wirklich. Ich glaube nicht, daß ich Ihr Ge sicht schon einmal hier gesehen habe. Woher kommen Sie? Sie hören sich an wie ein Piefke.»
    « Berlin.»
    « Dachte ich mir.»
    « Irgendwas falsch daran? »
    « Nicht, wenn man Piefkes mag. Die meisten Österreicher mögen sie nun mal nicht.»
    Sie sprach mit dem bedächtigen, fast bäurischen, schlep penden Tonfall, der typisch für die modernen Wiener zu sein schien. « Aber ich habe nichts gegen sie. Ich werde selber manchmal für einen Piefke gehalten. Das kommt daher, daß ich nicht so sprechen will wie alle anderen.» Sie lächelte. « Es ist komisch, wenn Sie einen Anwalt oder Zahnarzt sprechen hören wie einen Straßenbahnfahrer oder Bergarbeiter, nur damit man sie nicht für einen Deutschen hält. Meistens machen sie es nur in Geschäften so, um sicherzugehen, daß sie bevorzugt bedient werden, worauf jeder Österreicher Anspruch zu haben glaubt. Sie sollten es mal ausprobieren, Berni, und Sie werden feststellen, daß Sie ganz anders behan delt werden. Wienerisch ist ganz leicht, wissen Sie. Sprechen Sie einfach so, als kauten Sie auf was herum, und hängen Sie allem, was Sie sagen, ein< isch) an. Pfiffisch, wie? »
    Der Kellner kam mit ihrem Drink, den sie mit gewissem Mißfallen beäugte. «Kein Eis», murmelte sie, während ich einen Geldschein auf das Silbertablett warf und das Wechsel geld unter Veronikas fragendem Blick liegenließ.
    «Bei einem solchen Trinkgeld müssen Sie vorhaben, noch mal herzukommen.»
    «Ihnen entgeht nicht viel, oder? »
    « Und Ihnen? Ich meine, Ihre Absicht, wiederzukommen.» «Könnte sein, daß ich wiederkomme. Aber ist es hier immer so? In dem Laden hier ist so viel los wie vor einem leeren Kamin.»
    «Warten Sie nur, bis er sich gefüllt hat, und dann werden Sie wünschen, es wäre wieder wie jetzt.» Sie schlürfte ihren Drink, lehnte sich in dem vergoldeten roten Samtsessel zu rück und strich mit der Innenseite ihrer ausgestreckten Hand über den mit Knöpfen versehenen Satinbezug, der die Wand unserer Nische bedeckte.
    «Sie sollten für die Ruhe dankbar sein», sagte sie. «Sie gibt uns die Möglichkeit, einander kennenzulernen. Genau wie die zwei dort.» Sie zeigte mit der Zigarettenspitze vielsa gend auf zwei Mädchen, die miteinander tanzten. Mit ihrer auffälligen Kleidung, den straff im Nacken geknoteten Haa ren und blitzenden unechten Halsbändern sahen sie wie ein Paar Zirkuspferde aus. Als sie Veronikas Blick bemerkten, lächelten sie und tuschelten fröhlich wiehernd miteinander.
    Ich sah ihnen zu, wie sie sich in eleganten kleinen Kreisen
    drehten. «Freundinnen von Ihnen.» «Nicht direkt.»
    « Sind sie ... zusammen? »
    Sie zuckte die Achseln. «Nur, wenn Sie dafür sorgen, daß

    sie nicht zu kurz kommen.» Sie lachte ein bißchen Rauch aus ihrer kecken kleinen Nase. «Sie verschaffen bloß ihren ho hen Absätzen ein bißchen Bewegung, das ist alles.»
    «Wie heißt die

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