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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Ponys verzehrten, das sie von der Straße gezerrt und mit Stein brocken getö tet hatten. Ich weiß nicht, ob die Geschichte wahr ist, aber ich habe das furchtbare Gefühl, daß sie stimmt. Die Mo ral hat einen neuen Tiefpunkt erreicht, das ist sicher. Der Himmel ist voller Transportflugzeuge, und die Truppen aller vier Mächte werden immer nervöser.
    Erinnerst Du Dich an Karl, den Sohn von Frau Fersen? Er ist letzte Woche aus einem russischen Kriegsgefangenen lager zurückgekommen, aber sein Gesundheitszustand ist erbärmlich. Offenbar sagten die Ärzte, seine Lungen wä ren hin, der arme Junge. Sie hat mir erzählt, was er über seine Zeit in Rußland berichtet hat. Es hört sich entsetz lich an! Warum hast Du mir nie davon erzählt, Berni? Vielleicht hätte ich mehr Verständnis für Dich gehabt. Vielleicht hätte ich dir helfen können. Ich bin mir darüber im klaren, daß ich Dir seit dem Krieg keine gute Ehefrau gewesen bin. Und jetzt, wo Du nicht da bist, scheint mir das mehr zu schaffen zu machen. Darum dachte ich, wir könnten, wenn Du zurück bist, einen Teil des Geldes, das Du hiergelassen hast - so viel Geld! hast Du eine Bank ausgeraubt? - benutzen, um irgendwo Urlaub zu machen. Berlin für eine Weile verlassen und zusammensein.
    In der Zwischenzeit habe ich ein bißchen von dem Geld dazu verwendet, die Decke zu reparieren. Ja, ich weiß, Du hattest vor, das selber zu machen, aber ich weiß auch, wie Du das immer vor Dir herschiebst. Jedenfalls ist es jetzt erledigt, und es sieht sehr hübsch aus.
    Komm bald nach Hause und sieh's Dir an.
    Deine Dich liebende Frau Kirsten.
    Soviel zu meinem imaginären Graphologen, dachte ich fröh lich und goß mir den Rest von Traudis Wodka ein. Dieser hatte die unmittelbare Wirkung, daß meine Besorgnis ver flog, Liebl anzurufen und ihm von meinem winzigen Fort schritt zu berichten. Zur Hölle mit Belinsky, sagte ich mir und beschloß, Liebls Meinung einzuholen, ob man Becker nicht am besten helfen könne, wenn man versuchte, König auf der Stelle verhaften zu lassen, um ihn zur Aussage zwin gen zu können.
    Als ich Liebl endlich an die Strippe bekam, klang er wie ein Mann, der gerade ans Telefon gekommen ist, nachdem er eine Treppe heruntergefallen war. Im Gegensatz zu seiner normalerweise direkten und reizbaren Art war er einge schüchtert, und seine Stimme balancierte gefährlich am Rande eines Zusammenbruchs.
    «Herr Gunther», sagte er, und dann hörte ich ihn schluk ken, als bemühte er sich um ein angemessenes Schweigen. Dann holte er tief Luft, als er sich wieder in der Gewalt hatte. «Es hat einen ganz schrecklichen Unfall gegeben. Fräulein Braunsteiner ist getötet worden.»
    «Getötet?» wiederholte ich wie betäubt. «Wie?»
    «Sie wurde von einem Auto überfahren», sagte Liebl ruhig.
    «Wo?»
    «Es passierte buchstäblich auf der Türschwelle des Kran kenhauses, in dem sie arbeitete. Wie es scheint, war sie auf der Stelle tot. Man konnte nichts mehr für sie tun.»
    «Wann war das? »
    «Vor knapp zwei Stunden, als sie vom Dienst kam. Un glücklicherweise hielt der Fahrer nicht an.»
    Darauf wäre er von allein gekommen.
    «Vermutlich hatte er Angst. Möglicherweise war er be trunken. Wer weiß? Österreicher sind miserable Autofahrer.»
    «Hat es jemand gesehen - den Unfall, meine ich?» Meine Worte klangen beinahe wütend.
    «Bis jetzt gibt es keine Zeugen. Aber jemand scheint sich an einen schwarzen Mercedes erinnern zu können, der mit viel zu hoher Geschwindigkeit weiter durch die Alsterstraße raste.»
    « Herrgott», sagte ich niedergeschlagen, «das ist gerade um die Ecke. Wenn ich daran denke, daß ich sogar das Quietschen der Reifen hätte hören können.»
    «Ja, wirklich, ganz recht», murmelte Liebl. «Aber sie hat keine Schmerzen gehabt. Es passierte so schnell, daß sie nicht gelitten haben kann. Der Wagen erfaßte sie mitten im Rük ken. Der Arzt, mit dem ich sprach, sagte, daß ihr Rückgrat völlig zerschmettert wurde. Sie war vermutlich tot, bevor sie zu Boden stürzte.»
    «Wo ist sie jetzt?»
    <    «0 nein», sagte ich rasch, «ich habe zu viele saumäßige Jobs am Hals, von denen nichts im Vertrag steht, um diesen auch noch zu übernehmen. Nehmen

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